Brand in Wiener City: Mord und 14-facher Mordversuch

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Am kommenden Dienstag beginnt in Wien die Neuauflage des Prozesses um Brandstiftung in einem mehrstöckigen Wohnhaus in der Wiener City: Eine 23-jährige Oxford-Absolventin kam dabei qualvoll ums Leben.

Wien. Der Wiener Techniker Werner C. (46) – er war als Unternehmensberater tätig – war ursprünglich der Brandstiftung mit Todesfolge angeklagt. Doch ein Schöffensenat des Straflandesgerichts Wien hatte sich für unzuständig erklärt. Denn: Das „monströse“ Vorgehen des Angeklagten – eines Angeklagten, in dem sich „das Böse manifestiert“ (Zitate: Staatsanwalt Leopold Bien) – gehöre vor Geschworene. Der Vorwurf „Brandstiftung“ sei mitunter zu milde. Die Sache sehe nach Mord aus. Die Konsequenz: Am Dienstag, 4. August, bekommt C. einen neuen Prozess. Das Urteil dürfte aber erst im Herbst ergehen.

Der Fall hatte für Entsetzen gesorgt: In den frühen Morgenstunden des 16. April 2014 hatte es in einem Mehrparteienwohnhaus in der Marc-Aurel-Straße 2 in der Wiener Innenstadt eine gewaltige Explosion gegeben. Dafür wird nun C. verantwortlich gemacht.

Als sogenannter Mietnomade, der laut Anklage bereits in sage und schreibe 91 Exekutionsverfahren verwickelt gewesen war und wiederum kurz vor der Delogierung stand, soll der Techniker literweise Benzin in jener Wohnung des Hauses verschüttet haben, die er selbst bewohnte. Durch Entzünden des Benzin-Luft-Gemischs kam es zum Schlimmsten: Die Zwischenwand zur Nachbarwohnung stürzte ein und begrub eine 23-Jährige, in ihrem Bett schlafende Mitbewohnerin. Die Frau, Absolventin eines Oxford-Studiums für Ernährungstrends (Master of Food Sociology), erstickte infolge einer Kompression des Brustkorbs. Sie erlitt zudem schwere Verbrennungen.

Version vom „großen Unbekannten“

14 nun in der Anklage namentlich genannte Mitbewohner hätten ebenfalls sterben können. Dies sei vom Vorsatz des Angeklagten umfasst gewesen, heißt es nun in der neuen, der "Presse" vorliegenden Anklage. Konkret: C. hat im Rahmen der Neuauflage seines Prozesses statt Brandstiftung mit Todesfolge einen vollendeten und 14-fachen versuchten Mord zu verantworten. Außerdem ist (erneut) Brandstiftung Teil der Anklage ebenso wie gefährliche Drohung.

C. werde sich nicht schuldig bekennen, teilte dessen Verteidiger, Ernst Schillhammer, der "Presse" mit. Die bisherige Verteidigungslinie des Angeklagten mutet doch eher kühn an: Jemand müsse nachts in seine Wohnung geschlichen sein, so C., und einen Anschlag vorbereitet haben. Er selbst sei gerade abwesend gewesen, habe dann die Wohnung aufgesperrt und sei diesem Anschlag mit knapper Mühe entronnen. Die Tatsache, dass er nach dem angeblichen Attentat nicht zur Polizei gegangen war, erklärte C. so: Er sei unter Schock gestanden.

Ein verräterischer Brief

Im Gerichtsakt findet sich jedenfalls ein Brief, den C. laut Anklage einen Tag nach der Explosion (über diese wurde damals sofort groß in den Medien berichtet) abgesandt hatte. Darin wird jener Vermieter bedroht, bei dem C. zuvor eine Wohnung in Beschlag genommen hatte. In diesem Fall war C. delogiert worden. In dem Brief steht: "(...) Tja, nun viel Spaß, ich lass mich von überheblichen Dilettanten nicht verarschen. Du hast erstens den Falschen und zweitens den falschen Zeitpunkt erwischt. Ich hab Dich auf den Monitor gesetzt. Beim nächsten Mal kracht´s." Unterzeichnet ist das Schreiben mit dem Familiennamen des nunmehrigen Beschuldigten.

Anwalt Schillhammer kommentiert nun die Mordanklage so: „Diese ist lediglich die juristische Folge des Unzuständigkeitsurteils. Sie hat mit der Realität nichts zu tun.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.07.2015)

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