Wien: Anti-Erdogan-Demonstrant vor Gericht

Archivbild: ANtio-Erdogan-Demo am 19. Juni in Wien
Archivbild: ANtio-Erdogan-Demo am 19. Juni in WienAPA/GEORG HOCHMUTH
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Der Angeklagte soll Erdogan-Anhänger geschlagen und sich danach gegen die Festnahme gewehrt haben. Auch bei der Anti-Identitären-Demo soll er aufgefallen sein.

Am Mittwoch wurde im Straflandesgericht der Prozess gegen einen 30-jährigen Mann eröffnet, der am 19. Juni gegen den Wien-Besuch des mittlerweile zum türkischen Präsidenten gewählten Recep Tayyip Erdogan demonstriert hatte. Der gebürtige Kurde soll zunächst mit einer Fahnenstange auf einen Erdogan-Sympathisanten eingeschlagen haben und dann gegen Uniformierte tätlich geworden sein.

An die 8000 Personen hatten gegen den Auftritt des damaligen türkischen Premierministers in der Albert-Schultz-Halle demonstriert. Dazu zählte auch der 30-Jährige, der seit geraumer Zeit in Wien lebt und in einem alevitischen Verein tätig ist. Nach dem Ende der Protestkundgebung sei seine Gruppe - darunter Frauen und Kinder - von Erdogan-Anhängern bedroht worden, die sich in der Mehrzahl befanden. Er habe von seiner Stange Gebrauch gemacht, räumte der 30-Jährige vor Gericht ein. Allerdings nur, um einen besonders aggressiven Mann abzuwehren: "Ich habe mich geschützt."

"Passiven Widerstand" gegen Staatsgewalt

Polizisten hatten diesen Vorfall beobachtet und wollten den gewalttätigen Demonstranten aus dem Verkehr ziehen. Dieser soll sich vehement gegen seine Festnahme gewehrt und nach den Beamten getreten und geschlagen haben. "Ein Reflex", versicherte der Angeklagte, dem versuchter Widerstand gegen die Staatsgewalt und schwere Körperverletzung angelastet wird. Er habe allenfalls "passiven Widerstand" geleistet.

Wie der Verteidiger des Angeklagten ausführte, habe in diesem Fall "eher die Polizei unverhältnismäßig Gewalt ausgeübt". Seinem Mandanten sei mit einem "Einsatzstab" mehrfach in die Rippen geschlagen worden.

Der 30-Jährige war einen Monat zuvor schon bei einer Demo vorübergehend festgenommen worden. Am 17. Mai hatte er sich an einer Kundgebung gegen den Aufmarsch der politisch rechts stehenden Identitären beteiligt. Als er sah, dass ein Bekannter beim Volkstheater von der Polizei Handschellen verpasst bekam, soll er einen Uniformierten an der Schulter gepackt und versucht haben, diesen an der Amtshandlung zu hindern.

Die Polizei habe das Verhalten des 30-Jährigen "fehlinterpretiert", bemerkte dazu der Verteidiger. Dieser habe seinen Bekannten nur fragen wollen, ob er einen Anwalt brauche. "Ich war nicht aggressiv", versicherte der Angeklagte dem Richter. Dennoch hätten ihn Beamte geschlagen, zu Boden gebracht und fixiert: "Die Polizei ist ohne Warnung über mich gekommen." Als man ihn fesseln wollte, "habe ich die Hände weggezogen". Er habe "die Hände nach oben gegeben", jedoch nicht in gewalttätiger Absicht: "Ich wollte mich schützen."

Polizist bei "reflexartiger Bewegungen" getroffen

In diesem Fall wird dem Angeklagten auch angekreidet, einen Beamten verletzt zu haben. Es sei möglich, dass er diesen bei "reflexartigen Bewegungen" getroffen habe, stellte der 30-Jährige fest. Er selbst sei aber erheblich in Mitleidenschaft gezogen worden und habe Prellungen und Abschürfungen im Gesicht erlitten.

Nach der Beschuldigteneinvernahme wurde die Verhandlung auf kommenden Herbst vertagt. Sämtliche Zeugen werden erst zum nächsten Termin - der 13. Oktober - geladen.

(APA)

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