Wien-Wahl: Bürgermeister-Würfel auf dem Stephansplatz

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Die Wiener SPÖ will Bürger am Wahlprogramm mitschreiben lassen – und im Wahlkampf „das Image der Langweiler-Partei“ ablegen, wie Parteimanager Niedermühlbichler sagt.

Wien. Dass der (intensive) Wahlkampf mit September beginnt, hat Michael Häupl in Rust versprochen, allerdings wird bei der Wiener SPÖ diesmal schon die Erstellung des Wahlprogramms zur Inszenierung. Als Bühne für den ersten Akt hat man sich den Stephansplatz ausgesucht. Dorthin lädt der Bürgermeister heute, Samstag, zum Auftakt für eine Tour durch alle Bezirke ein.

Unter dem Motto „Wien braucht dich“ werden Bürger aufgerufen, Ideen einzubringen, die – so sie der SPÖ denn gefallen – Eingang ins Wahlprogramm finden sollen. Dafür wird jeweils einen Tag ein großer Würfel (transparent, mit nachgebildeter Rathausfassade) an prominenten Plätzen aufgestellt, der als eine Art rotes Pop-up-Büro dient. Interessierte sollen mit Funktionären diskutieren bzw. könnten auch online ihre Vorschläge mitteilen, erklärt Landesparteisekretär und Wahlkampfmanager Georg Niedermühlbichler. Die Idee für den Bürgermeister-Würfel (wobei Häupl nur zum Auftakt kommt) hatte Marcus Schober. Er koordiniert die Wiener Parteiprogrammdiskussion und gilt generell als rotes Reservoir für frische Ideen.

Und die braucht man offenbar dringend. Schließlich ist „lustiger, frecher“ eine Vorgabe, die sich Niedermühlbichler für den Wahlkampf gemacht hat: „Wir müssen das Image der Langweiler-Partei loswerden“, sagt er. Dafür setze man im Wahlkampf auf „Bauchgefühl“ und einfache Sprache, wobei sich nach Häupls jüngster Grundsatzkritik am Begriff „Smart“(-Wohnung) (O-Ton: „versteht keine Sau“) vermutlich eh kein Genosse mehr einen Anglizismus traut.
Anderseits feilt man am Stil der Präsentation: Das umstrittene „Good Weibs“-Plakat im Beatles-Stil war bereits ein Vorgeschmack, derzeit werden in der SPÖ eifrig Image-Filmchen gedreht. Und: Im Wien-Wahlkampf 2015 werden (erstmals) Social Media eine echte Rolle spielen: Facebook für das Mobilisieren der Sympathisanten, Twitter als Nachrichtenkanal für Journalisten.

Denn für Niedermühlbichler laufen Tweets immer öfter Aussendungen den Rang ab. Den Wiener Wahltermin etwa las man zuerst auf Twitter, beim Wahlrechtsstreit richteten sich rote und grüne Sprecher via Twitter ihre Meinung aus. Damit es nicht zu Pannen kommt, lässt der SPÖ-Wahlkampfmanager gerade eine interne Twitter-Etiquette erarbeiten. Für die rote Rathauscommunity wurde eine eigene App entwickelt: Sie zeigt an, was welche Kollegen (oder politischen Gegner) gerade wo posten oder twittern. „Ich probiere, den Gemeinderäten Mut zu machen, sich auf den Social Media mehr zu trauen“, so Niedermühlbichler. Es klingt, als hätte er noch Arbeit vor sich.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.02.2015)

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