Rock in Vienna: Ein Festival, das keines sein will

(c) Stanislav Jenis
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30.000 Menschen werden ab Donnerstag auf der Donauinsel Metallica, Kiss oder Faith No More besuchen - und sollen dort auch saubere Toiletten, Klimt und Freud finden.

Wien. Werner Stockinger mag Festivals eigentlich nicht mehr wahnsinnig gern. Zum Zelten sei er irgendwie zu alt, der Dreck, die langen Wege, warmes Bier und Dixie-Klos – irgendwann muss das alles nicht mehr sein. So ist es nur schlüssig, dass er nun ein Festival organisiert, das für Leute sein soll, die Festivals eigentlich nicht mögen – oder die ein wenig zu alt dafür geworden sind. Für Leute, die gern etwas mehr zahlen, dafür aber saubere Toiletten, ein aufwendiges Bühnenbild, kaltes Bier und den Komfort, im eigenen Bett schlafen zu können, finden sollen.

Mit Rock in Vienna kommt ab Donnerstag zum ersten Mal ein mehrtägiges Rock-Festival in die Stadt, mit Headlinern wie Metallica, Faith No More, Muse, Incubus, Limp Bizkit und Kiss. Es wird, so sagt Produktionsleiter Stockinger, ein Festival für Leute, die Festivals eigentlich nicht mögen. Campingplätze gibt es zwar (und sind auch ausgebucht), aber Massen an Teenagern, die dort tagelange Gelage veranstalten, werde man bei ihm nicht sehen. Es ist ein Festival mit ein bisschen mehr Komfort – mit Toiletten mit Wasserspülung, für die ein eigenes Abwassersystem installiert wurde, oder zum ersten Mal in Österreich mit zwei nebeneinander stehenden Bühnen.

Wenn Adele explodiert

Damit fallen weite Wege oder Entscheidungen zwischen Bands weg, während eine spielt, wird hinter einem Vorhang auf der zweiten Bühne aufgebaut. Zwei Tage vor dem Start am Donnerstag stehen die Bühnen bereits. Das Design der Vorhänge: Ein finster dreinschauender Freud auf der einen Seite (die sogenannte Mindstage), Klimts Adele, deren goldene Ornamente explodieren, auf der anderen (die Soulstage). Dass Conchita als goldene Adele eben erst für den Life Ball geworben hat, war ein Zufall. Sie hätten, erzählt Bühnendesigner Joachim Lütke, sogar überlegt, das Motiv zu ändern.

Aber es sei ohnehin etwas anderes: „Unsere Adele explodiert“, so Lütke, und Klimt passe zu Metal, sei er doch ein Kontroverser, der Inbegriff des Rock gewesen.

Auch das Design – es zieht sich von der Bühne bis zu Sichtschutzbannern – soll das Festival aufwerten, anderes bieten als die übliche Totenkopfästhetik von Metal-Veranstaltungen. Und es geht darum, dass Musik mehr ist. „Was wäre die Kunst ohne Psychoanalyse? Ohne Freud gäbe es vieles nicht“, sagt Stockinger. Außerdem jährt sich am 4.Juni der Tag, an dem Freud vor den Nazis flüchten musste. Er war ein Revoluzzer seiner Zeit, er passe zum Rock wie Freigeist Klimt. Und freilich bringen Freud und Klimt auch ein wenig Wienerisches auf die Insel.

Hinter dem Veranstalter Blue Moon Entertainment steht die Deutsche Entertainment AG (DEAG), ein Riese der Live-Branche, der kürzlich mit Rockavaria in München oder Rock im Revier in der Schalke-Arena quasi Schwesternfestivals veranstaltet hat.

Trotz des deutschen Veranstalters – hinter der Organisation auf der Donauinsel steht eine Konstruktion, die wienerischer kaum sein könnte: Blue Moon hat das Gelände vom privaten Verein Freunde der Donauinsel gemietet, der 2013 gegründet wurde, um mehr Veranstaltungen auf die Insel zu bringen – und um damit vor allem mehr Geld für die Stadt zu lukrieren. Der Verein steht Stadt und SPÖ Wien mehr als nahe: Prominente SPÖ-Köpfe sind darin vertrete, der Vorsitzende ist Ex-Donauinselfest-Veranstalter Sascha Kostelecky. Und diese Verflechtung sorgt für Kritik: Etwa, dass Kosteleckys private Marketingagentur nebenbei auch das Sponsoring für das Rock in Vienna abwickelt.

Die Wiederholung 2016 ist fix

Für die Veranstalter aber praktisch, brachte Kostelecky dem für Wien neuen Festival doch beste Kontakte zu potenziellen Sponsoren, wie sie ein deutscher Konzern nicht hätte.

An den organisatorischen Hürden – von wagemutigen Pyrotechnikideen, mit denen Kiss gekommen ist, bis zu Lärmvorschriften (um 23 Uhr muss Schluss sein) – habe auch die Nähe zu Stadt und SPÖ der Partner nichts verändert, sagt Stockinger.

Schließlich sei die Insel schon ein „herausfordernder Gelände“ für so eine Veranstaltung – kein fester Boden, das Abwasser- und Stromnetz musste erst aufgebaut werden. Zuletzt hat den Veranstaltern aber das Wetter in die Hände gespielt, die Wiese ist trocken, das macht den Aufbau leichter. Seit klar scheint, dass es ein heißes, sonniges Sommerfestival wird, verkaufen sich dreimal so viele Karten pro Tag wie in den Wochen zuvor.

Am Ende werden es voraussichtlich 30.000 Besucher sein, sagt Stockinger. Einst war von 50.000 die Rede. Er ist trotzdem zufrieden. Mehr könnten es sein, aber immerhin ist es die Premiere – und die Wiederholung 2016 ist schon fixiert.

SERVICE

Rock in Vienna findet vom 4. bis 6. Juni auf der Wiener Donauinsel statt. Headliner sind unter anderem Faith No More und Metallica (Donnerstag), Incubus und Muse (Freitag) sowie Limp Bizkit und Kiss am Samstag. Tickets gibt es nach wie vor – das Festival ist noch nicht ausverkauft.

Rund 30.000 Besucher werden beim Rock in Vienna erwartet, der Arbö rät Besuchern dringend, mit öffentlichen Verkehrsmitteln auf die Donauinsel zu kommen. Die Insel ist trotz teilweiser Absperrungen frei zugänglich und passierbar.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.06.2015)

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