Wiens kleines koreanisches Viertel

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Dank eines Elektronikherstellers, Ban Ki-moon und der UNO-City gibt es nicht nur eine kleine und gut vernetzte koreanische Community in Wien, sondern auch ein kleines Koreatown in der Leopoldstadt.

Es ist ein kleines Koreatown“, sagt Kim Duk Myung, Besitzer des koreanischen Lebensmittelmarkts Asiana. Gemeinsam mit seiner Frau Lee Young Sun betreibt er das Geschäft in der Praterstraße 35 schon seit knapp zehn Jahren. Mit dem großen koreanischen Geschäftsviertel in Manhattan ist das Little Korea in Wien freilich nicht zu vergleichen. Auf den ersten Blick ist es nicht einmal als solches erkennbar. Erst beim genaueren Betrachten fällt auf, dass sich einige rein koreanische Unternehmen um den Nestroyplatz angesiedelt haben. Lee Hair, der einzige koreanische Friseurladen Wiens, befindet sich in der Czerningasse 3, unweit des Nestroyplatzes. Koreanische Spezialitäten wie Kimchi (gegärter Kohl) oder Bulgogi mit Gochujang (Fleischgericht mit Chilipaste) gibt es gleich um die Ecke im Seoul (Praterstraße 26). Auf derselben Straße befindet sich das Asiana – der einzige rein südkoreanische Lebensmittelmarkt in Wien.


Ban Ki-moon in der Donaustadt. Doch wieso hat sich in den vergangenen Jahrzehnten ausgerechnet in diesem Grätzel eine kleine südkoreanische Community gebildet? Die Antwort liegt in einem gläsernen Hochhaus mit großen blauen Lettern: Samsung. Genau hier, in der Praterstraße 31, befindet sich nämlich seit 2004 die österreichische Zentrale des südkoreanischen Multikonzerns. Von den 230 Angestellten sind mehr als zehn Prozent Südkoreaner. Es sind vor allem Businessmanager, die für die Kommunikation zum Hauptquartier in Seoul verantwortlich sind, die hier mit ihrer Familie leben. Umgekehrt haben österreichische Samsung-Mitarbeiter auch die Möglichkeit, einige Zeit in der koreanischen Zentrale tätig zu sein. Jonga Lee, die Inhaberin des koranischen Friseurladens Lee Hair, meint, dass Samsung-Mitarbeiter und deren Familienangehörige einen Großteil ihrer Kunden ausmachen. Ihr Salon ist gut besucht. Lee hat ihn vor vier Jahren von einer älteren koreanischen Dame übernommen.

Nur ein anderer Bezirk hat ähnlich viele koreanische Bürger: die Donaustadt. Während der zweite Bezirk eine geschäftliche Funktion in der koreanischen Community einnimmt, ist der 22.Bezirk das kulturelle Zentrum der Koreaner in Wien. Grund für die koreanische Gemeinschaft ist hier die UNO-City. Der heutige Generalsekretär der Vereinigten Nationen, Ban Ki-moon, hat zwischen 1998 und 2000 in Wien gelebt, während er als südkoreanischen Botschafter tätig war. Dabei hat er unter anderem den Verein Österreichisch-Koreanische Philharmonie gegründet. 2012 erhielt Ban für sein Engagement von Wien das Große Goldene Ehrenzeichen des Landes. Bei der Entgegennahme bezeichnete er sich selbst als „einen stolzen Wiener“.

Generell ist die Musik eine der Gemeinsamkeiten zwischen den doch so unterschiedlichen Staaten. Etwa 700Südkoreaner studieren an musischen Hochschulen in Österreich. Einige sind auch Teil der Österreichisch-Koreanischen Philharmonie. Während heute die meisten Koreaner wegen der Musik (oder Samsung) nach Österreich kommen, gab es früher noch andere Gründe. Ähnlich wie mit den türkischen Gastarbeitern in Österreich hatte Deutschland in den 1960er-Jahren ein Anwerbeabkommen mit Korea beschlossen. Vor allem junge Frauen kamen, um als Krankenschwestern zu arbeiten. Die koreanischen Gastarbeiterinnen wurden sehr geschätzt, und somit bat auch Österreich Korea um Krankenschwestern. Anfang der 1970er kamen die ersten 100 Personen.


Koreas First Lady aus Wien. Und noch eine Verbindung gibt es zwischen Österreich und Korea: Die erste First Lady Koreas war nämlich eine Wienerin. Franziska Donner lernte 1933 den koreanischen Exilpolitiker Rhee Syng-man während ihrer Arbeit beim Völkerbund in Genf kennen. Rhee Syng-man war einer der führenden Köpfe der koreanischen Exilregierung und wurde 1948, nach dem Ende der japanischen Besatzung Koreas, erster Präsident des Landes. Donner erlebte den Korea-Krieg mit und war bei fast allen seiner Auftritten dabei. In Korea war es eine Sensation, dass der Präsident mit einer Europäerin verheiratet war. In der koreanischen Gesellschaft kennt man sie heute noch. Ihr zu Ehren wurde im 22.Bezirk, wo sich seit 2012 das Korea-Kulturhaus befindet, der Franziska-Donner-Rhee-Weg eröffnet.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.09.2014)

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