Straßenbahnfahrer attackiert: Täter muss in Anstalt

Archivbild: Eine Garnitur der Linie 46
Archivbild: Eine Garnitur der Linie 46(c) Wiener Linien / Zinner
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Der Angeklagte glaubt, er lebe in einem Bürgerkrieg zwischen der Polizei und "türkischen Kämpfern".

Ein 39-jähriger Mann, der am 5. Juni 2014 am Joachimsthalerplatz in Wien-Ottakring einem Straßenbahnfahrer mit einem Winkeleisen den Schädel eingeschlagen hatte, ist am Donnerstag in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen worden. Die Geschworenen bescheinigten dem Täter mit 7:1 Stimmen Zurechnungsunfähigkeit. Die Unterbringung im Maßnahmenvollzug ist rechtskräftig.

Der Mitarbeiter der Wiener Linien hatte bei der Attacke lebensgefährliche Kopfverletzungen davongetragen. "Bei nicht sachgerechter sofortiger Behandlung wäre mit dem Eintritt des Todes zu rechnen gewesen", stellte der Gerichtsmediziner Nikolaus Klupp in der Verhandlung fest.

Wirre Vorstellungen von Bürgerkrieg mit "türkischen Kämpfern"

Der hatte vor den Geschworenen wirre Angaben gemacht. Mehrfach unterbrach er den Vortrag des Staatsanwalts, den Gerichtsmediziner bezeichnete er abfällig als "G'scheitling". Der Mann lebt in der Vorstellung, in Wien tobe ein Bürgerkrieg zwischen der Polizei und "türkischen Kämpfern".

Immer wieder vermeint er, Schüsse zu hören. So auch unmittelbar vor der Tat: "Dreieinhalb Tage haben's herumg'schossen. Es war a Wahnsinn". Wenn er seine Wohnung verlasse, stecke er "als Verteidigungsinstrument" immer einen am Westbahnhof entwendeten Metallwinkel ein. Eigentlich müsse er ja "belobigt" werden, meinte der 39-Jährige: Er habe auf seinen "Rundgängen" nämlich schon "die Mafia in der Schönbrunner Straße Meier gemacht".

Bevor er sich in die Straßenbahn setzte, habe er das Otto-Wagner-Spital aufgesucht und Psychopax (ein Benzodiazepin gegen Angststörungen, Anm.) verlangt. Ein Pfleger habe ihm dies mit der Begründung verweigert, das Mittel mache abhängig.

"Durch meine Krankheit bin ich auszuckt"

Auf den Straßenbahnfahrer habe er eingeschlagen, weil er dachte, "dass er mich zerfleischt". Er habe befürchtet, "dass er mich in die Remise einezahrt und auffrisst. Ich wollt' ihn am Kopf treffen, dass er mich nicht frisst". Er sei "überrascht", dass der Fahrer "fast gestorben wäre", sagte der 39-Jährige. Es tue ihm leid, "den Falschen" erwischt zu haben: "Durch meine Krankheit bin ich auszuckt."

"Ich wollte mich wehren. Aber ich war wie angenagelt. Ein Schock, vom Gehirn weg. Eine Blockade", schilderte der Straßenbahnfahrer im Anschluss die dramatischen Szenen, nachdem er den ersten Schlag verspürt hatte. Er sei dann auf die Intensivstation gekommen, wo ihm aufgrund der erlittenen Kopfverletzungen ein Titannetz eingesetzt und mit zehn Schrauben befestigt werden musste.

"Wenn's drei Millimeter tiefer gewesen wäre, wär' ich gestorben", hielt der Zeuge fest. Er habe nach wie vor Schmerzen, "und wenn ich spreche, bleibe ich oft hängen". Auf die Frage, wie es ihm psychisch gehe, meinte der Mitarbeiter der Wiener Linien: "Ich bin ein Kämpfer. Von klein auf. Ich will nicht aufgeben. Ich bin froh, dass ich wieder arbeiten kann."

(APA)

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