Neues Dienstrecht: Extraurlaub für Wiener Beamte

(c) Die Presse (Michaela Bruckberger)
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2008 war ein gutes Jahr für die Wiener Beamten. 2009 wird noch besser. Eine Gesetzes-Novelle bringt Vergünstigungen für Angestellte der Stadt – und Kritik von Experten.

WIEN. 2008 war ein gutes Jahr für die Wiener Beamten. 2009 wird noch besser, weil die ersten Teile der Arbeitszeit-Novelle, die 2008 beschlossen wurde, in Kraft treten. Diese Novelle definiert nicht nur die Spielregeln für moderne Arbeitsformen im Magistrat, sondern beinhaltet auch Zuckerln für die 64.500 Bediensteten (26.200 Beamte und 38.300 Vertragsbedienstete). Die Details:
•Eine Woche Zusatzurlaub. Während die größte Wirtschaftskrise seit Jahrzehnten über das Land hereinbricht, die Arbeitslosigkeit drastisch steigt, beschäftigen sich Wiens Beamte mit anderen Dingen. Die unkündbaren Magistratsmitarbeiter erhalten ab 2010 eine Woche Zusatzurlaub (ebenso wie nichtpragmatisierte Bedienstete der Stadt). Konkret gibt es ab dem 57. Lebensjahr drei zusätzliche Tage (33 Tage) Urlaub und ab dem 60. Lebensjahr weitere zwei Tage. Das ist die günstigste Beamtenregelung in allen Bundesländern und kostet zusätzlich geschätzte 1,5 Millionen Euro pro Jahr.

Derzeit würde die siebente Urlaubswoche nur den Vertragsbediensteten, weniger den pragmatisierten Dienern der Stadt etwas bringen. Bevor die Wiener Beamten das geforderte Alter für die zusätzlichen Urlaubstage erreichen, sind sie bereits mit großer Mehrheit in (Früh-)Pension – mit 57 Jahren, womit sie die Rekordhalter unter den österreichischen Landes- und Bundesbeamten sind. Denn zwei Drittel der Wiener Beamten gehen in Frühpension, wie die neuesten Zahlen am Freitag zeigten (siehe nebenstehenden Artikel).

Für Franz Fiedler, Ex-Rechnungshof-Präsident und Verwaltungsexperte, sind die neuen Regelungen im Dienstrecht inakzeptabel: „In Zeiten wie diesen müsste die Stadt auf die Kostenbremse steigen.“ Solche Regelungen würden die Beamtenschaft nur in Verruf bringen: „In der Privatwirtschaft müssen die Menschen mit der Arbeitslosigkeit kämpfen. Im öffentlichen Dienst bleibt man davon verschont und hat zusätzlich Privilegien: Dass dann solche Vorwürfe kommen, ist klar.“

Die Gewerkschaft der Gemeindebediensteten (GdG), die diese Regelungen mit der Stadt verhandelt hat, sieht das gelassener: Die Arbeiten der Bediensteten der Stadt seien körperlich und psychisch teilweise extrem anstrengend, beispielsweise bei der Müllabfuhr oder im Pflegebereich. Somit habe die zusätzliche Urlaubswoche nur einen Zweck: „Die Bediensteten, auch aufgrund der Pensionsreform, länger im Beruf zu halten, damit sie aus gesundheitlichen Gründen nicht in Frühpension gehen müssen.“

Trotzdem: Mit der Novelle verschärft sich ein Problem – die immer stärker differenzierten Dienstrechte zwischen Bund und Ländern verhindern, dass Landesbeamte zum Bund wechseln und umgekehrt. Fiedler: „Wir brauchen den Know-how-Transfer. Wenn sich die einzelnen Dienstrechte unterschiedlich entwickeln, ist das nicht möglich.“ Beispielsweise hatte Fiedler als Rechnungshof-Präsident versucht, Experten von Gemeinden bzw. einem Bundesland in den Rechnungshof (Bund) zu holen: „Das ist kaum gelungen, weil ein Wechsel von der Gemeinde zum Bund nicht attraktiv ist.“ Kurz: Landesbeamte bekommen in der Regel mehr bezahlt als Bundesbeamte; sie haben bessere Pensions- und Urlaubsregelungen als Kollegen im Bund. Beispielsweise wird es laut dem Wiener VP-Gemeinderat Wolfgang Ulm noch rund 20 Jahre dauern, bis die Wiener Beamten ihren Kollegen im Bund gleichgestellt sind.

GdG-Chef Christian Meidlinger sieht keine Zersplitterung: „Mit unserem Dienstrecht sind wir Vorreiter. Andere Bundesländer wollen nachziehen und den Anspruch auf die siebente Urlaubswoche für ältere Arbeitnehmer ebenfalls umsetzen.“ Nachsatz: „Unser Erfolg ist ein Ansporn für die anderen.“

Zu den restlichen Punkten der Novelle, die Helmut Hutterer (MA 1 – Personal) auflistet und die deutlich weniger umstritten sind:
•Freiquartal. Die Bediensteten der Stadt haben nun die Möglichkeit, sich eine Auszeit von einem Quartal zu nehmen, was laut Hutterer vor allem den Bediensteten in einem Sozialberuf zugutekommen soll. Bisher war es nur möglich, ein Freijahr zu nehmen.
•Gleitzeit- und Telearbeit. Die Arbeitsformen des 21. Jahrhunderts sind auch im Magistrat angekommen. Die Novelle legt exakt die rechtlichen Grundlagen für Gleitzeit- und Telearbeit fest, die praktiziert wurden, bisher aber sehr schwammige rechtliche Grundlagen hatten.
•Sofortiger Urlaubsanspruch. Bisher hatte ein Mitarbeiter der Stadt erst nach sechs Monaten einen Urlaubsanspruch. Nun besteht er ab dem ersten Tag.
•Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Die Novelle soll die Arbeit im Magistrat mit einigen Regelungen familienfreundlicher machen; z. B. unterbricht der Pflegeurlaub künftig den Urlaub. Glosse Seite 31

AUF EINEN BLICK

Eine Novelle des Dienstrechts bringt für die Beschäftigten der Stadt Wien (26.200 Beamte und 38.300 Vertragsbedienstete) Änderungen und Verbesserungen, die sukzessive ab 2009 in Kraft treten. Beispielsweise erhalten ältere Dienstnehmer zusätzliche Urlaubstage. Ex-Rechnungshof-Präsident und Verwaltungsexperte Franz Fiedler kritisiert diese teure Maßnahme in Zeiten der Krise und fordert, die Stadt müsse auf die Kostenbremse treten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.01.2009)

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