Meinl-Reisinger: „Bin keine Dramaqueen“

Meinl-Reisinger
Meinl-Reisinger (c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Wird die Wien-Wahl zur Überlebensfrage der Neos? Listenerste Beate Meinl-Reisinger will eine zugespitzte Kampagne – und über Privatisierungen reden.

Haben Sie schon das Wahlergebnis in der Steiermark und im Burgenland verdaut?

Beate Meinl-Reisinger: Ja. Im Burgenland gab es gar nichts zu verdauen. Dafür, dass das Team aus 14 Leuten bestand, finde ich das Ergebnis gut. Es war ein wichtiger Schritt, bei beiden Wahlen anzutreten.

Aber man hat dort schon vor der Wahl gewusst, dass man den Einzug nicht schafft.

Ja, aber die Strukturen sind wichtig. Dort gibt es Menschen, die ehrenamtlich sehr engagiert sind und sagen: „Ich halte das System nicht aus.“ Ihnen zu sagen, dass wir nicht antreten, nur weil es schwierig ist, finde ich nicht fair.

In der Steiermark – vor allem in Graz – gab es dafür aber umso mehr zu verdauen.

Graz ist natürlich eine Enttäuschung. Aber, und das ist nicht nur eine billige Ausrede: Die Vorverlegung der Wahl war eine Herausforderung. Mit mehr Zeit hätten wir mehr erreicht.

Gibt es – abseits der Strukturen – eine andere Erklärung für das schlechte Ergebnis?

Wir haben gute Inhalte – zum Beispiel das Thema Bildung. Aber unter den Wählern herrscht die Stimmung, dass sie nichts bewegen können. Die Reformzwillinge tun weiter, was sie wollen. Es ist die Frage, ob da die Kampagne mit diesen Inhalten am Punkt war.

Hätte man, auch in Vorbereitung auf Wien, auf andere Inhalte setzen sollen?

Das ist immer Spekulationssache. In Wien werden wir unsere Botschaften jedenfalls zuspitzen und eine ganz klare Linie fahren.

Neos-Chef Matthias Strolz hat gesagt: „Es gibt die Sehnsucht nach einfachen Antworten. Wir haben sie nicht gut genug erfüllt.“

Es ist immer auch eine Frage der Kommunikation. Die Menschen wollen Veränderung. Sie wollen einen nassen Fetzen, mit dem sie die herrschenden Politiker davonjagen können. Umso eher brauchen wir eine positive, konstruktive Kraft.

Anscheinend trauen die Wähler den Neos nicht oder noch nicht zu, eine Alternative zu sein. Warum wählen sie FPÖ und nicht Neos?

Man muss schon auch sehen, dass wir erst eineinhalb Jahre alt sind. Wir werden uns in Wien als sehr starke, vernünftige Alternative positionieren.

Wie will man in Wien erreichen, der FPÖ den Wind aus den Segeln zu nehmen?

In Wien gibt es nur zwei Parteien, die für Veränderung stehen – nämlich die FPÖ und Neos. Bleibt die Frage: Welche Veränderung wollt ihr? Ich will Heinz-Christian Strache (FPÖ-Chef, Anm.) jedenfalls nicht als Bürgermeister.

Aber wie?

Indem wir bei unseren Themen bleiben, aber den Wählern klar sagen: Eine Veränderung zum Guten gibt es nur mit uns. Wer die Nase voll von explodierenden Schulden und Freunderlwirtschaft hat, aber nicht Strache als Bürgermeister will, der muss Neos wählen.

Das vermittelt den Eindruck: Die Neos sind das, was übrig bleibt.

Nein – wir sind die größte Chance auf Erneuerung, wenn man nicht Strache als Bürgermeister will.

Reicht das aber?

Wir haben auch unsere Themen. Es ist vor allem wichtig, was im Bildungsbereich passiert. Schulen müssen frei vom politischen Einfluss selbst entscheiden, wofür sie Mittel einsetzen. Also mehr Autonomie bekommen.

Vorhin haben Sie gesagt, Sie wollen zuspitzen – auch abseits des Bildungsthemas.

Der spitzere Wahlkampf ist eine Sache der Kommunikation. Ich werde sehr bestimmt auftreten, da, wo etwas falsch läuft.

Mit den Landtagswahlen steigt der Druck auf Sie, in Wien einen Erfolg für die Neos einzuheimsen. Wie gehen Sie damit um?

Wien war schon vor der Wahl wichtig und bleibt es auch. Ich hyperventiliere nicht jeden Tag, ich freue mich darauf. Wir haben mehr als 300 Kandidaten, die in den Bezirken aufgestellt sind und für Veränderungen stehen.

Kann man das als Überlebensfrage sehen?

Das ganze Jahr ist entscheidend für uns. Ich bin keine Dramaqueen.

Wie viel Prozent wünschen Sie sich?

Ich möchte das stärkste Ergebnis, das die Neos auf Landesebene erreicht haben – mehr als sieben Prozent.

Treten Sie dafür ein, kommunale Leistungen zu privatisieren?

Man muss sich das Thema genau anschauen, die Debatte rund um Privatisierungen ist kein Selbstzweck. Den „Konzern der Stadt Wien“ wird man aber durchforsten müssen. Die Stadt privatisiert ja schon – allerdings hauptsächlich in die SPÖ und parteinahe Organisationen.

Was bedeutet das konkret? Können Sie sich beispielsweise die Privatisierung der Müllabfuhr vorstellen?

Man muss analysieren, wo die verschiedenen Beteiligungen der Stadt sinnvoll sind – und wo es nur um Querfinanzierungen und Versorgejobs geht.

Ich schätze, das Thema Wasser werden Sie im Wahlkampf vermeiden.

Wir wollten das Wasser ja nie privatisieren. Aber wir wollen über Gebühren reden. Sie sind enorm hoch. Das ist weit mehr als kostendeckend, dieses Geld versickert in der Stadt Wien. Darüber muss man reden.

STECKBRIEF

1978 wurde Beate Meinl-Reisinger in Wien geboren. Sie arbeitete für Othmar Karas (ÖVP), später für Familienstaatssekretärin Christine Marek. Seit 2013 sitzt Meinl-Reisinger für die Neos im Parlament. Bei der Wien-Wahl am 11. Oktober tritt sie als Spitzenkandidatin an.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.06.2015)

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