Wohnen: Der sehr aktive Herr Ludwig

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Derzeit ist es unmöglich, an Michael Ludwig vorbeizukommen. Während andere Parteien auf Bildung und Wirtschaft setzen, holt der Wohnbaustadtrat das rote Kernthema wieder zur SPÖ.

Wien. Derzeit kommt keiner an Michael Ludwig vorbei. Am Donnerstag präsentierte der Wohnbaustadtrat eine Initiative zur Sanierung von Wohnhäusern, die in der Kriegszeit gebaut wurden. Das Ziel: Aufwertung von Wohnungen der untersten Kategorien (C und D). Also Wohnungen, in denen oft SPÖ-affine Klientel wohnt. Es dürfte wohl kein Zufall sein, dass das erste Sanierungsprojekt im tiefroten Favoriten umgesetzt wird.

Festspiele für die rote Basis

Bereits vor diesem Termin gab es „Michael-Ludwig-Festspiele“. Am Mittwoch bewarb er den Betriebskostenrechner der Stadt, mit dem ungerechtfertigt hohe Betriebskosten zurückgeholt werden können. Einen Tag davor kündigte er an, dass 155.000 Gemeindebaumieter jeweils fast 90 Euro Betriebskosten-Gutschrift erhalten. Das war kurz nachdem Ludwig den Baustart für die besonders günstigen Smart-Wohnungen in Meidling gegeben und in Simmering rund 200 geförderte Wohnung übergeben hatte.

Kein Wiener Politiker ist derzeit so aktiv wie Michael Ludwig, der als einer der heißesten Kandidaten für die Nachfolge von Michael Häupl gilt. Die Gründe für Ludwigs auffallende Aktivität?

Die Grünen, die billiges Wohnen österreichweit zum Thema gemacht hatten (mit Maria Vassilakous Forderung nach einer Mietobergrenze von sieben Euro pro Quadratmeter), haben im angelaufenen Wahlkampf das Feld (fast) vollständig geräumt, abgesehen von vereinzelten Wortmeldungen. Vielmehr konzentrieren sich die Grünen auf das Thema Bildung, bei dem sie sich mit den Neos (die stark in grüne Wählerschichten hineinwirken) ein Duell liefern. Typisches Beispiel dafür ist die Aktion, bei der sich Maria Vassilakou beim Naschmarkt an einer Häuserwand plakatieren ließ. Mit der Ankündigung, sie werde Bürgermeister Michael Häupl die grüne Bildungsreform „unter die Nase reiben“. Nachdem ÖVP (Themen: Wirtschaftskompetenz, Arbeitsplätze) und FPÖ (Themen: Asyl, Zuwanderung) das Wohnthema vernachlässigen, ist der Weg frei für Michael Ludwig. Und das nutzt er.

Der zweite Grund: Für die Wiener SPÖ ist es bereits vor der Steiermark- und Burgenlandwahl nicht gut gelaufen. Um die rote Basis am 11. Oktober an die Urnen zu bringen, braucht die Partei Maßnahmen, die den Genossen signalisieren: „Geht nicht zur FPÖ. Wir kümmern uns um euch.“ Denn nichts interessiert SPÖ-Wähler so sehr wie das Thema Arbeitsplätze und Wohnen. Und das weiß die Partei.

Häupl hatte deshalb im Februar angekündigt: Die Stadt werde wieder Gemeindebauten errichten. In der Praxis hat das kaum Auswirkungen, geht es doch nur um ein paar Bauten. Symbolisch ist es für die SPÖ-Basis aber ein Signal.

SPÖ vermarktet grüne Idee

Jetzt, da die Bundes-SPÖ mit Turbulenzen kämpft und diese Stimmung auf Wien abfärbt (kolportiert wird, dass die Wiener SPÖ nur noch bei 35 Prozent steht, also fast zehn Prozentpunkte seit 2010 verloren hat), verstärkt die Partei mit dem sehr aktiven Herrn Ludwig die Signale an die rote Wählerschaft.

Natürlich ist Michael Ludwig auch am heutigen Freitag aktiv. Er übergibt die ersten Smart-Wohnungen, die auf dem Dach des Auhof-Einkaufszentrums gebaut wurden. Nicht dabei sind die Grünen, auf deren Idee die Überbauung des Auhofcenters zurückgeht.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.07.2015)

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