Wenn Rot-Grün zweimal klingelt

Maria Vassilakou
Maria Vassilakou(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Nach der SPÖ machen es jetzt auch die Wiener Grünen: In den kommenden Wochen und Monaten wollen sie 100.000 Haushalten einen Besuch abstatten. Mit dem Wahlkampf hat das offiziell nichts tun.

Wien. Die Wiener Grünen halten es wie der schwedische Möbeldiskonter: Sie sind offenbar mit allen per Du. Unter dem Motto „Jetzt redest du“ klopfen sie derzeit an die Türen der Wiener. Die vertrauliche Anrede erklärt Grünen-Chefin Maria Vassilakou dabei mit ihren eigenen Erfahrungen. Bei den Hausbesuchen der Grünen Anfang des Jahres zum Thema Mariahilfer Straße sei sie selbst oft mit „du“ angesprochen worden: „Die Schwelle, einen Grünen zu duzen, ist offenbar sehr niedrig. Aber es hat mich gefreut.“

Statt 30.000 Haushalte wie damals sind es nun aber mehr als dreimal so viele: In den kommenden Wochen und Monaten will man sich 100.000 Haushalte in ganz Wien vornehmen. 300 bis 400 Funktionäre werden unterwegs sein. Und sie sind dabei nicht allein.

Denn vorige Woche startete auch die Wiener SPÖ die nächste Welle der größten Hausbesuchstour in ihrer Geschichte. Anfang April wurde begonnen, insgesamt sind mehr als 1000 SPÖ-Funktionäre im Einsatz – vom einfachen Basisfunktionär über Stadträte bis zum Minister. Bis zur Wien-Wahl 2015 soll die Hälfte der Wiener Haushalte, das sind rund 450.000, durch SPÖ-Vertreter persönlich kontaktiert werden. Wobei sich die SPÖ vor allem auf ihre Kerngebiete, also Gemeinde- und Genossenschaftsbauten, konzentriert.

Trotzdem könnte es zu rot-grünen Kollisionen vor der Haustür und zu Mehrfachbesuchen der Stadtregierungsparteien kommen. Denn eine rot-grüne Terminkoordination für die Klingeltouren durch die Stadt gibt es nicht. Die sei aber auch nicht nötig, meint Vassilakou. „Soll nichts Schlimmeres passieren, als dass an einem Tag die Grünen und am nächsten die Roten an die Tür klopfen.“ Die Idee ist hüben wie drüben ohnehin dieselbe: Man will sich „die Probleme der Menschen anhören“ und damit Themen für den Wahlkampf finden. „Das bringt inhaltlich mehr als Meinungsumfragen“, sagt Vassilakou. Bei den ersten Besuchen der Grünen im 15. Bezirk sei es um Mieten, Schulreform und Bürgerinitiative gegangen. Das sind Themen, die praktischerweise ohnehin grün sind. Denn natürlich wollen beide Parteien bei der Gelegenheit auch die eigenen Botschaften unters Volk bringen, und (das gilt vor allem für die SPÖ) mobilisieren.

Auch wenn als das stark nach (Vor-)Wahlkampf klingt, bestätigen will das keiner. Laut der Grünen-Chefin gehören Hausbesuche nach den positiven Erfahrungen rund um die Abstimmung zur Mariahilfer Straße (die ja im Sinn der Grünen ausging) vielmehr ab sofort zum jährlichen Standardprogramm.

Vassilakou kocht auch

Sie selbst will bei „so vielen Hausbesuchen wie möglich“ dabei sein. Das heißt, wenn ihr Zeit bleibt: Denn Vassilakou kocht nun auch für die Wähler. Bis zu 15 Leute (die sich zuvor auf der Homepage der Grünen anmelden müssen) werden von ihr bewirtet. Die Abende muss man sich dabei recht harmonisch vorstellen. „Natürlich kommt da niemand, der die Grünen schrecklich findet“, sagt Vassilakou.

Wie effektiv Hausbesuche sein können, hat jedenfalls die vergangene Nationalratswahl gezeigt: In Gebieten, in denen die SPÖ vor der Wahl testweise Hausbesuche durchgeführt hat, lag das SPÖ-Ergebnis signifikant höher. Parteiintern wird von bis zu zwei Prozentpunkten gesprochen. (uw/stu)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.10.2014)

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