Fall Leonie: Gutachten sieht keinen Beweis für tödliche Verbrühung

Archivbild: Das Donauspital (SMZ Ost)
Archivbild: Das Donauspital (SMZ Ost)Bruckberger / Die Presse
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Im Fall der Zweijährigen, die im Oktober mit Verbrühungen ins Wiener SMZ Ost gebracht wurde und dort verstarb, liegt nun ein gerichtsmedizinisches Gutachten vor: Ein direkter Zusammenhang des Todes mit den Verbrühungen sei demnach "nicht erweisbar".

Der Fall Leonie - die Zweijährige war Ende Oktober 2014 mit schweren Brandwunden am Rücken ins Wiener SMZ Ost eingeliefert worden, wo sie nach zwei Wochen intensivmedizinischer Behandlung starb - stellt sich nun anders dar: Ein Gutachten des Gerichtsmediziners Wolfgang Denk besagt, dass ein unmittelbarer ursächlicher Zusammenhang zwischen den erlittenen Verbrühungen und dem Ableben des Mädchens "nicht erweisbar" sei.

Dem 26 Jahre alten Vater der Kleinen war ursprünglich vorgeworfen worden, das Kind im Zug einer angeblichen erzieherischen Maßnahme mit heißem Wasser abgeduscht zu haben.

Dem Gutachten zufolge waren die Verletzungen, die Leonie dabei davontrug, ihrer allgemeinen Art nach nicht lebensbedrohlich. Zugleich geht Denk davon aus, dass das Mädchen kurz mit heißem Wasser abgeduscht und nicht - wie zunächst von den Ärzten vermutet - länger in heißes Wasser getaucht wurde.

Vergiftung der Leber durch Medikamente

Zur Todesursache hält der Gerichtsmediziner fest, es sei "nicht auszuschließen", dass die Kleine an den Folgen einer durch Medikamente verursachte Schädigung der Leber starb. Leonie war nach ihrer Einlieferung ins Spital mit einer ganzen Reihe von gängigen Schmerzmitteln - darunter Paracetamol - und Opiaten behandelt worden, die sich nachhaltig auf die infolge der erlittenen Verbrühungen bereits angegriffenen Organe ausgewirkt haben dürften.

Auf Seite 20 der 27 Seiten starken Expertise (diese liegt der "Presse" in wesentlichen Teilen vor) heißt es wörtlich: "Im konkreten Fall ist es somit nicht auszuschließen, dass bei Zusammenwirken der durch die großflächigen Verbrühungen ausgelösten Kreislaufschwäche und Folgen der verbrühungsbedingten Organschäden auch die Nebenwirkung des an sich indizierten und nicht überdosierten, schmerzstillenden und entzündungshemmenden Medikaments Paracetamol zu einer fulminanten und letztlich irreversiblen Lebergewebsschädigung wesentlich beigetragen hat."

Weiter heißt es: "In der Folge konnte die Leberfunktionsstörung trotz Absetzens potentiell leberschädigender Medikamente und intensivmedizinischer Behandlung nicht mehr beherrscht werden."

Der Sachverständige betont also, die Ärzte im SMZ Ost hätten ihr Möglichstes unternommen, um das Leben der Zweijährigen zu retten. Eine mögliche Medikamentenunverträglichkeit bzw. die Folgen für die vorgeschädigte Leber wären zum Behandlungszeitpunkt für sie nicht absehbar gewesen.

Der Wiener Strafverteidiger Roland Friis, der den Vater der Kleinen vertritt, sieht damit seinen Mandanten entlastet. "Das Ganze ist eine tragische Geschichte", so Friis am Montag im Gespräch mit der Austria Presse Agentur.

Boiler war defekt

Vor wenigen Wochen hatte ein anderes Gutachten ergeben, dass der Warmwasser-Boiler in der Wohnung in Wien-Floridsdorf, in der Leonie aufwuchs, defekt war. Die Temperatur ließ sich nicht verstellen, der Boiler habe das Wasser immer auf 72 Grad erhitzt, ergab die im Auftrag der Justiz vorgenommene technische Untersuchung des Geräts.

In welche Richtung die Staatsanwaltschaft, die gegen Leonies Vater ermittelt, auf Basis dieser Gutachten nun vorgehen wird, wird sich in den kommenden Wochen entscheiden. Der 26-Jährige befindet sich auf freiem Fuß, hat sich aber an ein Betretungsverbot zu halten. Die beiden Geschwister Leonies leben weiter bei der Mutter.

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