Rechenzentrum: Das Geisterhaus beim Rathaus

Das 40-Millionen-Projekt (im Bild der Architektenentwurf), das den alten Glaspalast ersetzen soll, kämpft mit Problemen.
Das 40-Millionen-Projekt (im Bild der Architektenentwurf), das den alten Glaspalast ersetzen soll, kämpft mit Problemen.(c) APA/SCHUBERT UND SCHUBERTH ZT-KG (SCHUBERT UND SCHUBERTH ZT-KG)
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Im April hätte mit dem Abriss begonnen werden sollen. Doch der 40-Millionen-Euro-Neubau am Standort des früheren Rechenzentrums verschiebt sich immer wieder.

Wien. Mächtig thront der Glaspalast des Architekten Harry Glück an der Zweierlinie. Dort, an der Grenze zum achten Bezirk, in der Rathausstraße 1, ist es im Inneren dunkel. Nichts bewegt sich. Und das seit 2012, seit das Rechenzentrum der Stadt (MA 14) aus dem Bürogebäude ausgezogen ist.

Der Glaspalast wird abgerissen, es wird einen neuen geben, hat Wien-Holding-Geschäftsführerin Sigrid Oblak in der Vergangenheit daraufhin angekündigt. 2013 wurde ein zweistufiger EU-weiter Architekturwettbewerb veranstaltet, ein achtgeschoßiger Büroturm soll entstehen. Nur, dieser Neubau schlittert nach „Presse“-Informationen in immer größere Probleme: Es geht um weitere Bauverzögerungen, fehlende Mieter und die Frage, ob sich der 40-Millionen-Euro-Neubau überhaupt noch rentiert und er jemals gebaut wird.

Immer wieder Probleme

Die Details: Ursprünglich hätte der alte Glaspalast bereits im Herbst 2014 abgerissen werden sollen. Dieser Termin wurde aber verschoben. Gleichzeitig bereitete der geplante neue Entwurf Probleme mit Denkmalschützern (Stichwort: Sichtachse zum Stephansdom), Anrainern und dem achten Bezirk – der Plan musste adaptiert werden. Als wäre das nicht genug, kam die Hiobsbotschaft, dass das Parlament den Neubau nicht (wie von der Holding geplant) nutzen würde. Damit stand die Holding plötzlich vor dem Bau eines riesigen Gebäudes mit rund 8000 Quadratmetern vermietbarer Fläche, ohne einen einzigen Mieter zu haben. Und das in einem Wiener Umfeld, in dem nicht wenige Büroflächen leer stehen.

Zuletzt wurde als neuer Termin für die Bauarbeiten (bzw. den Abriss) „Ende April“ auf die Eingangstür des Glaspalastes geklebt. Doch bei einem „Presse“-Lokalaugenschein am Mittwoch ist von Abrissarbeiten und Baumaschinen absolut nichts zu sehen; auch wenn seitens der zur Holding gehörenden WSE (Wiener Standortentwicklungsgesellschaft) beteuert wird, dass es „sichtbare Arbeiten“ im Rathausviertel gebe. Die Erklärung dafür liefern gut informierte Kreise im Rathaus: Der geplante Beginn der Bauarbeiten werde schon wieder nicht halten, weil der Holding-Aufsichtsrat klargestellt habe: Erst wenn 70 Prozent der Bürofläche vermietet sind, wird gebaut. Das wird bei der WSE nicht dementiert: „Es ist immer so, dass bei derartigen Projekten erst bei einer gewissen Vorverwertung mit den Bauarbeiten begonnen wird.“ Ende Mai starte nun die Vermarktung.

Damit wird indirekt bestätigt: Es gibt die nächste Verzögerung. Denn die Arbeiten beginnen laut Holding-Chefin Oblak erst bei entsprechender Vermietung.

Unrealistische Miete

Im Rathaus ist zu hören, dass die Zukunft des Projekts nun völlig offen ist – aus finanziellen Gründen. Holding-Chefin Oblak hatte in einem Interview erklärt, sie wolle dort 25 Euro Miete pro m2 erreichen. Nur: Laut Immobilienexperten der Wiener Wirtschaftskammer sind für die dortige Lage (je nach Objekt) nur zwischen zwölf und maximal 22 Euro zu lukrieren. Das liegt deutlich unter Oblaks Vorgabe. Verschärft wird die Situation zusätzlich, weil diese 25 Euro an sich schon mehr als problematisch sind. Im Rathaus wird nämlich inoffiziell bestätigt, dass sich ein Neubau laut Berechnungen überhaupt erst ab 28 Euro Miete pro Quadratmeter rentiere. Das Projekt droht demnach ein wirtschaftlicher Flop zu werden, weshalb der Baubeginn immer weiter nach hinten geschoben wird. Offiziell heißt es aber bei der WSE: Im Herbst soll der Spatenstich für den Neubau erfolgen.

Dass das Projekt sich erst ab 28 Euro pro Quadratmeter rentiert, wird seitens der WSE nicht explizit dementiert. Dort wird nur Oblaks Vorgabe (25 Euro pro m2) kommentiert: „Es ist eine sehr gute Lage, es gibt an diesem Standort eine direkte U-Bahn-Anbindung.“ Nachsatz: „Wir verlangen marktgerechte Mietpreise, das Erreichen einer Miete von zumindest 25 Euro pro m2 ist durchaus erreichbar.“ Nur: Laut Wirtschaftskammer lagen nur die absoluten Topbüromieten für Standorte, die allerdings besser sind als jener des Ex-Rechenzentrums, im Vorjahr bei 25,75 Euro.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.05.2015)

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