Budget: Wien wächst - die Schulden auch

Blick vom Wiener Rathaus.
Blick vom Wiener Rathaus.(c) APA/HERBERT NEUBAUER (HERBERT NEUBAUER)
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Die Neuverschuldung soll 2016 um zwei Drittel höher sein als heuer. Argumentiert wird das mit der wachsenden Stadt. Ob das dem Stabilitätspakt entspricht, wird gerade verhandelt.

Wien. Wien wächst rasant, die Wirtschaft nicht – die Schulden dafür schon. Am Mittwoch wurde der Wiener Budgetvoranschlag für 2016 vorgelegt. Die Eckdaten: Man rechnet mit Einnahmen von 12,59 Milliarden, dem gegenüber stehen Ausgaben von 13,1 Milliarden Euro – daraus ergibt sich eine Neuverschuldung von 518 Millionen Euro. Das ist rund zwei Drittel mehr als 2015 – da wurde ein Minus von 289 Millionen Euro prognostiziert.

Der Schuldenstand würde somit von 5,1 Milliarden Euro auf 5,46 Milliarden anwachsen. Derzeit liegt Wien mit der Pro-Kopf-Verschuldung im Bundesländervergleich (Schulden von Gemeinden und Land) auf Platz sechs. Die Verbindlichkeiten ausgegliederter Betriebe sind nicht berücksichtigt.

„Wir haben noch immer nicht das erwünschte Wirtschaftswachstum, Wien wächst rasant – für diese Menschen braucht es Infrastruktur, Kindergärten, Schulen“, sagt Finanzstadträtin Renate Brauner (SPÖ) zur „Presse“. Am Dienstag legte die Statistik Austria neue Bevölkerungsprognosen vor. Demnach wird Wien schon 2023 die Zweimillionenmarke geknackt haben, rund sieben Jahre früher als gedacht. „Obwohl wir große Herausforderungen haben, können wir nicht mit Business as usual weitermachen, wir müssen sparen“, sagt Brauner.

Darum wurde in das Budget erstmals seit Langem eine Sperre eingebaut: Auf 172 Millionen Euro Euro können die Ressorts nur zugreifen, falls die Stadt mehr Einnahmen lukriert als erwartet – oder sich die Wirtschaft positiver entwickelt. Bisher sieht es da aber düster aus – 2015 hat die Stadt ein durchschnittliches Wachstum von 1,3 Prozent verzeichnet. Knapp drei Prozent wären notwendig, um die wachsende Arbeitslosigkeit einzudämmen.

Verhandlungen auf EU-Ebene

Eigentlich hatte sich Wien durch den Stabilitätspakt mit dem Bund verpflichtet, ab 2016 eine Nullneuverschuldung zu erzielen. Da aber etliche Bundesländer und auch der Bund weit davon entfernt sind, werden derzeit die Kriterien des Stabilitätspakts neu verhandelt. So möchte Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) etwa, dass die Kosten der Flüchtlingskrise ausgenommen werden – sie sollen nicht als Schulden gelten. Die Stadt Wien möchte sogenannte nachhaltige Investitionen wie den Bau von Schulen oder Kindergärten ausnehmen dürfen. Beides würde der Stadt enorm helfen: Wien erfüllt die Flüchtlingsquote zu 120 Prozent, rund zwei Drittel mit einem positiven Asylbescheid landen in Wien – die Kosten für Integrationsmaßnahmen sind hoch. Zweitens müssen große Anstrengungen unternommen werden, um die Infrastruktur in der wachsenden Stadt zu erhalten. In den Gratiskindergarten werden nächstes Jahr 767 Millionen investiert. Die erhöhte Wohnbauförderung schlägt mit 583 Millionen Euro zu Buche.

Wie zu erwarten kam am Mittwoch von der Opposition heftige Kritik am Entwurf. ÖVP-Chef Gernot Blümel nannte ihn eine „Verhöhnung des Bürgers“ und sprach von einem „exorbitanten Schuldenstand“. Am 11. Dezember soll das Budget im Gemeinderat beschlossen werden.

Das Budget 2016 ist übrigens das letzte seiner Art. Im Koalitionspakt wurde vereinbart, dass dieses künftig für drei Jahre erstellt wird – das resultiert aus einer Rechnungshofkritik aus dem vergangenen Jahr. Wien wurde darin vorgeworfen, keine mittelfristige Finanzplanung zu haben.

Mehr Geld aus Finanzausgleich

Weiters hofft man, ab 2017 deutlich mehr Mittel aus dem Finanzausgleich zu erhalten, der regelt, wie die Einnahmen des Bunds auf die Länder verteilt werden. Wien glaubt, deutlich mehr zu bekommen, da die Aufschlüsselung künftig „aufgabenorientiert“ sein soll. Man versorge rund 230.000 Pendler mit Infrastruktur, auch ihnen komme das billige 365 Jahresticket zugute. Wien sei eine der größten Studentenstädte im deutschsprachigen Raum – und jeder fünfte Patient im AKH sei ein Niederösterreicher, so die Argumentation. Mit dem benachbarten Bundesland wird man sich in den Verhandlungen wohl einen erbitterten Kampf um Geldmittel liefern. Finanzlandesrat Wolfgang Sobotka (ÖVP) möchte, dass jeder Bürger gleich viel wert ist – also dass eine Geldmittelverteilung pro Kopf stattfindet.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.11.2015)

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