Neuer Anlauf für Sonntagsöffnung in Wien

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Analyse. Während des Songcontests 2015 darf Wien eine Weltstadt sein. Dann dürfen (voraussichtlich) Geschäfte am Sonntag öffnen. Falls sich das rentiert, wird es eine neue Diskussion geben – mit wenig Chancen auf Erfolg.

Wien. Es ist keine Falschmeldung. Die rot-grüne Stadtregierung überlegt ernsthaft, die Sonntagsöffnung zu genehmigen. Unternehmern, die freiwillig am Sonntag öffnen wollen, soll das nicht mehr per Gesetz verboten werden. Kunden, die am Sonntag ihr Geld ausgeben wollen, werden nicht mehr ausgesperrt. Natürlich gilt diese Regelung mit Einschränkungen.

Erstens soll die Sonntagsöffnung nur rund um die Songcontest-Zeit gelten (er findet vom 19. bis 23. Mai 2015 statt). Zweitens dürfen Geschäfte nur dann aufsperren, wenn es (wie in Österreich üblich) die Sozialpartner zulassen. Die Vorzeichen sind gut, Wien dürfte sich im Mai 2015 (zumindest für ein paar Tage) als Weltstadt präsentieren. Ob nur eine kleine Tourismuszone in der City kommt, oder die Zone auf ganz Wien ausgeweitet wird, ist aber ebenso offen wie die Frage, ob die Regelung nur einen oder mehrere Sonntage in dieser Zeit betrifft.

Absehbar ist, dass die (voraussichtliche) Sonntagsöffnung während des Songcontests eine alte Wiener Diskussion wiederbelebt: die dauerhafte Sonntagsöffnung für Unternehmer, die auf freiwilliger Basis ihr Geschäft öffnen - weil sie dann ein gutes Geschäft machen. An vorderster Front steht die Lugner-City, die vehement eine generelle Freigabe des Sonntags fordert.

Fest steht: Läuft das Geschäft im Mai 2015 gut, wird die Wiener Stadtregierung unter Druck kommen. Es wird dann (wieder) eine öffentliche Diskussion über die Ladenschlusszeiten losbrechen. Mit wohl bekannten Argumenten: Warum wird Unternehmern, die freiwillig am Sonntag öffnen wollen, verboten, ein Geschäft zu machen? Und: Warum wird Kunden, die am Sonntag einkaufen wollen, genau das verboten - während es in anderen Ländern möglich ist?

Die Diskussion wird (wie üblich) kontrovers geführt werden. Es wird sich aber nichts ändern. Die Gewerkschaft ist strikt gegen die Sonntagsöffnung. Und damit die SPÖ. Das Argument: Mitarbeiter würden dann oft gezwungen, gegen ihren Willen am Sonntag im Geschäft zu stehen. Außerdem sei das Familienleben gefährdet.

Kammer gegen Wirtschaft

Schützenhilfe für die Gegner wird dann von der Wiener Wirtschaftskammer (WKW) kommen. Das klingt paradox, hat aber einfache Gründe. Die Wiener Firmen sind zu einem Großteil kleine und mittlere Unternehmen (KMU). Diese befürchten großteils, dass eine Sonntagsöffnung sie wirtschaftlich unter Druck bringt. Große Handelsketten und Einkaufzentren könnten sich eine Sonntagsöffnung mit ihren finanziellen Reserven leisten (Stichwort: Personalkosten) - selbst, wenn das Geschäft flau laufe. Kleine Firmen dagegen haben diese finanziellen Reserven nicht, wird dort ständig argumentiert: Denn der Besitzer müsste jeden Sonntag selbst im Laden stehen, um nicht massiv Umsätze an die großen Ketten zu verlieren. Das sei unzumutbar.

Die Kammer hat diese Position immer unterstützt. Immerhin hat dort jede Firma, unabhängig von der Größe, bei Kammerwahlen eine Stimme - die KMU dominieren also die Kammer.

Das wichtigste Argument der Gegner bleibt aber: Es rentiert sich nicht. „Aus meiner Sicht war die Sonntagsöffnung ein Flop", erklärte Wiens Handelsobmann Fritz Aichinger nach den vier Sonntagsöffnungen 2008 (Fußball-EM). Die Umsätze blieben damals massiv hinter den Erwartungen (es gab aber durchaus Ausnahmen), viele Firmen öffneten ab dem zweiten Einkaufssonntag nicht mehr. Mit dieser Erfahrung sind die Chancen für eine Sonntagsöffnung in Wien nahezu null - außer, die Geschäfte werden an den Songcontest-Einkaufssonntagen gestürmt. Das wichtigste Befürworter-Argument, die Wiener müssten sich erst daran gewöhnen, zählt bei Gegnern allerdings nicht. Weshalb die Geschäfte weiterhin am Sonntag geschlossen bleiben werden. Auch jene, für die es sich rentieren würde.

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