Gericht: Strenge Strafe für Beamten

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Dreieinhalb Jahre Gefängnis für einen Wiener Justizwachebeamten: Der Mann hat laut Urteil eine Gefangene vergewaltigt.

Wien. Zuerst hatte die Anklage „nur“ auf Missbrauch eines Autoritätsverhältnisses gelautet. Ein Gericht (Einzelrichter) hatte die Sache geprüft, sich aber für unzuständig erachtet. Denn, so hatte der Richter gemeint, es könnte sich um ein schlimmeres Verbrechen, nämlich Vergewaltigung, handeln. Eine neue Verhandlung vor einem neu zusammengesetzten Gericht (Schöffensenat) wurde anberaumt. Und das Urteil lautete am Montag tatsächlich auf Vergewaltigung. Fazit: Der Angeklagte, der 41-jährige Wiener Justizwachebeamte P. (derzeit suspendiert), bekam dreieinhalb Jahre Gefängnis.

Dass P., sollte die Strafe rechtskräftig werden (sein Verteidiger, Michael Vallender, meldete umgehend Rechtsmittel an), diese an seinem eigenen Arbeitsplatz, der Justizanstalt Wien Josefstadt, wird absitzen müssen, ist aus naheliegenden Gründen nicht zu erwarten. Die Vollzugsverwaltung dürfte wohl ein anderes, „neutrales“ Gefängnis auswählen.

Bei dem Opfer von P. – der Mann kämpfte bei der Urteilsverkündung mit den Tränen – handelt es sich um eine ehemalige Gefängnisinsassin. Die Vorfälle ereigneten sich vor gut drei Jahren. Es gab zwei sexuelle Angriffe: Tatort war ein Aufenthaltsraum, den der Beamte von innen versperrte. Eine der beide Attacken wurde nun als Vergewaltigung, die andere als Missbrauch eines Autoritätsverhältnisses gewertet. Die Insassin hatte im Gefängnis als Putzkraft gearbeitet (prinzipiell haben Gefangene einer Tätigkeit nachzugehen).

Schaden für den ganzen Stand

Richterin Nina Steindl erachtete eine unbedingte Haftstrafe aus generalpräventiven Gründen für notwendig. Der Fall bedeute einen massiven Schaden für den gesamten Stand der Justizwachebeamten. Bis zu zehn Jahre Haft wären maximal möglich gewesen. Wenn das Urteil rechtskräftig wird, würde der Beschuldigte sein Amt und sämtliche damit verbundenen Pensions- und Abfertigungsansprüche verlieren.

Die Anklage hat nun auch einen zweiten Fall erfasst. P. soll eine zweite Frau sexuell belästigt haben. Hier erging aber ein Freispruch. Noch kurz vor Urteilsverkündung waren sowohl weibliche als auch männliche Insassen der Anstalt Wien Josefstadt im Zeugenstand befragt worden. Die Zeugen zeichneten ein widersprüchliches Bild, die Vergewaltigung selbst will aber niemand mitbekommen haben. Einig waren sich die Insassen darüber, dass der angeklagte 41-Jährige einer der „netten“ Justizwachebeamten in der Anstalt gewesen sei. Eine Zeugin beschrieb P. als locker und freundlich, er sei aber als Frauenheld verschrien gewesen. Eine andere meinte: „Wir haben alle für ihn geschwärmt.“ Eine weitere Ex-Insassin sprach gar von einer Intrige gegen den Mann.
Als der Fall voriges Jahr aufflog, wurden die Debatten um diverse Skandale im Strafvollzug neu angeheizt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.09.2015)

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