Freizeit: Die neue Liebe zum Kegeln

(c) Stanislav Jenis
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Das Badeschiff eröffnet im Dezember die erste Unterwasser-Kegelbahn, die Wirtshauskegelbahnen sind bis Jahresende ausgebucht.

Wien. Es war nur eine Frage der Zeit. Wenn das Land zunehmend die Stadt erobert – egal ob in Form von Lederhosen, Brettljausen oder Urban Gardening –, macht es auch vor den Freizeitbeschäftigungen nicht halt. Jetzt dürften die Kegelbahnen wieder entdeckt werden. Kegeln, wohlgemerkt, nicht das Disco-Bowling in Hallen mit blinkenden Lichtern, lauter Musik und digitaler Anzeige, sondern die alte Kegelbahn im Wirtshauskeller, meist in Form einer Zweierbahn, bei der die nächste Bierausschank nicht weit und auch das gemütliche Zusammensitzen erlaubt ist.

So ist etwa das Badeschiff am Donaukanal im Zuge seiner Neuorientierung als "Urban Landgasthaus" gerade dabei, sich im Keller – also im Laderaum, in dem bis vor Kurzem Clubbetrieb geherrscht hat – eine Kegelbahn einzurichten. „Irgendwann hatten wir genug von der Jugendkultur und uns neu ausgerichtet. Urban Landgasthaus mag ein widersprüchliches Begriffspaar sein, wir finden aber, dass es genau zu uns passt“, sagt Badeschiff-Betreiber Geri Ecker. Das neue Konzept – das im Vorjahr mit dem Abgang des Haubenkochs Christian Petz begonnen hat – findet sich auch in der Speisekarte wieder, etwa unter dem Namen „In da Rein“, wobei Braten, Gansl, Hasen, aber auch Süßes wie Buchteln in einer großen Pfanne für mehrere Personen serviert werden – inklusive großem Craft-Bier-Angebot.

Auch die Freitzeitgestaltung soll nun an ein Landgasthaus erinnern. „Vielleicht ist das eine Frage des Älterwerdens, unsere ländliche Vergangenheit holt uns ein“, sagt der aus Oberösterreich stammende Ecker, der derzeit noch mit Bauarbeiten beschäftigt ist. Um im Bauch des Schiffs eine 25 Meter lange Kegelbahn zu installieren – laut Ecker die einzige Unterwasserkegelbahn weltweit – musste das Schiff getrimmt und mit Gewichten ausgestattet werden. Anfang Dezember wird die neue Kegelbahn eröffnen. Die ebenfalls neue Sauna ist schon in Betrieb.

Kegelbahn und Schießstand

Derzeit dürfte das Badeschiff das erste jüngere Lokal sein, das die Kegelbahn wieder für sich entdeckt hat. Der Bobo-Heurige Zum Gschupftn Ferdl hat immerhin einen Schießstand im Keller installiert. Ob Nachahmer folgen, wird sich weisen.

Potenzial hätte das Kegeln in Wien auf jeden Fall – wenn auch das Café Korb in der Innenstadt, lange Zeit die wohl bekannteste Adresse mit Kegelbahn im Keller, die Attraktion vor einigen Jahren entfernt hat. Den meisten alteingesessenen Wirts- und Kaffeehäusern, die Kegeln anbieten, ist das Potenzial allerdings kaum bewusst. Auch wenn es derzeit gut läuft, wie ein Rundruf bei den bekanntesten Anbietern deutlich macht. Viele sind bis Ende des Jahres so gut wie ausgebucht. Das Angebot werde immer besser angenommen. Über das Warum machen sich die wenigsten Gedanken. Im Café Weidinger etwa, mit einer Kegelbahn aus dem Jahr 1967 im Keller, ist lediglich zu hören: „Kegeln ist sehr beliebt, es kommen immer mehr Leute.“ Die Erklärung? „Seit 2012 haben wir eine Mitarbeiterin, Frau Sonja, die sich darum kümmert.“ Der Erfolg der Mitarbeiterin? „Sie schreibt die Reservierungen genau in den Kalender hinein, jetzt haben wir keine Fehlbuchungen mehr.“

Im Gasthaus Sagmeister im dritten Bezirk, eine ebenfalls beliebte Kegeladresse, gibt man sich wortkarg. Wie es läuft? „Sehr gut.“ Man sei bis Ende des Jahres ausgebucht. Wer denn die Kegler sind? „Gemischt, jung bis alt.“ Ob sie mehr werden? „Ja.“ Ob man wisse, warum? „Nein.“ – Nachdenkpause. „Vielleicht Mundpropaganda.“

Im Badeschiff hingegen hat Geri Ecker zumindest den Versuch einer Erklärung: „Die letzten Jahre war Kegeln völlig altmodisch. Jetzt ist es vielleicht so altmodisch, dass es schon wieder modern ist.“

Lexikon

Kegeln: Bei Kegeln handelt es sich um eine sogenannte Präzisionssportart – es muss ein Ziel mit einem Gegenstand möglichst präzise getroffen werden. Im Fall des Kegelns geschieht dies mit einer Kugel, die von einem Ende einer glatten Bahn aus auf neun Kegel gerollt wird. Ziel ist, die in Form einer Raute aufgebauten Kegel umzulegen. Neben den Freizeitkegelbahnen in Gasthäusern gibt es in Wien 18 Sportkegelbahnen.

Bowling: Eine in den USA aus dem europäischen Kegeln hervorgegangene Variante, bei der zehn Kegel (Pins) in Form eines gleichseitigen Dreiecks aufgestellt werden. Die Änderungen waren eine Reaktion darauf, dass das Kegeln 1837 in Connecticut verboten worden war. Die neue Sportart verbreitete sich schließlich auch in Europa, wo sie in eigenen Bowlinghallen gespielt wird.

TOP 3 Kegeln in Wien

1 Gasthaus Zur Stadt Krems: Erst Schnitzel, dann Kegeln

Der Kegelautomat im Gasthaus Zur Stadt Krems (7., Zieglergasse 37, ✆ 01/52 37 200) zählt zu den ältesten und nettesten der Stadt.

2 Café Weidinger: 60er-Flair im einstigen Kohlekeller

Das Café Weidinger (16., Lerchenfelder Gürtel 1, ✆ 01/ 49 20 702) betreibt seit 1967 zwei Kegelbahnen im einstigen Kohlekeller. Der Betrieb läuft gut, bis Ende des Jahres sei man ausgebucht, heißt es.

3 Liu's Wok: Kegeln beim klassischen Chinesen

Liu's Wok (18., Schopenhauerstraße 40, ✆ 01/945 99 99) bietet nicht nur chinesische, japanische und thailändische Küche, sondern auch eine Kegelbahn.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.11.2014)

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