Die Sozialwohnungen des Spitalschefs

Stadt Wien. Udo Janßen, Neo-Chef der städtischen Spitäler (KAV), sicherte sich als Vize-Generaldirektor zwei KAV-Sozialwohnungen. Laut Vergabekriterien hätte er dort nie einziehen dürfen.

Wien. Udo Janßen ist ein mächtiger Mann. Als Herr über die Spitäler und Pflegeheime der Stadt (dazu gehört auch das AKH) dirigiert er tausende Mitarbeiter und verwaltet ein Budget von etwa 2,8 Milliarden Euro. Jetzt hat Udo Janßen ein Problem. Damit ist nicht (nur) der Aufstand der Ärzte gemeint, die gegen die Einsparung von Dienstposten auf die Barrikaden steigen.

Konkret geht es um Recherchen der „Presse“, die Fragen aufwerfen: Hat sich Janßen als Vize-Generaldirektor des Krankenanstaltenverbundes (KAV) eine KAV-Wohnung gesichert? Nicht irgendeine, sondern eine Sozialwohnung, die zur Unterstützung von sozial schwachen Krankenschwesterschülerinnen gedacht ist? Hat sich der damalige Vize-Generaldirektor ausgerechnet eine „Mutter Kind“-Wohnung (!) genommen? Also eine KAV-Sozialwohnung, die offenbar für alleinerziehende Mütter gedacht ist und deshalb mehr Wohnfläche als die Standardwohnungen in dem betreffenden KAV-Wohnhaus bietet.

„...entgegen den Richtlinien“

Die Fakten: Vor Wochen veröffentlichte der Stadtrechnungshof (StRH) zahlreiche kritische Berichte über das Ressort von Gesundheitsstadträtin Sonja Wehsely. In diesem Konvolut ging ein Prüfbericht mit dem Titel „Prüfung der Verwaltung von Personalwohnhäusern“ unter. Den hat sich „Die Presse“ nun genauer angesehen.

Für die KAV-Personalwohnungen hielt der StRH fest: Sie würden „als besondere Sozialleistung (...) insbesondere an Schülerinnen an Krankenpflegeschulen“ zur Verfügung gestellt – als vorübergehende Wohnmöglichkeit. Zu dem Personalwohnhaus Hasnerstraße 124b, das direkt bei der U3-Endstation Ottakring liegt, ist in dem Bericht zu lesen: „(...) kam zutage, dass Wohnungen prima facie entgegen den Richtlinien des Kriterienkataloges vergeben worden waren. Im ersten Fall erfolgte die Überlassung einer Mutter-Kind-Wohnung sowie einige Monate später einer weiteren Wohnung mit 30m2.“ Wer hat hier Richtlinien umgangen, um sich zwei Sozialwohnungen zu sichern? Das mussten die Prüfer aus Datenschutzgründen verschweigen.

Jetzt kommt der brisante Teil: Bei dem Bewohner der Sozialwohnungen handelt es sich nach „Presse“-Recherchen um Udo Janßen, damals Vize-Generaldirektor, heute Chef des KAV. Demnach zog zuerst Janßen ein, etwas später nahm er sogar noch eine zweite Sozialwohnung für seine Familie. Eine „Presse“-Anfrage beim Zentralen Melderegister bestätigt: Janßen hatte in dem Wohnturm, in dem Wohnungen für Schwesternschülerinnen untergebracht sind, vom Frühjahr 2013 bis zum Frühjahr 2014 seinen Hauptwohnsitz. KAV-Sprecher Johann Baumgartner knapp: „Ich kann bestätigen, dass Professor Janßen eine Personalwohnung des Krankenanstaltenverbundes zur Verfügung gestellt bekommen hat.“ Sind es jene zwei Sozialwohnungen in der Hasnerstraße, die dem StRh aufgefallen sind? Das wird vom KAV weder bestätigt noch dementiert.

Eigentlich sollte eine Gehaltsprüfung eine missbräuchliche Vergabe von Sozialwohnungen verhindern. Nur: Bei seinem Vize-Generaldirektor hatte der KAV auf die Prüfung der Bedürftigkeit offenbar vergessen. Deshalb lautet die KAV-Antwort auf die Frage, ob Janßen überhaupt Anspruch gehabt hat: Man könne das nicht sagen, weil nicht geprüft wurde.

„Ortsüblicher Preis“

KAV-Sprecher Baumgartner rechtfertigt das Vorgehen so: Janßen sei von Deutschland nach Wien gezogen, habe eine Wohnung gebraucht – ihm sei vom damaligen KAV-Generaldirektor, Wilhelm Marhold, die Wohnung zur Verfügung gestellt worden. Warum Janßen nicht in ein Hotel oder Appartement eingezogen ist, sondern (nach „Presse“-Recherchen) in eine Mutter-Kind-Sozialwohnung (um sich später eine zweite sozial geförderte Personalwohnung zu reservieren), bleibt unbeantwortet.

Der KAV betont, dass Janßen nicht den Sozialtarif (circa 98 Euro für die 30-m2-Wohnung, circa 220 Euro für die 60-m2-Wohnung inkl. Heizung, Wasser, Möbel usw.) bezahlt habe, sondern einen „ortsüblichen Preis“. Nur: Im StRH-Bericht findet sich kein Hinweis darauf. Vielmehr sind in dem Bericht nur die Sozialtarife aufgelistet. KAV-Sprecher Baumgartner versichert auf Nachfrage nochmals: Janßen habe mit seinem Einzug eine „ortsübliche“ Miete bezahlt. Wie hoch der „ortsübliche“ Preis für die Sozialwohnung war, wird auf mehrfache Nachfragen der „Presse“ aber nicht beantwortet.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.02.2015)

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