Denkmal: Umbau ohne Bewilligung

 Eichenstraße 13–23
Eichenstraße 13–23(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Aus den denkmalgeschützten Arbeiterhäusern beim Bahnhof Meidling sollen Wohnungen werden. Genehmigung gibt es keine. Der Architekt führt einen Kampf mit der Justiz.

Wien. Leer stehende historische Bauten renovieren und wieder nutzen zu wollen, ist eine gute Sache. Eine Genehmigung braucht man dazu aber trotzdem. Das alte Arbeiterhaus der ÖBB in der Eichenstraße 13–23 in Wien-Meidling, das nun seit fast zehn Jahren leer steht, wurde vom Bauträger Semsem gekauft. Hier sollen laut dem Architekten Alaa Abouelenin bis Oktober Wohnungen entstehen. „Ob für kürzere oder längere Nutzung ist noch nicht entschieden.“

Das Problem: Der 1869 vom Chefarchitekten der Südbahngesellschaft, Wilhelm Flattich, errichtete Sichtziegelbau steht seit 2002 unter Denkmalschutz – und Genehmigungen für den laufenden Umbau gibt es laut Bundesdenkmalamt keine. Abouelenin ist der Meinung, dass er diese auch nicht braucht: „Wir machen nur Vorbereitungsarbeiten, reißen nur Wände heraus, die nicht tragend sind, und wollen am Gesamterscheinungsbild der Gebäude nichts ändern. Aus wirtschaftlichen Gründen müssen wir schnell arbeiten.“ Er verstehe also nicht, warum sich das Denkmalamt so aufrege. Die Bauarbeiten wurden wie vorgeschrieben bei der Baupolizei gemeldet. „Ich habe die Erfahrung gemacht, dass das Denkmalamt langsam und faul ist. Ich habe in persönlichen Verhandlungen mit der Frau Präsidentin Neubauer alles besprochen. Ich habe einen Brief von ihr, wo alles geklärt ist.“

Ein Brief ist keine Bewilligung

Das sieht das Bundesdenkmalamt nicht so. Im Akt zum Objekt in der Eichenstraße ist etwas anderes vermerkt: Ja, es habe ein Gespräch gegeben, bestätigt das Bundesdenkmalamt, und ja, auch einen Brief der Präsidentin. Dort sind aber nur allgemeine Rahmenbedingungen zu einem Umbau in einem derartigen Objekt beispielhaft skizziert, dazu sei ausdrücklich formuliert, dass gröbere Veränderungen am Objekt nicht vorstellbar sind. „Es ist völlig normal, Gespräche zu führen. Es geht ja nicht darum, dass wir einen Glassturz über das Gebäude stülpen wollen. Wir sind auch daran interessiert, dass es genutzt wird“, sagt Oliver Schreiber vom Bundesdenkmalamt. „Der Bauträger ist schon lange in Wien tätig und sollte wissen, was eine Korrespondenz und was eine Genehmigung ist. Denn die gibt es nicht“, sagt Schreiber. Darum hat das Bundesdenkmalamt den Antrag auf Einstellung der Bautätigkeit gestellt und fordert den Rückbau.

Semsem und auch der Architekt Alaa Abouelenin sind tatsächlich keine Unbekannten. Abouelenin produzierte im Jahr 2002 nach Libro und Cybertron mit 55,8 Millionen Euro Passiva den drittgrößten Firmenkonkurs des Landes. Der damals 15-fache Gesellschafter und 14-fache Geschäftsführer verschiedenster Immo-Projektgesellschaften musste sich wegen betrügerischer Herbeiführung der Zahlungsunfähigkeit vor Gericht verantworten. Es saß knapp drei Monate in Untersuchungshaft und wurde nicht rechtskräftig verurteilt. Zu einem Abschluss des Verfahrens ist es bis heute, also auch 13Jahre später, nicht gekommen. Sein Anwalt Karl Schön spricht von einem Justizskandal und absichtlicher Verschleppung. Während Abouelenin auf ein Urteil wartet, mischt er mit Semsem, der Firma seiner Frau Andrea Wagner, wieder kräftig auf dem Immobilienmarkt mit.

Die Liegenschaft am Meidlinger Bahnhof wurde erst vor Kurzem von der ÖBB verkauft. Vor so Kurzem, dass diese noch immer als Eigentümer für den Bau von Wilhelm Flattich im Grundbuch stehen. Dieser hat übrigens etliche mittlerweile denkmalgeschützte Bauten für die Bahn errichtet, darunter den Hauptbahnhof Triest oder die Bahnhöfe an der Brennerstrecke und im Pustertal. Auch die Pläne für den alten Südbahnhof stammten aus seiner Feder. Abouelenin plant nach dem Umbau im Inneren des historischen Hauses auch eine Aufstockung. Ein Ansuchen liegt der Baupolizei vor. Auch davon weiß das Denkmalamt noch nichts.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.05.2015)

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