Goldenes Viertel mit stillen Ecken

WIEN: GEB�UDEKOMPLEX ´GOLDENES QUARTIER´
WIEN: GEB�UDEKOMPLEX ´GOLDENES QUARTIER´(c) APA/HERBERT NEUBAUER (HERBERT NEUBAUER)
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Mit dem Goldenen Quartier hat sich René Benko in das Herz der Wiener Innenstadt gekauft. Doch das Projekt ist gewagt und startet bei Weitem nicht so reibungslos, wie manche das vielleicht gehofft haben.

Irgendwie führt an Geschichten über René Benko derzeit kein Weg vorbei. Der Innsbrucker hat sich eben mit dem Kauf der Warenhauskette Karstadt ein Denkmal gesetzt – was ihm ziemlich viel Aufmerksamkeit bei den deutschen Nachbarn eingebracht hat.

Und auch in Wien und Innsbruck (siehe Artikel unten) fällt sein Name in regelmäßigen Abständen, wenn es entweder um große Stadtentwicklungsprojekte oder alte Häuser im ersten Bezirk geht. Benko, der zwei Türme am neuen Wiener Hauptbahnhof bauen will, Benko, der Besitzer der Renngasse 2, wo das Bank-Austria-Kunstforum beheimatet ist. Benko, der Besitzer des Meinl-am-Graben-Hauses, und Benko, der Besitzer eines Hauses in der Kärntner Straße.

Sein Prestigeprojekt ist aber ein anderes. Mitten im Zentrum Wiens hat er mit dem Goldenen Quartier ein Luxusgrätzel aus dem Boden gestampft. Auf einem strategisch gut gewählten Platz. Links drängen die Wiener und Touristen über den Kohlmarkt hinein, rechts führen die Tuchlauben in Richtung Hoher Markt.

Auf mehreren tausend Quadratmetern finden sich hier Büros, Luxuswohnungen und Geschäfte von Marken wie Louis Vuitton, Prada, Miu Miu, Brioni, Mulberry, Alexander McQueen und Roberto Cavalli.

Erst vor Kurzem wurde mit der Eröffnung des Park Hyatt – eines der teuersten Hotels Österreichs – das Goldene Quartier für so gut wie fertig erklärt. Alle Shopflächen seien vermietet, ebenso zwei Drittel der Wohnungen verkauft und 65 Prozent der Büroflächen vergeben, heißt es aus Benkos Signa-Holding. Und trotzdem läuft es noch lange nicht so, wie es ursprünglich sollte.

Szenenwechsel vor das Goldene Quartier an einem gewöhnlichen Nachmittag im Sommer. Die Sonne scheint und die Innenstadt ist voll mit Wienern und Touristen, die über den Graben, den Kohlmarkt, die Kärntner Straße und in Richtung Tuchlauben drängen. Die Terrasse beim Nobelitaliener Fabios ist voll, an Louis Vuitton schlendern Pärchen vorbei – kurzum: Die Zone rund ums Goldene Quartier ist gut belebt.

Wären da nicht die beiden Straßen – Tuchlaubenhof und Seitzergasse, zwei Kernstraßen des Goldenen Quartiers –, die niemand so recht betreten will. Während rundherum die Menschen flanieren, bleiben die Straßen mit Shops von Roberto Cavalli, Alexander McQueen oder Brioni bis auf ein paar neugierige Passanten leer.

Die Entwicklung hat sich schon in den vergangenen Monaten abgezeichnet. Während das Goldene Quartier seiner Fertigstellung entgegenfieberte, wurde in der Branche darüber geredet, wie schwer sich die (bereits geöffneten) Läden in der Seitzergasse und im Tuchlaubenhof taten (was offiziell freilich nie bestätigt wurde). Zuerst, weil dort die große Baustelle war, jetzt, weil wenige Passanten in die Straßen finden.

Das haben auch die unmittelbaren Nachbarn schon bemerkt. „Das Goldene Quartier ist sicher auf dem Weg, sich zu etablieren“, sagt etwa Florian Jonak, Obmann des Kohlmarkt-Komitees. „Aber es geht dort wohl nicht allen Marken gleich gut“, sagt Jonak, der am Kohlmarkt Boutiquen von Armani oder Dolce & Gabbana betreibt.

Die Mischung macht es. Ein Problem, das vielleicht auch hausgemacht ist. „Es hat sich gezeigt, dass Luxusmeilen, deren Geschäfte auswechselbar sind, sich schwerer tun, akzeptiert zu werden“, sagt Jonak. Die Mischung aber mache Wien aus. „Ein Café folgt auf eine Luxusmarke auf einen Traditionsbetrieb auf ein Restaurant.“

In der Seitzergasse und im Tuchlaubenhof fehlt dieser Mix. Allerdings ist an der Ecke der beiden Straßen ein Restaurant geplant. Es soll im ersten Halbjahr 2015 eröffnet werden. Laut Signa waren auch nie mehr Restaurants geplant.

Ohnehin können sich Restaurants aufgrund der hohen Mieten Lagen wie das Goldene Quartier kaum leisten. Hinzu kommt, dass solche Mietverträge in der Regel auf zehn Jahre abgeschlossen werden (damit will man auch peinliche Abwanderung zu Beginn vermeiden). Ein kleiner Betrieb stemmt das in der Regel nicht. Aber auch die etablierten Marken bringt so etwas in die Bredouille. Vor allem, wenn sie wenig Umsatz machen.

Es braucht Zeit. In Benkos Signa-Holding argumentiert man, dass sich die Situation weiter verbessern werde. „Das muss man uns zugestehen. In einem Jahr haben wir die Frequenz wie im Goldenen U“, sagt eine Sprecherin, die versichert, dass es grundsätzlich ausgezeichnet laufe. Im Park Hyatt hätte man erst vorige Woche eine Auslastung von 98 Prozent gehabt, gerechnet hätte man mit einer Auslastung von 40 Prozent bis Jahresende.

Abgesehen vom Restaurant will man die Frequenz in den Nebenstraßen auch mit guter Beleuchtung, Modenschauen und Events wie Pop-up-Bars steuern. Die Tatsache, dass die angesiedelten Shops oft von Zentralen aus dem Ausland gesteuert werden, mache solche Aktivitäten freilich nicht leichter, sagt die Sprecherin.

Dass das Quartier noch etwas Zeit braucht, glauben auch die unmittelbaren Nachbarn. „Da wurde in zwei bis drei Jahren ein ganzes Luxus-Shoppingviertel entwickelt. Das verkraftet eine Stadt normalerweise nicht so einfach“, sagt Gregor Pirouzi, der unter anderem den Vivienne-Westwood-Shop in den Tuchlauben betreibt. Die Auswirkung auf die Tuchlauben seien aber schon jetzt sehr positiv.

Ähnlich argumentiert der Juwelier Wagner. „Jede Stadt hat ihre Trampelpfade, da braucht es Zeit, um neue Gehwege zu finden“, sagt Geschäftsleiter Hermann Gmeiner-Wagner. Er sieht zwar auch Marken, die sich schwerer tun als andere, ist aber überzeugt, „dass das Konzept voll aufgehen wird“.

Steckbrief

René Benko
wurde 1977 in Innsbruck geboren und hat bereits früh begonnen, in Immobilien zu investieren.

Seine Firma Signa-Holding ist laut Firmenwebsite der größte private Eigentümer von Immobilien im Zentrum von Wien.

Das Goldene Quartier zählt zu Benkos Prestigeprojekten. Es umfasst zwei große Gebäudekomplexe zwischen den Tuchlauben und Am Hof. Innerhalb weniger Jahre hat er hier ein neues Luxus-Shoppingviertel aus dem Boden gestampft. APA

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.08.2014)

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