Wiener Wahlrecht: Noch keine Einigung

Wiener Wahlrecht: 47 Prozent sollen für absolute Mehrheit reichen
Wiener Wahlrecht: 47 Prozent sollen für absolute Mehrheit reichenAPA/HELMUT FOHRINGER
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Die Reform lässt auf sich warten, die umstrittene künftige Mandatsberechnung ist offiziell weiterhin offen.

Wien. Für Aufregung sorgte am Mittwoch ein Bericht des Ö1-Morgenjournals, wonach es nach langem Ringen um die Wiener Wahlrechtsreform einen Kompromiss zwischen den Koalitionsparteien Rot und Grün gebe. Wenig später relativierten SPÖ-Klubchef Rudi Schicker und der Landessprecher der Grünen, Georg Prack, im Gespräch mit der „Presse" die Meldung: Es seien zwar „viele große Stücke" erledigt, aber es bedürfe noch abschließender Gespräche mit dem Koalitionspartner, so Schicker. Prack meinte dezidiert: „Nein, es gibt keine Einigung."

Konkret spießt es sich nach wie vor bei der Frage der Mandatsberechnung und Mandatsverteilung. „Da muss man den Schlussstein noch legen", sagt Schicker. Im derzeitigen Wahlrecht ist es so, dass in Wien unter bestimmten Umständen etwa 44, 45 Prozent der abgegebenen Stimmen reichen, um über 50 der insgesamt 100 Mandate im Rathaus zu erreichen. Begünstigt von diesem System sind Großparteien, bisher vor allem die SPÖ.

Hinter den Kulissen ist derzeit - wie auch von Ö1 berichtet - zu hören, dass ein Wert von 47 Prozent für die SPÖ akzeptabel sei. Wobei streng genommen nicht um Prozentzahlen, sondern die Wahlzahl gerungen wird, die bestimmt, wie teuer Grundmandate sind. Ein Beispiel: Derzeit ist es so, dass bei einem Bezirk mit vier Mandaten die gültigen Stimmen nicht durch vier, sondern immer „plus eins", also durch fünf Mandate gerechnet werden - wodurch der Preis für ein Mandat von 25 auf 20 Prozent der Wählerstimmen sinkt. Davon profitiert die SPÖ, weil ihre Hochburgen in den Flächenbezirken (Donaustadt etc.) liegen, diese haben viele Grundmandate. Die Grünen wollen den Faktor 1 Richtung null (z. B. 0,3) senken, die SPÖ sieht dem Vernehmen nach bei 0,75 Prozent ihre Schmerzgrenze.

Für die Grünen wäre es ein deutlicher Rückschritt, wenn das Wahlrecht klar mehrheitsfördernd bleibt. Immerhin haben sie sich in einem Notariatsakt 2010 verpflichtet, diese „Ungerechtigkeit" auszubügeln. Das Ziel: 50 Prozent an erreichten Stimmen soll für 50 Mandate, genau die Hälfte, reichen. Die letzten Koalitions-Verhandlungen zum Thema gab es vor der Sommerpause. Eigentlich hätte das Wahlrecht Ende Juni präsentiert werden sollen, doch mangels Ergebnissen wurde der Tagungspunkt abgesetzt. Mit Herbstbeginn wird über das Thema weiterverhandelt, Schicker hofft auf eine Einigung bis Jahresende, Prack peilt den Herbst an. Sobald es diese gebe, werde man auch Gespräche mit der Opposition führen, so Prack

Erleichterungen bei Vorzugsstimmen

In anderen großen Bereichen der Wahlrechtsreform gibt es weitgehende Einigkeit zwischen Rot und Grün. So soll es Erleichterungen für Vorzugsstimmenkandidaten geben, die Briefwahlregelung wird an jene des Bundes angeglichen. Die Oppositionsparteien übten scharfe Kritik an den Spekulationen über den 47-Prozent-Kompromiss. Von FPÖ-Seite wird betont, dass in Wien „jede Stimme gleich viel wert sein soll". Für ÖVP-Chef Manfred Juraczka wäre dies „kein Kompromiss sondern ein Kniefall der Grünen vor der SPÖ".

>> Bericht des "Ö1-Morgenjournals"

(g.b./uw)

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