Die Wiederbelebung der Herrengasse

Herrengasse
Herrengasse(c) APA/GEORG HOCHMUTH (GEORG HOCHMUTH)
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Eine Privatinitiative will die Herrengasse als Flanier- und Einkaufsmeile abseits internationaler Marken attraktivieren. Noch heuer soll die Straße umgestaltet werden.

Wien. Die einen lachten über das nur 50 Meter hohe „Hochhäuserl“, die anderen echauffierten sich über den „Wolkenkratzer der Junggesellen“, der ob seiner 105 (von insgesamt 225 Wohnungen) „Ledigen-Wohnungen“, eine „gefährliche, Ehestands feindliche Einrichtung“ darstellte. Als das berühmte Erste Wiener Hochhaus in der Herrengasse 1932 fertiggestellt wurde, löste das damals hitzige Debatten aus. Nicht nur wegen der eingangs erwähnten Single-Wohnungen, sondern auch, weil die christlich-soziale Regierung damit den Wettkampf um das erste Hochhaus gewonnen hatte.

Heute ist es um die Herrengasse – im Vergleich zum Goldenen U (Kärntner Straße, Graben, Kohlmarkt), das jüngst durch das Goldene Quartier (Tuchlauben, Bognergasse, Am Hof) ergänzt wurde – ruhig geworden. Geht es nach der Initiative „Herrengasse+“ soll sich das bald ändern.

(c) Die Presse

Flaniermeile ohne Luxusketten

„Die Herrengasse ist eine Ost-West-Achse, die irres Potenzial hat. Unser Ziel ist es, die Herrengasse attraktiver zu machen, für die Bewohner, aber auch für potenzielle Konsumenten“, sagt Wolfgang Spitzy, Sprecher der Initiative und Vertreter der Eigentümergesellschaft des Ersten Wiener Hochhauses. Seit rund einem Jahr arbeitet die Initiative, die aus Bürgern und Liegenschaftseigentümern der Herrengasse besteht, an der Attraktivierung der Straße zwischen Michaelerplatz und Freyung. Neben den Eigentümern des Hochhauses zählen auch die Karl Wlaschek Privatstiftung (zu der etwa das Palais Ferstel gehört), die List Gruppe und andere private Eigentümer dazu.

Wie genau die Umgestaltung der Herrengasse aussehen wird, kann Spitzy noch nicht verraten. Nur so viel: „Die Straße soll durch äußerliche Eingriffe, wie eine passantenfreundlichere Gestaltung der Gehsteige, Verkehrsberuhigung, die Bearbeitung der Oberflächen und eine neue Beleuchtung attraktiver gemacht werden.“ Die Herrengasse soll wieder zu einer Flaniermeile werden. Wobei man sich in der 450 Meter langen Straße deutlich von dem internationalen Angebot großer (Luxus-)Ketten abheben will. Vielmehr sollen heimische Produzenten und Geschäftsleute im Vordergrund stehen.

Saftbar, Café und Bäckerei

Den Anfang machte bereits 2012 das kleine Café von Unger und Klein im Hochhaus, Ende 2013 zog die Zuckerlwerkstatt ein. Ein paar Monate später folgte The Viennastore, der sich auf Design-Souvenirs spezialisiert hat. In den nächsten Wochen und Monaten folgen weitere Geschäfte und Lokale im Erdgeschoß des Hochhauses: So wird der Fruchtsafthersteller Rauch mit einer kleinen Saftbar einziehen. Auch ein modernes Café, das nicht nur die Menschen der umliegenden Büros mit Mittagessen versorgen soll, ist geplant. Eine österreichische Bäckerei wird ebenfalls bald einziehen.

Etwas weiter Richtung Freyung wird bereits großflächiger gebaut. Das Projekt „Palais, Palais“ – das die Palais Batthyány (wo bis zum Jahr 2012 „Der Standard“ untergebracht war) und Trauttmansdorff betrifft – soll mit Ende des Jahres 600 Quadratmeter an Geschäftsflächen und Mietwohnungen bieten.

Generell soll die Herrengasse noch heuer umgestaltet werden. Die Kosten dafür liegen laut Spitzy bei vier bis fünf Millionen Euro: „Das wird aus eigenen Mitteln der Privatinitiative finanziert, und wenn es fertig ist, zur Erhaltung an die öffentliche Hand übergeben.“ Die zuständigen Stellen der Stadt seien dem Projekt gegenüber positiv gestimmt, ebenso wie die Bezirksvorstehung. Bleibt nur noch offen, wie die Öffentlichkeit auf die Umgestaltung reagieren wird.

Einen ähnlichen Skandal wie einst bei der Hochhaus-Eröffnung wird es wohl nicht geben.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.01.2015)

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