1000 Polizisten mehr: Ein alter Wahlkampfschlager

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SP� WIEN ´H�UPLS G`SP�R UND UNSERE KRAFT F�R WIEN´: H�UPL(c) APA/HERBERT PFARRHOFER (HERBERT PFARRHOFER)
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Zur Wien-Wahl feiern Stadtregierung und Boulevardmedien die Verstärkung durch 1000 neue Beamte als „Coup in der Sicherheitspolitik“. Der Coup ist sechs Jahre alt und soll nun zum zweiten Mal Wähler begeistern.

Wien. Politiker, die sich um Sicherheit sorgen, sind gut wählbar. Und weil am 11.Oktober in der Bundeshauptstadt Wahlen stattfinden, erfahren die Wiener derzeit auf mehreren Nachrichtenkanälen, dass ihre Stadtregierung diesbezüglich besonders bemüht ist.

Pünktlich mit Anfang Oktober wird ein hart umkämpftes Verstärkungsprogramm für die Polizei abgeschlossen sein. Seit 2009 werden die Polizeikräfte sukzessive aufgestockt, diesen Herbst werden die 1000 Polizisten plus erreicht: 6400 statt einst 5400 sichern dann die Straßen Wiens. Die SPÖ feiert das in Aussendungen und Pressekonferenzen, und erhält dabei Unterstützung von der „Kronen Zeitung“. Zitat: „Bürgermeister Michael Häupl liefert kurz vor der Wahl einen Coup in der Sicherheitspolitik.“

„Geheimpapier“ zur Wahl 2010

Tatsächlich verkaufen Politiker und manche Medien alten Wein in neuen Schläuchen. In diesem konkreten Fall bereits zum zweiten Mal. Schon 2009 machte die damalige Innenministerin, Maria Fekter, den Plan für den „Coup“ von 2015 öffentlich, Wiens Polizei um besagte 1000 Beamte zu verstärken.

Ein Jahr später wurden die häufig zitierten „1000 Polizisten mehr“ erstmals zum Wahlkampfschlager in Wien. Wenige Tage vor dem Volksentscheid am 10.Oktober 2010 haben „Heute“, „Österreich“ und „Kronen Zeitung“ (die größten Inserateempfänger des Rathauses) ein „Geheimpapier“ veröffentlicht, in dem die Verstärkung von Wiens Polizei um 1000 Beamte paktiert worden sei. Dieses Mal aber wirklich. Und das, obwohl der ursprüngliche Plan nie im Zweifel stand.

Das Spiel wiederholt sich nun zum Abschluss des Programms unter lautem Getöse. Um Stimmverhalten zu beeinflussen, lässt man die Genese einer Geschichte weg, um das Thema einmal mehr als Erfolg verkaufen zu können.

Die Erklärung dafür liefert eine Umfrage des Gallup-Instituts, das Wiener nach den für sie wichtigsten Themen für ihre Wahlentscheidung gefragt hat. Das Ergebnis war – selbst bei Kritik der Methode von 400 Telefoninterviews – eindeutig. Die ersten drei Themen haben unmittelbar mit dem Komplex Sicherheit in all seinen Ausformungen zu tun. 34Prozent der Befragten nannten „mehr Sicherheit, weniger Kriminalität“, es folgten das „Ausländerproblem“ (31) und „Asyl“ (28).

Um das Wahlvolk auf die Schlacht um Stimmanteile vorzubereiten, werden in Wien seit Anfang August unterschiedlichste Detail- und Zwischenergebnisse aus der Kriminalstatistik 2015 gezielt an die Öffentlichkeit gebracht. Dabei gibt die Polizei selbst solche Daten seit Anfang 2014 nicht mehr bekannt. In welcher politischen Ecke die Quellen zu suchen sind, ist angesichts des Inhalts der Daten leicht zu erraten. Die Botschaften lauten nämlich: Weniger Anzeigen, weniger Überfälle, weniger Taschendiebe.

Strahlkraft der Polizei

Und genau hier schließt sich der Kreis. Als Grund für den – statistisch zweifelhaften, weil nur kurzfristige Entwicklungen darstellenden – Erfolg in der Kriminalstatistik nennt die SPÖ die so laut empfangenen 1000 „neuen“ Polizisten. Zumindest ein klein wenig will auch die Wiener ÖVP davon profitieren. Eilig hielt Landeschef Manfred Juraczka gegenüber Medien fest, dass im Innenressort immerhin eine seiner Parteikolleginnen sitze.

So funktioniert Wahlkampf im Jahr 2015. Oder wie es Michael Häupl einst selbst ausdrückte: „Wahlkampfzeiten sind Zeiten fokussierter Unintelligenz.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.09.2015)

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