Flüchtlinge ohne Frischluft: Polizei stoppte Schlepper-LKW in Wien

Die Polizisten bemerkten den Transporter auf der Ostautobahn.
Die Polizisten bemerkten den Transporter auf der Ostautobahn.APA/HERBERT P. OCZERET
  • Drucken

24 jungen Männer waren ohne Sauerstoffzufuhr in den Klein-LKW gesperrt, den die Polizei Dienstagnacht aufhielt. Die Afghanen schwebten in Lebensgefahr.

Während am Westbahnhof immer mehr Flüchtlinge stranden, hat die Wiener Polizei in der Nacht auf Dienstag einen gefährlichen Schleppertransport gestoppt. Bei dem Fahrzeug waren die Türen und Fenster zugeschweißt und zugesperrt, die Beamten konnten Schlimmeres verhindern. Die Flüchtlinge, 24 junge Afghanen, sind wohlauf, gab die Polizei am Abend bekannt.

Der Klein-Lkw war vermutlich von Ungarn kommend auf der Ostautobahn (A4) unterwegs, als das Fahrzeug Beamten auffiel, die gerade eine Schwerpunktaktion zur Eindämmung der Schlepperkriminalität durchführten. Die Polizei folgte dem Auto, das im Bereich des Praters die A4 verließ und auf die Südosttangente (A23) Richtung Graz auffahren wollte. Von dort lotsten die Beamten den Transporter in die Anne-Frank-Gasse in der Landstraße.

Hund "Iceman" spürte Schlepper auf

Als der Kastenwagen anhielt, ergriff der Lenker sofort die Flucht. Auch die Abgabe eines Schreckschusses in den Boden konnte den 30-Jährigen nicht aufhalten. Erst Polizeidiensthund "Iceman" spürte den Rumänen auf, der sich im Bereich der Modecenterstraße in einer Gerätehütte versteckte.

Wie gefährlich der Transport der Flüchtlinge war, zeigte sich, als die Polizisten den Klein-Transporter aufbrachen. Die seitliche Schiebetür des Fahrzeuges war von den Schleppern von innen verschweißt worden. Auf der Außenseite der Hecktüren war ein Riegelschloss angebracht. Sämtliche Fenster des Fahrzeuges waren von innen vergittert. Zu keinem Zeitpunkt der Fahrt konnte aufgrund dieser Umbauarbeiten Frischluft in das Innere des Laderaums gelangen. Die 24 Afghanen, die sich im Laderaum des Fahrzeuges befanden, hätten nicht die Möglichkeit gehabt, sich selbst zu befreien.

In Klein-LKW "hineingestopft"

Die Burschen im Alter von 16 bis 20 Jahren wurden in das Polizeianhaltezentrum Rossauer Lände gebracht und erstversorgt. Sie erzählten von grauenhaften Bedingungen, wie Polizeisprecher Thomas Keiblinger berichtete. So wären sie in das Fahrzeug "hineingestopft" worden. Der Fahrer wäre bereits im Klein-Lkw gesessen, um eine spätere Identifizierung zu verhindern.

Die Ladefläche ist laut Keiblinger sehr klein - 3,35 Meter lang, 1,75 Meter breit und nur 1,80 Meter hoch, die Burschen wären regelrecht aufeinander gesessen. Nachdem keiner der jungen Männer in Österreich Asyl gestellt hat, gehen die Ermittler davon aus, dass sie Richtung Deutschland reisen wollten. Aufgrund ihres guten Gesundheitszustandes dürfte die Schlepperfahrt noch nicht lange gedauert haben, es bestand laut Keiblinger allerdings "akute Lebensgefahr". Der 30-Jährige Schlepper wurde festgenommen.

Wie kann Österreich besser mit der Flüchtlingskrise umgehen? Diskutieren Sie mit im Themenforum

(APA)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Weltjournal

A4-Schlepperprozess: "Die Menschen im Kühl-Lkw tun mir leid"

Der 39-jähriger Bulgare, der vor dem Schlepper-Lkw in einem eigenen Auto die Lage sondierte, will mit den 71 Toten nichts zu tun haben. Er sei betrogen worden.
Der Hauptverdächtige und mutmaßliche Boss der Schlepperbande, der Afghane Samsooryamal L., bei der Eröffnung des Prozesses am Mittwoch. Dabei trat er mit einer Tafel auf, auf der stand, er sei „Muslim, kein Mörder“.
Weltjournal

„Todeslaster“-Prozess: Bandenvize belastet Schlepperboss

Der „Vize“ der Schlepperbande, welcher der Tod von 71 Menschen in einem Kühlwagen im Sommer 2015 angelastet wird, warf dem afghanischen Chef Gier vor.
Weltjournal

A4-Schlepperprozess: "Kühllaster zu stoppen, wäre Todesurteil gewesen"

Der mutmaßliche Schlepperboss, der 71 Flüchtlinge in einen Lkw pferchte, weist vor Gericht jede Verantwortung von sich. Der Afghane sei zu gierig geworden, belastet ihn sein Komplize.
Weltjournal

Ostautobahn-Flüchtlingsdrama: Prozess wegen Todestransport

Nach dem Tod von 71 Menschen in einem Kühllaster auf der Fahrt von Ungarn nach Österreich 2015 startet in Ungarn der Prozess gegen elf Schlepper.
UNGARN: BEGINN PROZESS NACH A4-FLUeCHTLINGSDRAMA IN KECSKEMET
Weltjournal

A4-Schlepperprozess: "Ich bin Muslim, kein Mörder"

Der erste Prozesstag um das Schlepperdrama mit 71 Toten ging am Mittwoch in Ungarn zu Ende. Am Donnerstag wird die Einvernahme des afghanischen Hauptangeklagten fortgesetzt.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.