Herrengasse: Flanieren und Wohnen

(c) Clemens Fabry
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Die Wiederbelebung der Herrengasse nimmt Gestalt an. In einstigen Büros entstehen gehobene Wohnungen, eine Begegnungszone zwischen Freyung und Café Central ist geplant.

Wien. Die Herrengasse soll langsam, aber sicher wieder ihre ursprüngliche Funktion übernehmen – als Ort des repräsentativen Wohnens mit einem Hauch von Understatement. Die Initiative Herrengasse +, von Anrainern und Eigentümern gebildet, hat es sich zum Ziel gesetzt, die Straße zwischen Michaelerplatz und Freyung mittels Verkehrsberuhigung, neuer Oberflächengestaltung und gezielter Ansiedelung von Geschäften mit Wien-Bezug wiederzubeleben („Die Presse“ hat bereits berichtet).

Die Initiative will sich dabei bewusst vom Goldenen Quartier abheben, das auf internationale Luxusketten setzt. „Was Benko gemacht hat, ist toll, aber es ist leer, da geht niemand durch“, sagt ein Mitglied der Initiative, das lieber nicht namentlich genannt werden will. Neben der Eigentümergesellschaft des Ersten Wiener Hochhauses sind übrigens die Immobilienfirmen Amisola und Estrella (die beide zur Wlaschek-Stiftung gehören) und die List-Gruppe involviert.

Wohnen in Prunkräumen

Derzeit wird gerade in den Palais Trauttmansdorff und Batthyány (wo früher „Der Standard“ untergebracht war) gebaut. Bis zum Herbst sollen hier unter dem Namen „Palais, Palais“ auf rund 3800 Quadratmetern 22 Mietwohnungen entstehen. „Ursprünglich hatten diese Palais die Funktion des repräsentativen Wohnens, dann wurden sie lang als Büros genutzt. Jetzt wollen wir das wieder zurückführen. Wir wollen keine Museumsstadt“, heißt es aus der Initiative.

Zwischen 60 und 200 Quadratmeter groß sollen die Wohnungen werden – mit einer Ausnahme. In den einstigen Prunkräumen entsteht eine Wohnung mit 400 Quadratmetern. Im Erdgeschoss ist auf rund 660 Quadratmetern Platz für bis zu vier Geschäfte. „Keine internationalen Luxusketten, sondern Geschäfte mit Wien-Bezug“, lautet das Credo. Gastronomie ist in diesem Teil keine angedacht, immerhin sollen einerseits die neuen Mieter nicht gestört werden. Andererseits hat sich die Ferstel-Passage vis-à-vie bereits als kulinarische Meile etabliert.

Breiter Gehsteig statt Parkspur

Insgesamt ist auch eine Verkehrsberuhigung der Straße, die inklusive Busse, Taxis und Fiaker von allen Verkehrsteilnehmern genutzt wird, angedacht. Konkret will die Initiative zwischen der Strauchgasse beim Café Central und der Freyung eine Begegnungszone einrichten. Derzeit wird noch mit den Behörden verhandelt, die Zeichen stehen aber positiv. „Es sind alle politischen Parteien dafür“, heißt es aus der Initiative.

Die Kosten der Umgestaltung der Straße, knapp fünf Millionen Euro, übernimmt übrigens die Initiative. Danach soll das Projekt an die Stadt übergeben werden, die dann für die Instandhaltung zuständig ist. Im Bereich der Begegnungszone soll es dann keinen Niveauunterschied mehr zwischen Gehsteig und Fahrbahn geben. Bei der Oberflächengestaltung setzt man auf Naturstein, auch die Lichtgestaltung soll erneuert werden – mit modernen Lampen mit historischem Bezug, angelehnt an das alte Modell Maiglöckchen.

Parkplätze sollen entlang der gesamten Straße verschwinden – bei den neuen Wohnungen ist eine Tiefgarage mit eingeplant, Anrainerparkplätze sind entlang der umliegenden Straßen angedacht. Im vorderen Bereich der Straße, Richtung Michaelerplatz, sollen die Gehwege auf Kosten der Fahrspur vergrößert werden. Die dort verkehrenden Citybusse sollen allerdings nicht verbannt werden.

Die Umgestaltung der Herrengasse hin zu einer Wiener Flaniermeile soll noch heuer abgeschlossen werden. In den nächsten Wochen und Monaten wird sich auch im Erdgeschoss des Hochhauses einiges tun. Im Mai eröffnet dort neben einer Juice-Bar auch die Bäckerei Felber ein neues Café, das sich in puncto Design von den bereits bestehenden Filialen abheben wird. Auch ein urbanes Café ist in Planung. Und der Design- und Souvenirshop The Vienna Store denkt bereits an eine wesentliche Vergrößerung, inklusive Galerie.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.03.2015)

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