Kindergärten: „Religion muss im Hintergrund stehen“

Sonja Wehsely ist für die Kontrollen der Wiener Kindergärten verantwortlich.
Sonja Wehsely ist für die Kontrollen der Wiener Kindergärten verantwortlich.Die Presse
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Stadträtin Sonja Wehsely (SPÖ) kritisiert den Bericht über muslimische Kindergärten in Wien. Sie fordert mehr Details zu den Vorwürfen und will die Kontrollen verbessern.

Sie haben am Montag das Forschungsprojekt von Ednan Aslan erhalten. Der Bericht wirft muslimischen Kindergärten vor, Parallelgesellschaften aufzubauen.

Dabei handelt es sich lediglich um den Zwischenbericht eines Forschungsprojekts. Wenn man manche Zeitungen gelesen hat, könnte man aber meinen, da gibt es eine Studie, in der alle Kindergärten angeschaut wurden. Darin stehen so arge Ergebnisse, dass man sofort alle Kindergärten schließen muss. Wenn man sich jedoch den Projektbericht ansieht, stellt man fest, es geht um ganz wenige Kindergärten.


Was sind denn Ihre Schlussfolgerungen aus dem Bericht?

Mit Schlüssen tu ich mir schwer, weil ich finde, dass man relativ wenige daraus ziehen kann. Für mich steht darin nichts, bei dem ich sage, das hätte ich mir gar nicht gedacht. Was mich aber überrascht hat, ist die Vorbemerkung in dem Bericht, dass die Untersuchung nur als Vorstudie zu betrachten sei und man eine Studie über drei Jahre brauche, um relevante Schlüsse zur Verbesserung der Situation zu ziehen. Das kann und mag ich nicht glauben. Das muss schneller gehen.


Was in Aslans Bericht steht, überrascht Sie also nicht?

Dass es einen Wunsch nach Segregation gibt, überrascht mich nicht. Man muss nur mit offenen Augen durch die Stadt gehen. Ich bin nicht überrascht, dass es eine ethnische Nähe der Kindergärten zu den Trägervereinen gibt. Auch nicht, dass es Probleme bei der Sprachförderung gibt. Natürlich gibt es die.


Wie geht man denn jetzt weiter vor? Gibt es eine Taskforce, die dem allem nachgeht?

Natürlich. Ich habe den Projektbericht sofort an die MA11 (für die Kontrolle der Kindergärten zuständig, Anm.) weitergeleitet. Minister Sebastian Kurz meinte, aufgrund dieses Projektberichtes müssten sofort Kindergärten in Wien geschlossen werden. Für eine sofortige Schließung der Kindergärten fehlen der MA11 aber die notwendigen Details in dem Bericht.

Wie geht die MA11 in solchen Fällen grundsätzlich vor?
Wenn Mängel festgestellt werden, etwa ein falsches pädagogisches Konzept, nicht ausreichende Ausbildung der Mitarbeiterinnen oder bauliche Mängel, dann gibt es Auflagen, bis wann der Mangel behoben werden muss. Wird das nicht erledigt, werden Maßnahmen gesetzt. Es kommt dann auf den Mangel an, aber wenn wir feststellen, dass das Kindeswohl gefährdet ist, dann wird die Schließung sehr rasch erfolgen.

Im Moment ist das nicht möglich?
Aufgrund des Projektberichtes? Nein. Natürlich stehen da Dinge drinnen, die problematisch sind. Da lese ich zum Beispiel, dass die Erwartung der Eltern an islamische Kindergärten eine Abschottung von der Mehrheitsgesellschaft ist. Das sind Erwartungen an einen Kindergarten in der Stadt, von denen ich nicht will, dass sie irgendjemand hat. Dann muss ich mich aber nicht mit der MA11 auseinandersetzen, sondern auch der Integrationsminister muss sich Gedanken machen, warum solche Erwartungshaltungen überhaupt da sind.


Laut dem Bericht soll es Lehrpläne geben, die „Koranschulen“ ähnlich sind.

Lehrpläne, die jenen von Koranschulen ähnlich sind, gehen nicht. Das ist absolut inakzeptabel und widerspricht auch dem Wiener Kindergartengesetz. Grundsätzlich ist Religion im Bildungsplan nicht vorgesehen, aber auch nicht verboten. Insofern ist es zulässig, über Religion zu informieren, auch religiöse Feste im Kindergarten zu feiern. Was aber in keinem Fall zulässig ist, ist Indoktrination oder Religionsunterricht.


Ist es Unterricht, wenn man mit Kindern religiöse Lieder singt?

Es geht um die Förderung der Kinder, dazu kann auch das spielerische Einbinden von Religion gehören. Unterricht würde Stundeneinteilung bedeuten, auch das Arbeiten mit strafenden Gottesbildern, wie Professor Aslan in dem Bericht schreibt. Das ist schwarze Pädagogik und widerspricht dem Wiener Bildungsplan. Man kann aber nicht sagen, Religion darf im Kindergarten oder in der Schule gar nicht vorkommen. Die Religion muss im Hintergrund stehen, keinesfalls im Vordergrund, weil es darum geht, die Kinder zu fördern, und nicht darum, sie religiös zu erziehen.

Was könnte man tun, um die Kontrollen zu verbessern?

Hundertprozentige Sicherheit wird es nie geben. Ich habe aber bereits veranlasst, das Kindergartengesetz zu prüfen, wo noch Verschärfungen in der Kontrolle möglich sind. Wichtig ist, dass sich die Leute mit Vorwürfen direkt bei uns melden.


Die MA11 hat nur sieben Kontrolleure für alle Kindergärten und Kindergruppen.

Das ist ein Punkt, den ich mir sehr genau ansehen werde. Ich kann mir vorstellen, dass es zu einer Erweiterung kommt.


Ein Kritikpunkt in Aslans Bericht ist die Ausbildung der Kinderbetreuerinnen. Wie will man diese verbessern?

Wir schauen uns die Ausbildung der Kindergruppenbetreuer schon an. Das hat mein Vorgänger, Christian Oxonitsch, in Arbeit gegeben. Nur: Das ist nicht schwarz-weiß. Es gibt auch viele Kindergruppen im Alternativbereich, wo engagierte Eltern mit ihren Freunden für ihre zehn Kinder eine Gruppe machen. Daher kam der Wunsch, keine großen pädagogischen Ausbildungen einzufordern. Es kann keine Rechtsgrundlage geben, die sagt: Wenn jemand an den Islam glaubt, ist die Anforderung an die Ausbildung besonders hoch, aber für die, die gern Vollkorn essen und Birkenstock tragen, gilt das alles nicht.


Manche Kindergärten sind laut Aslan im Hintergrund miteinander vernetzt, auch die Nähe zur konservativen türkischen Milli-Görus-Bewegung wird angeführt.

Gut, aber mir fehlen diesbezüglich einige Quellenangaben und definitiv mehr Details über die Herkunft der Belege. Ich frage mich schon, mit was für einer Ernsthaftigkeit wird das betrieben?


Sie treffen Sebastian Kurz und Ednan Aslan am Donnerstag.

Wir schauen, wie man ein weiterführendes Forschungsprojekt angehen kann. Es muss, wie gesagt, schneller gehen als drei Jahre.


Sie kritisieren den Bericht von Ednan Aslan sehr stark. Haben Sie noch Vertrauen für ein weiterführendes Projekt?

Ich kenne Herrn Aslan nicht persönlich. Da er einen Lehrstuhl an der Universität Wien hat, habe ich aber keinen Grund, an ihm zu zweifeln. Die Stadt Wien kooperiert auch eng mit ihm, weil er im Expertenbeirat unseres Deradikalisierungsnetzwerks sitzt.


Fuat Sanaç, Chef der Islamischen Glaubensgemeinschaft, hat in einem Interview gesagt, dass die Kontrolle islamischer Kindergärten „unmenschlich“ sei.

Das finde ich inakzeptabel. Was soll an Kontrollen unmenschlich sein? Mit der Aussage tut er der Islamischen Glaubensgemeinschaft nichts Gutes.

Warum arbeitet die Stadt Wie bei den Kindergärten nicht mit der Islamischen Glaubensgesellschaft zusammen?
Da spricht aus meiner Sicht auch nichts dagegen. Ich weiß, dass es mit meinem Vorgänger Gespräche gab. Aber da muss die Glaubensgemeinschaft offen sein und nicht sagen: Alles ist super und da brauchen wir gar nicht hinschauen.

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