Wien: Wird das Spital Nord nochmals teurer?

Die Baustelle des Krankenhaus Nord, aufgenommen am Dienstag (30. Juni)
Die Baustelle des Krankenhaus Nord, aufgenommen am Dienstag (30. Juni)APA/ROBERT JAEGER
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Ein „Missverständnis“ von Stadträtin Wehsely löste eine neue Diskussion um das Spital Nord aus. Derzeit liegen die Kosten (noch) im Rahmen. Falls sie aber weiter steigen, wird das Nulldefizit 2016 verfehlt.

Wien. „Zum Teil.“ Diese zwei Worte von Gesundheitsstadträtin Sonja Wehsely (SPÖ) am Mittwoch im Wiener Gemeinderat reichten, um das Prestigeprojekt Krankenhaus Nord wieder in die Diskussion zu bringen – mit einem politischen Schlagabtausch über eine weitere mögliche Kostenexplosion bei dem Bau des Wiener Milliardenprojektes.

Was war passiert? Nachdem am Dienstag der Krankenanstaltenverbund (KAV) zugegeben hatte, dass die ungeplanten Mehrkosten beim Bau des Spitals Nord in der Zwischenzeit auf rund 100 Millionen Euro gestiegen sind, wollte ÖVP-Gesundheitssprecherin Ingrid Korosec in einer Anfrage wissen: Sind in den 1,049 Milliarden Euro Gesamtkosten auch die Kosten für die Medizintechnik enthalten? Wehselys Antwort fiel ausweichend aus. Erst auf Nachfrage von Wolfgang Seidl (FPÖ) erklärte Wehsely: „Zum Teil.“

Damit war Feuer am Dach des KAV. Denn bisher hatte es immer geheißen, diese Kosten seien inkludiert – Korosec sprach postwendend von einer weiteren Kostenexplosion in der Höhe von rund 500 Millionen Euro. Auf diesen Betrag schätzt Korosec die Kosten für die Medizintechnik für das Hightechspital an der Brünner Straße in Floridsdorf. Auch die FPÖ setzte nach und sprach von einem „Milliardengrab für die Wiener Steuerzahler“.

Kurz darauf dementierte der KAV seine zuständige Stadträtin in einer Aussendung: „In den Gesamtkosten sind selbstverständlich auch Kosten für Medizintechnik enthalten.“ Auf „Presse“-Nachfrage zu Wehselys Aussage wurde beim KAV erklärt: Mit „zum Teil“ hätte die Stadträtin nur gemeint, dass ein Teil der Medizintechnik von anderen Krankenhäusern ins Spital Nord übersiedelt.

Zehn Prozent sind noch im Rahmen

Damit ist die Angelegenheit nicht erledigt, das Spital gerät nun voll in den Wiener Wahlkampf. „Natürlich werden die Kosten weiter steigen“, meint Korosec zu den KAV-Beteuerungen, dass das Budget eingehalten wird. Sie rechnet am Ende mit 1,3 bis 1,5 Milliarden Euro. Die SPÖ werde sicher nicht im Wahlkampf die gesamte Kostensteigerung auf den Tisch legen und damit eine Flanke öffnen, so Korosec.

Fix ist derzeit nur: Das Spital wird nach dem aktuellen offiziellen Stand mindestens 100 Mio. Euro teurer als geplant. Das ist eine gewaltige Summe, aber sie bewegt sich „noch in einem einigermaßen verträglichen Rahmen“, wie ein Bauexperte, der namentlich nicht genannt werden möchte, der „Presse“ erklärt. Denn Kostenüberschreitungen bei derartigen Großprojekten seien eher die Regel denn die Ausnahme: „Zehn Prozent sind noch bewältigbar – verglichen mit dem Bau des Skylink, des Wiener AKH und des Flughafens Berlin.“ Allerdings rechnen nicht wenige in der Baubranche damit, dass die zehn Prozent noch nicht alles waren.

Sprengt das Spital das Nulldefizit?

Steigen die Kosten weiter, hat die Stadt ein heikles Problem, das bisher kaum beachtet wurde. 2016 muss die Stadt laut Stabilitätspakt ein Nulldefizit erreichen. Steigen die Kosten für das Spital weiter, sprengt der Bau das Budget samt Nulldefizit. Dann fehlen im Budget 2016 etliche Millionen, die nicht mit neuen Krediten abgedeckt werden können – weil der Stabilitätspakt der Stadt verbietet, neue Schulden zu machen. Dass eine etwaige Kostenexplosion durch Einsparungen abgefangen werden kann, ist unrealistisch. Immerhin hatte Finanzstadträtin Renate Brauner bereits vor der am Dienstag bestätigten Kostensteigerung beim Spital Nord erklärt: Es sei nicht sicher, ob die Stadt wegen der wirtschaftlich schlechten Konjunkturlage das Nulldefizit 2016 wirklich erreicht.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 2. Juli 2015)

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