Gleichstellung: Wienerinnen arbeiten oft gratis

PK - WIENER VOLKSBEFRAGUNG: FRAUENBERGER / H�UPL
PK - WIENER VOLKSBEFRAGUNG: FRAUENBERGER / H�UPL(c) APA/HERBERT NEUBAUER (HERBERT NEUBAUER)
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Wiens Frauen arbeiten daheim mehr als Männer, sind besser gebildet, verdienen weniger und treiben ungern Sport. Das geht aus dem ersten Monitor der Stadt hervor.

Wien. Sie arbeiten mehr, werden dafür geringer bezahlt, sind besser gebildet, leisten mehr unbezahlte Arbeit, haben weniger Freizeit – und wenn, dann nutzen sie diese anders als Männer – die in Wien übrigens in der Unterzahl sind. Das geht aus dem ersten Wiener Gleichstellungsmonitor hervor, den Frauenstadträtin Sandra Frauenberger (SPÖ) am Dienstag vorgestellt hat. Auf 300 Seiten wurde dafür vom Institut für Höhere Studien (IHS) auf Basis existierender Daten die Situation der Frauen in Wien erhoben.

Die Stadtregierung hatte sich im Regierungsübereinkommen 2010 darauf geeinigt, damit Unterschiede sichtbar zu machen.

Vorbild im Österreich-Vergleich

Und derer gibt es genug: vor allem, wenn es um Arbeit und die Bezahlung dafür geht. Wienerinnen – Frauenberger spricht von ihrem Prototypen als „Vera Wienerin“– arbeiten im Schnitt sieben Stunden pro Tag, werden aber nur für drei Stunden bezahlt. Männer arbeiten eine halbe Stunde weniger pro Tag, dafür werden vier Stunden bezahlt. Im Schnitt leisten Frauen in Wien 62 Prozent der Hausarbeit. Hinter jeder vierten Wohnungstür eines Paares oder einer Familie ist allein die Frau für Putzen oder Bügeln zuständig. Der Frauenanteil an der Hausarbeit (inklusive Kinderbetreuung oder Pflege Angehöriger) steigt, sobald ein Paar Kinder hat.

Und für die Zeit, in der die Wienerinnen bezahlte Arbeit leisten, werden sie schlechter bezahlt: Der Bruttostundenlohn der Frauen in Wien liegt im Schnitt bei 12,6 Euro, der von Männern bei 15 Euro. Allerdings: Im Österreich-Vergleich ist der Einkommensunterschied in Wien am geringsten. Und: In Wien hat sich der Equal Pay Day, jener Tag also, ab dem Frauen rechnerisch unentgeltlich arbeiten, in den letzten vier Jahren um zwei Wochen nach hinten verschoben – heuer auf den 25. Oktober. Und in diese Richtung soll es weitergehen, so Frauenberger. Wie? „Wir müssen spezifischer ansetzen“, sagt sie. Die Analyse des IHS habe ergeben, dass Frauen in Wien tendenziell höhere Bildungsabschlüsse haben als Männer und die Unterschiede dort am größten sind, wo auch die Gehälter höher sind: in akademischen und technischen Berufen oder bei Führungskräften. In Führungsetagen sind Frauen ohnehin unterrepräsentiert. Nicht nur in der Wirtschaft.

(C) DiePresse

Der Wiener Gemeinderat besteht zu 34 Prozent aus Frauen, am höchsten ist der Anteil bei der SPÖ (43 Prozent), gefolgt von ÖVP (42), Grünen (36) und FPÖ (15). Gemein haben alle Fraktionen, dass der Frauenanteil auf Wahllisten höher ist als jener unter den Mandataren. Dass Frauen in führenden Positionen unterrepräsentiert sind, spiegelt sich in Wien, so der Monitor, in gesetzlichen Interessensvertretungen, in Vereinen oder Schulen wider: Dort liegt der Anteil an Direktorinnen deutlich unter jenem der Lehrerinnen. Genauso in der Kunst: Die Kunstförderung der Stadt geht nur zu 19 Prozent an Institutionen und Projekte, die Frauen leiten.

In anderen Bereichen liegen Frauen dafür vorne: wenn es beispielsweise um die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel geht. Auch das Freizeitverhalten unterscheidet sich: Frauen haben statistisch drei Stunden und 48 Minuten Freizeit pro Tag, Männer vier Stunden. Während Frauen mehr Zeit für diverse Kurse oder Weiterbildung aufwenden – sie stellen drei Viertel der Besucher von VHS-Kursen – liegen Männer öfter in Strandbädern: Frauen machen dort nur 37 Prozent aus. Generell treiben Männer eher Sport, 57 Prozent der Frauen gehen keiner körperlichen Aktivität nach. Dafür pflegen Männer eher ungesunden Tabak- und Alkoholkonsum. Übergewicht trifft beide Geschlechter mit 13 Prozent gleich.

Monitor bringt „viel Arbeit“

Wie sich das Verhältnis der Geschlechter in Wien entwickelt, soll alle drei Jahre mit dem Monitor untersucht werden. Es soll überprüft werden, wie effektiv diverse Initiativen der Stadt sind, der Monitor, so Martina Wurzer, Frauensprecherin der Wiener Grünen, soll dabei so etwas wie ein „zentrales Navigationsinstrument“ sein.

Auch Frauenberger sieht sich „am Beginn von viel Arbeit“, für die der Monitor nur ein Ausgangspunkt sei. Gemeinsam mit Wienerinnen sollen Projekte zur Gleichstellung erarbeitet werden, etwa per Online-Umfrage oder in Workshops. Erste Ergebnisse sollen im März 2015 anlässlich des Frauentags präsentiert werden. (cim)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.09.2014)

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