Heiner Monheim: "Ein paar Autos dürfen übrig bleiben"

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Der Verkehrsexperte Monheim will - fast - alle Pkw aus der Stadt entfernen, fordert aber auch bessere Verkehrsmittel in den Vorstädten. Zahlen soll der Autofahrer.

Der Deutsche Heiner Monheim ist Stadtplanungs- und Verkehrsexperte und war Professor für Raumentwicklung an der Uni Trier. Monheim nahm vor Kurzem an einer Verkehrstagung der AK in Wien teil.

Die Presse: Sie vertreten bei Diskussionen über Stadtplanung einen radikalen Ansatz: alle Autos hinaus aus der Stadt. Warum?

Heiner Monheim: Autos in ihrer heutigen massenhaften Form sollen hinaus aus der Stadt. Und zwar deshalb, weil sie sich gegenseitig im Weg stehen, weil sie Urbanität kaputtmachen, weil sie Mobilität unmöglich machen. Das Auto ist eigentlich eine Antimobilitätsmaschine. Aber es muss nicht das letzte Auto verschwinden, es dürfen durchaus welche übrig bleiben, aber das sind Carsharing-Autos, öffentliche Autos, Bürgerautos, Nachbarschaftsautos. Da bleiben vielleicht fünf Prozent der Fahrzeugflotte übrig.

Und dann? Was machen Sie mit dem vielen freien Raum?

Da ist Platz für Millionen von neuen Bäumen. Da haben Sie öffentlichen Raum, so wie in Kopenhagen, den Sie qualitätsvoll nutzen können. Wir müssen die Leute wieder auf die Straße zurückholen, damit sie flanieren und radeln können. Dann bleibt ein bisschen Autoverkehr übrig – und der ist kein Problem.

Aber dafür ist der öffentliche Verkehr nicht vorbereitet.

Sicher, der öffentliche Verkehr muss deutlich mehr leisten als heute. Aber dazu darf er nicht als klassisches Massenverkehrsmittel gedacht werden. Nein, da muss man an kleinere Fahrzeuge denken, an Mini-Busse, Midi-Busse, Quartiersbusse, Nachbarschaftsbusse oder auch Dorfbusse. Wien hat ein tolles öffentliches Verkehrssystem, obwohl es hier deutlich mehr Quartiersbusse geben sollte. Aber draußen in den Kleinstädten muss noch mehr passieren. Da braucht man zehnmal mehr Haltestellen als heute, um kundennahen öffentlichen Verkehr möglich zu machen.

Das klingt sehr teuer. Wie wollen Sie das finanzieren?

Generell ist das Auto viel zu billig und wird vom Staat stark subventioniert. Die Kommunen geben sehr viel aus, um ihr Straßennetz instand zu halten, das kommt nie mehr hinein. Dieses Denken müssen wir ändern, und das heißt, dass wir auch in Suburbia gute öffentliche Verkehrsmittel, Fußgänger und fahrradfreundliche Strukturen brauchen.

Das heißt, der Autofahrer wird belastet.

Ja, das bedeutet, dass der Autofahrer, wenn er fährt, auch das zahlt, was er an Schaden anrichtet. Das heißt, wir brauchen intelligente Pricing-Systeme, also eine Art Mautsystem. Aber keine Vignette. Jeder Kilometer Autofahrt muss bezahlt werden. Wenn man dann alles hineinrechnet, was an öffentlichen Kosten erzeugt wird, dann kostet der Kilometer Autofahrt sechs Euro. Da steigen Sie schnell aus dem Auto aus und in den Bus ein.

Wie stehen Sie zur Citymaut?

Citymaut klingt so nach London. Aber Autoverkehr kostet im Dorf genauso viel wie in der Stadt. Wir brauchen mehr, wir brauchen überall eine Maut, und sie muss fahrleistungsabhängig sein.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.05.2015)

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