Café Schottenring: Das Kaffeehaus, das keiner will

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
  • Drucken

Seit zwei Jahren ist das Café nun geschlossen. Die Eigentümer suchen Betreiber, den Gastronomen aber ist die Miete zu hoch, ein Café an dem Standort sei kaum profitabel.

Wien. Vom Café Schottenring ist nichts mehr übrig. Der charakteristische Schriftzug fehlt, die alten Türen wurden durch Glas mit dem Aufdruck „Schottenring 19“ ersetzt, der Schanigarten und die Markise sind weg, stattdessen gibt es eine schlichte, neue Fassade. Das Lokal dahinter steht leer, seit der vorherige Betreiber vor zwei Jahren beschloss, wegen der anstehenden Renovierung das Café zu schließen.

Nun ist das Gebäude neu renoviert. Der neue Hauptmieter, die Anwaltskanzlei Schönherr, ist vor wenigen Wochen mit etwa 250 Mitarbeitern eingezogen. Die Dachgeschoßbüros werden noch ausgebaut. Für die Räumlichkeiten des früheren Traditionscafés aber suchen die Eigentümer des Hauses noch einen Betreiber. „Wir verhandeln mit diversen Kaffeehausbetreibern, Gastronomen oder Handelsketten, die einen Flagshipstore aufsperren möchten“, sagt Architekt Martin Schwanzer, Miteigentümer und Entwickler des Gebäudes. Von Image, Atmosphäre und Optik her würden die Eigentümer ein Kaffeehaus bevorzugen, allerdings wollen die Interessenten weit weniger zahlen als jene aus anderen Branchen. Es schaut, so heißt es, nicht gut aus, für den Kaffeehausstandort Schottenring 19.

Warum will niemand das Café am Schottenring? Ein Kaffeehaus, das ganz Wien kennt? Neben dem Prückel, dem Schwarzenberg und dem Landtmann eines der letzten Kaffeehäuser am Ring? Nun, es ist zu teuer. Und mit Melange lasse sich die seit der Sanierung deutlich höhere Miete nicht bezahlen, heißt es. Auch Bernd Querfeld und seine Wiener Kaffeehaus-Familie (Landtmann, Café Mozart, Café Museum etc.) hatte sich vor anderthalb Jahren fürs Schottenring interessiert, nun sei das aber, zu den aktuellen Bedingungen, passé. Das finanzielle Risiko sei zu groß, die Miete zu hoch, Investitions- und Personalkosten ebenso. Und außerdem sei die Lage nicht die beste, die Frequenz an diesem Teil der Ringstraße zu gering, sagt Querfeld.

Und das spürt nicht nur das Kaffeehaus: Auch im gegenüberliegenden Hotel Kempinski leiden sowohl Bar als auch Restaurant an Besuchermangel, wie man hört. Dabei hätte Querfeld schon eine recht konkrete Idee, wie ein neues Café Schottenring aussehen könnte: „Ein Grande Café des Jahres 2015“ schwebt ihm vor, „wir müssen jetzt Kaffeehäuser aufsperren, die in 100 Jahren Ikonen sind, sagt er, spricht von der „größten, elegantesten Kaffeelokalität der Stadt“. Klingt, als sei sein Interesse noch wach. Zu den aktuellen Bedingungen, sagt er, sei das Risiko dort zu groß. Taktik oder klare Absage? Schwanzer jedenfalls sagt, die Miete sei nur ein Faktor. Liege ein attraktives Angebot vor, „würden wir uns auch einen Meter bewegen.“

Aktuell liefen Verhandlungen mit mehreren Interessenten, und diese könnten sich noch einige Monate hinziehen. Sollte dort ein neues Lokal eröffnen, so sei das frühestens 2015 möglich. Noch ist das aber unsicher. Auch, weil es in Wien ohnehin als Risiko gilt, ein Lokal zu eröffnen. Gilt der Markt doch als gesättigt. Jedes fünfte Lokal, so die Zahlen der Wirtschaftskammer, sperrt binnen eines Jahres wieder zu. Querfeld kann sich derzeit drei Varianten für dieses Lokal vorstellen: Erstens, eine der großen Wiener Gastro-Familien übernimmt, steckt Geld hinein und riskiert, dort ein paar Jahre nichts zu verdienen. Zweitens, ein „Überflieger“, ein Quereinsteiger übernimmt „und ist in zwei Jahren wieder weg“. Drittens, ein Liebhaber mit dem entsprechenden Kleingeld übernimmt aus Sentimentalität.

Hohe Mieten vertreiben Lokale

Oder es findet sich kein Gastronom? „Branchen wie der Textilhandel haben viel höhere Spannen, die können sich diese Mieten leisten“, sagt Willy Turecek, Gastronomie-Obmann in der Wiener Wirtschaftskammer. Damit drohe Lokalen in Wien allerdings ein Schicksal wie in anderen Städten Europas, nämlich, in Seitengassen verdrängt zu werden, weil neue Mieten zu hoch sind. Einen Topstandort wie jenen des jüngst eröffneten Hard Rock Cafe in der Rotenturmstraße könnten sich bloß große Ketten leisten. „Auch dort sind fünf, sechs andere Interessenten vorher wieder abgesprungen“, so Turecek. Trotz aller Sentimentalität, würde wieder ein Ring-Café verschwinden – „am Ende zählt halt nur, was unterm Strich übrig bleibt“, sagt Turecek.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.08.2014)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.