Mehr Autoverkehr unter die Erde

Vorbild München? Verkehr unter der Erde wie im Richard-Strauss-Tunnel.
Vorbild München? Verkehr unter der Erde wie im Richard-Strauss-Tunnel. Haas, Robert / SZ-Photo / picturedesk.com
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In München ist der Mittlere Ring von mehreren Tunneln durchzogen – damit entsteht Raum für Oberflächengestaltung. In Wien sind derartige Projekte derzeit kaum ein Thema.

Wien. München feiert im Tunnel. Bevor am 25. Juli der Luise-Kiesselbach-Tunnel offiziell in Betrieb geht und damit ein Großteil von rund 100.000 Autos pro Tag unter der Erde verschwindet, wird das Projekt mit mehreren Dancefloors, Bars, einem Street-Food-Markt und einer Food-Truck-Meile gefeiert. In der Tunnelröhre. Es ist dies fast schon eine Tradition – schon 2009 wurde der Richard-Strauss-Tunnel vor der Eröffnung zur Disco, so wie der Petueltunnel im Sommer 2002.

Tradition hat in der bayerischen Hauptstadt auch der Tunnelbau generell. So ist der Mittlere Ring, das Rückgrat des Münchner Straßenverkehrs, von mehreren Tunneln durchzogen. In den 1980er-Jahren wurden erste Tunnel gebaut, die die Oberfläche vom Verkehr entlasten sollten. Mit dem Einzug der Grünen in die Stadtregierung wurde der weitere Ausbau zwar gestoppt, doch sprachen sich die Münchner Wähler 1996 in einer Bürgerbefragung für drei weitere Tunnelprojekte aus.

Was München gemacht hat, ist in Wien derzeit kein Thema. Zwar wurde eine Untertunnelung von Hauptverkehrsrouten immer wieder diskutiert, doch umgesetzt wurde letztlich kaum etwas davon. Zuletzt scheiterte ein derartiges Projekt am Schwedenplatz, für das sich Bezirksvorsteherin Ursula Stenzel (ÖVP) eingesetzt hatte. Weil es technisch schwierig gewesen wäre – und vor allem, weil ein solcher Tunnel zu teuer gekommen wäre, ergab eine Studie aus dem Büro von Planungsstadträtin Maria Vassilakou (Grüne).

Gürtel unterirdisch

Eine Absage gab es auch schon 2004 für einen Vorschlag der Wiener ÖVP, den Landstraßer Gürtel sechs Kilometer lang zu untertunneln – eine solche Variante, hieß es vom damaligen Verkehrsstadtrat, Rudi Schicker (SPÖ), sei schon beim Westgürtel geprüft und für nicht praktikabel befunden worden. Nichtsdestoweniger taucht die Forderung nach einer Untertunnelung des Gürtels nach wie vor in unregelmäßigen Abständen auf.

Als mögliche Stelle für eine Untertunnelung wurde auch der Döblinger Gürtel im Bereich Nußdorfer Straße ins Spiel gebracht – dort kommt es häufig zu Staus. Selbst für einen Teil der Prater Hauptallee gab es schon Überlegungen für eine Untertunnelung für den Pkw-Verkehr. Letztlich sind es vor allem finanzielle Überlegungen, die bei derartigen Ideen einer Umsetzung im Wege stehen.

Auch in München war das Kostenargument ein Thema. Das Budget für den 2,8 Kilometer langen Luise-Kiesselbach-Tunnel, der in einigen Tagen eröffnet, werden etwa mit knapp 400 Millionen Euro kolportiert. Der knapp 1500 Meter lange Petueltunnel kostete etwa 205 Millionen Euro. Dafür wurde auf ihm ein Park errichtet, der nun als Naherholungsgebiet für die umliegenden Bewohner dient. Und auch auf dem neuen Tunnel soll viel Grün entstehen.

Dass der Gürtel – oder zumindest ein Teil davon – untertunnelt wird, scheint aus derzeitiger Sicht unrealistisch. Zu stark wiegt das Kostenargument, zu anspruchsvoll wäre ein solcher Umbau. Und nicht zuletzt gibt es auch das Argument, dass derartige Projekte nur mehr Verkehr anziehen würden.

Unter dem Naturschutzgebiet

Und doch wird Wien in absehbarer Zeit auch Tunnel bauen. 2018 soll die sogenannte Stadtstraße in Betrieb gehen, die über die Seestadt Aspern die A23 mit der S1 verbinden soll – sie soll in sensiblen, also dicht bewohnten – Bereichen untertunnelt werden. Und nicht zuletzt soll 2016 mit dem Bau des Lobautunnels begonnen werden. Jener rund 8,2 Kilometer lange Tunnel soll bis zu 45 Meter unter dem Naturschutzgebiet Lobau verlaufen. Dafür sind Kosten von rund 1,4 Milliarden Euro eingeplant.

Es gibt also auch in Wien Pläne, den einen oder anderen Tunnel zu bauen – allerdings nicht, um bestehende Straßen unter die Erde zu verlegen, sondern im Rahmen von neuen Verkehrsverbindungen.

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("Die Presse", Print-Ausgabe, 6. Juli 2015)

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