Explosion am Hohen Markt: Lebenslang wegen Mordes

Archivbild: Großeinsatz im April 2014
Archivbild: Großeinsatz im April 2014(c) APA/ROBERT TOBER
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Brand gelegt, ein City-Wohnhaus in Flammen, eine 23-Jährige als Todesopfer: Ein 46-jähriger Mietnomade bekam am Dienstag die Höchststrafe.

Wien. Werner C. war als Mietnomade unterwegs. Immer wieder bezog er eine Wohnung, konnte die Miete nicht zahlen und musste sich erneut eine Bleibe suchen. Gegen den 46-Jährigen sind gezählte 91 Exekutionsverfahren aktenkundig. Am 16. April 2014 rächte sich C. an einem Hausherrn, der ihn wegen Mietrückständen vor die Tür setzten wollte: C. legte in der Wohnung eines mehrstöckigen Hauses am Hohen Markt (1. Bezirk) Feuer. Es kam zur Katastrophe: Das Entzünden von Benzin löste eine Explosion aus, die Bewohnerin der Nachbarwohnung erstickte unter Trümmerteilen einer Mauer. Nun erhielt C. lebenslange Haft.

Rache? Brandstiftung? Der Staatsanwalt möge dies so sehen, meinte C. (Anwalt Ernst Schillhammer). Aber er sei schuldlos. Er habe weder Feuer gelegt, noch habe er jemanden umgebracht. Viel mehr habe er nach einem nächtlichen Spaziergang die Wohnungstür geöffnet, worauf es unerwartet zu einer Explosion gekommen sei.

15-facher Mordversuch

Der Brand des Hauses am Hohen Markt hatte einen Großeinsatz der Feuerwehr ausgelöst. Das Haus, in dem sich 50 Personen befanden, musste evakuiert werden. Laut Anklage waren 15 Menschen, vor allem Nachbarn, in unmittelbarer Lebensgefahr. C. habe, so heißt es, auch deren Tod in Kauf genommen, insofern wurde dem ehemaligen Unternehmensberater zusätzlich zum Mord auch 15-facher Mordversuch angelastet. Und natürlich Brandstiftung.

Am Dienstag ging sein Verfahren ins Finale. Der Weg dorthin war holprig. Zunächst brachte die Staatsanwaltschaft Wien eine Anklage ein, die „nur“ auf Brandstiftung mit tödlichem Ausgang lautete. Das Gericht erklärte sich für unzuständig, weil es meinte, der Fall rechtfertige eine Mordanklage.

Als diese dann fertig war und ein neu besetztes Gericht (Vorsitz: Martina Krainz) tagte, erstellte der psychiatrische Sachverständige Wolfgang Soukop ein Gutachten, das er in der Schlussphase des Prozesses entscheidend abänderte. Richterin Krainz erachtete die Expertise schließlich als „in hohem Maße unschlüssig“. Der vom Gericht als neuer Gutachter bestellte Psychiater Peter Hofmann übte dann prompt harte Kritik an seinem Kollegen, so bezeichnete er es etwa als „fachlich unhaltbar“, wenn Soukop von „Unberechenbarkeit“ des Angeklagten spreche. Auch sah Hofmann im Gegensatz zum ersten Gutachter „keinerlei psychische Auffälligkeiten“ bei C. Damit war eine Anstaltseinweisung kein Thema mehr.

Die Richterin bezeichnete die Tat schlussendlich als eines „der schlimmsten Verbrechen“, das ihr in ihrer Laufbahn untergekommen sei. „Um seine persönliche Befindlichkeit abzureagieren“, habe C. den Tod der jungen Frau „einkalkuliert“ (das Opfer hatte übrigens kurz vor der Tat die Elite-Uni in Oxford absolviert). Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

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