ÖVP: Widerstand gegen Klubchef Juraczka

Manfred Juraczka.
Manfred Juraczka.(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Manfred Juraczka, der nach herben Verlusten bei der Wahl als VP-Chef zurücktrat, musste bei seiner Kür zum Klubchef massive Streichungen hinnehmen – die schwarze Frauenfraktion wollte Juraczka demontieren.

Wien. Von nun an gehe es bergauf. Mit einem Lächeln präsentierte Wiens neuer ÖVP-Chef, Gernot Blümel, am Dienstag sein Team: Ex-Parteichef Manfred Juraczka wird Klubchef und übergibt nach der Halbzeit (spätestens 2018) an die schwarze Zukunftshoffnung Elisabeth Olischar (27), die erstmals in den Gemeinderat einzieht und bis zur Übergabe im Klub als Stellvertreterin Juraczkas fungiert. Das sei eine Kombination aus Erfahrung und Erneuerung, meinte Blümel. „Die Entscheidung in der Vollversammlung des ÖVP-Klubs sei „mit großer Mehrheit“ getroffen worden, erklärte Blümel. Selbst auf Nachfrage wollte der Neo-Parteichef das Abstimmungsergebnis nicht nennen – was seinen Grund hat.

Was ist eine „große Mehrheit“?

Der demonstrativ nach außen getragene Frieden war keiner. Und die „große Mehrheit“, die signalisieren soll, dass in der gern zerstrittenen Wiener ÖVP alles friedlich verlaufen ist –, war ebenfalls keine. Wie der „Presse“ von mehreren unabhängigen, gut informierten Kreisen berichtet wird, gab es nämlich massive Streichungen für Juraczka, der nach den herben ÖVP-Verlusten bei der Wien-Wahl als Parteichef zurückgetreten ist und nun als Klubchef kandidierte.

Der brisante Hintergrund: Im Vorfeld der Wahl zum Klubchef hatte die schwarze Frauenfraktion rund um die Josefstädter Bezirksvorsteherin, Veronika Mickel, versucht, Juraczka zu demontieren – wie der „Presse“ von mehreren Seiten erklärt wird. Die Begründung: Juraczka als Klubchef sei kein Zeichen der Erneuerung – man brauche eine Frau. Kolportiert wird deshalb: Die Halbzeitlösung mit Elisabeth Olischar, die aus der Jungen ÖVP kommt und von Außenminister Sebastian Kurz gefördert wird, hätte es nur aus einem Grund gegeben. „Es wäre unsicher gewesen, ob ohne diese Halbzeitlösung Juraczka überhaupt gewählt worden wäre“, heißt es in ÖVP-Kreisen. Das dürfte nicht ganz stimmen, da Neo-Parteichef Blümel seinen Vorgänger als Klubchef wollte. Aber bei der Wahl zum Klubchef konnte es sich die schwarze Frauenfraktion nicht verkneifen, Juraczka die Unterstützung zu verweigern, um damit ihren Ärger zu artikulieren.

Konkret bedeutet das: Blümels Kandidat Juraczka wurde von mehr als einem Viertel der Delegierten gestrichen (das Ergebnis liegt der „Presse“ vor) – obwohl es keinen Gegenkandidaten gab. Da ein derartiges Ergebnis einen entsprechenden Konflikt offenbart, wurde in der ÖVP vereinbart: Das Voting wird streng unter Verschluss gehalten und nur von „großer Mehrheit“ geredet.

Der Grund für den Widerstand gegen Juraczka ist nicht nur der Wunsch (vor allem) der schwarzen Frauen nach Erneuerung und mehr Einfluss. Die Wiener ÖVP hat am 11. Oktober ein Minus von fast fünf Prozentpunkten eingefahren und ist mit 9,24 Prozent erstmals in ihrer Geschichte bei einer Landtagswahl einstellig. Dazu verlor die ÖVP in der schwarzen Hochburg Währing den Bezirksvorsteher. In der bürgerlichen Bastion, also im ersten Bezirk, drehten die Wahlkarten erst in allerletzter Sekunde den Bezirk noch in Richtung ÖVP, die dort 12,27 Prozentpunkte verlor. In dieser Situation zählte nicht, dass Juraczka als Wiener ÖVP-Chef einige unerwartete Erfolge hatte (zum Beispiel 100.000 Unterschriften gegen die Parkpickerlausweitung) und wenig dafür konnte, dass die ÖVP im rot-blauen Zweikampf zerrieben wurde und mit den Neos auch noch erstmals eine direkte Konkurrenz antrat, die die ÖVP empfindlich traf. Juraczka wurde zusätzlich vorgeworfen, er habe das Problem mit der prominenten Bezirksvorsteherin Ursula Stenzel nicht entschärft, die (wegen ihrer Demontage) im Wahlkampf zur FPÖ übergelaufen war – weshalb nicht wenige rechtskonservative Stimmen zu Heinz-Christian Strache wanderten, der für diese Klientel (dank Stenzel – siehe Artikel links) erstmals wählbar wurde.

Nebenbei: Dem Widerstand der schwarzen Frauen ist es auch geschuldet, dass beim Wechsel 2018 nicht sicher ist, dass Juraczka Stellvertreter von Olischar wird.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.11.2015)

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