Stadt Wien: Beamtin kämpfte gegen Frühpension

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Archivbild: Das Wiener RathausClemens Fabry / Die Presse
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Eine Mitarbeiterin wurde gegen ihren Willen in Frühpension geschickt. Aber sie wehrte sich, schaltete das Gericht ein, worauf die Stadt den Bescheid zurückzog.

Wien. In den Weiten des Wiener Magistrats gibt es immer wieder seltsame Vorgänge und skurrile Entscheidungen. Einer dieser Vorgänge hat nun die Personalkommission im Rathaus beschäftigt.

Angefangen hatte es damit, dass eine Mitarbeiterin der Stadt im März in Frühpension geschickt wurde – und zwar gegen den ausdrücklichen Willen der Frau. Denn die Krankenschwester fühlte sich nicht so krank, dass sie in Frühpension gehen wollte. Sie wollte sich diese Entscheidung auch nicht gefallen lassen und bestand darauf, weiter ihren Dienst zu versehen. Nachdem sie allerdings für krank erklärt wurde, also offiziell in Frühpension geschickt wurde, wehrte sich die Frau mit gerichtlicher Hilfe.

Konkret hatte sie Klage beim Landesverwaltungsgericht Wien eingereicht. Nachdem die Niederlage der Stadt absehbar gewesen sei, weil die Frau eindeutig arbeitsfähig war und auch arbeiten wollte, habe die Stadt nun einen Rückzieher gemacht, erklärte ÖVP-Gemeinderat Wolfgang Ulm, nachdem er von der „Presse“ auf diesen Fall angesprochen wurde. Immerhin ist Ulm Mitglied jener Personalkommission, die sich mit den Frühpensionen befasst.

Im betreffenden Fall hatte die Dienststelle die Krankenpflegerin nach einem achtmonatigen Krankenstand zu einer amtsärztlichen Untersuchung beordert. Dort wurden „eingeschränkte Einsatzmöglichkeiten“ festgehalten, samt Prognose: Eine Einsetzbarkeit sei nicht mehr zu erwarten. Allerdings hatte die Mitarbeiterin betont, ihr Gesundheitszustand habe sich verbessert – sie wolle nicht in Frühpension gehen.

Frühpension als Wahljahrtrick?

Geendet hat die Causa damit, dass sich die Frau durchgesetzt hat. Sie ist also wieder im Dienst, und Ulm kritisiert: Die Praxis der Frühpensionierungen sei „extrem unerfreulich für den Steuerzahler“. Die Frühpensionierungen würden die Wiener jährlich rund 200 Mio. Euro kosten – also eine Milliarde Euro während einer Legislaturperiode. Immerhin würden rund 50 Prozent der Wiener Beamte vorzeitig in Ruhestand gehen. „Entweder bietet die Stadt Wien so schlechte Arbeitsbedingungen, dass viele Mitarbeiter krank werden.“ Oder es gibt einen anderen Grund.

Damit beginnt im Wahljahr ein altes Spiel. Laut Ulm würden Mitarbeiter der Stadt von der Gewerkschaft in Frühpension gedrängt – damit andere Gewerkschaftsmitarbeiter schneller aufsteigen (und so in höhere Gehaltsstufen kommen). Vor rund einem Jahr präsentierte Ulm zwei Beamte, die unter der Zusicherung von Anonymität berichteten: Sie seien von Gewerkschaftsfunktionären massiv dazu gedrängt worden, in Frühpension zu gehen. Ihnen sei gesagt worden, man hätte ihre Posten bereits an andere Personen aus der Gewerkschaftsfraktion vergeben.

Gewerkschaftschef Christian Meidlinger reagiert empört: „Die Gewerkschaft schickt niemanden in den Ruhestand. Das kann sie auch gar nicht.“ Er, Meidlinger, kenne den betreffenden Fall nicht: Aber wenn ein Dienstnehmer zwölf Monate krank sei, müsse laut Gesetz automatisch ein Prüfverfahren eingeleitet werden – woraufhin ein Amtsarzt prüfe. Und nach dessen Bericht treffe der Magistrat als Behörde seine Entscheidung.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 2. Juni 2015)

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