Markus Figl: Kein Händedruck mit Stenzel

Der neue Bezirksvorsteher der Inneren Stadt, Markus Figl.
Der neue Bezirksvorsteher der Inneren Stadt, Markus Figl.(c) APA/HERBERT PFARRHOFER
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Der neue Bezirksvorsteher der Inneren Stadt ist angelobt. Seine Vorgängerin richtete ihm zwar gute Wünsche aus, doch für mehr war Ursula Stenzel nicht zu haben.

Wien. Geht es nach dem Blitzlicht, hat Ursula Stenzel noch die Nase vorn. Denn als sie an der Seite von Wiens FPÖ-Vizebürgermeister, Johann Gudenus, das Alte Rathaus betritt, stürzen sich die Kameraleute und Fotografen auf sie. Immerhin, sie ist gekommen, was ja vorher nicht ganz so klar war. Schließlich steht die Angelobung von Markus Figl als neuer Bezirksvorsteher der Inneren Stadt an. Jenem Mann, der als ihr Erzfeind gilt.

„Gute Wünsche“ hat Stenzel für ihren Nachfolger, und die Ermahnung, dass man Verbündete finden müsse. „Und der erste Verbündete“, diktiert sie den Reportern in die Mikrofone, „ist der Bürger.“ Figl wiederum begrüßt die Gäste, stellt sich brav vor. „Grüß Gott, Markus Figl!“ Und nimmt dann im Festsaal Platz, um das Prozedere der Wahl abzuwarten. Und natürlich die Abschiedsrede seiner Vorgängerin.

Die dann am Podium vor allem ihren Wegbegleitern dankt, davon spricht, dass es für sie kein Abschied sei, sondern „ein wunderschöner Übergang“. Und sie in ihrer neuen Rolle als Gemeinderätin weiter für die Anliegen der Bürger in der Inneren Stadt kämpfen werde. Edith Piafs „Je ne regrette rien“ zitiert sie, dann Sinatras „I did it my way“. Und verlässt mit feuchten Augen und einem Blumenstrauß den Saal. Das Händeschütteln mit dem Nachfolger bleibt aus. Das war es dann also mit der Ära Stenzel.

Zehn Jahre lang ist sie der Inneren Stadt vorgestanden. Zehn Jahre, in denen sie auf der Bühne der Wiener Kommunalpolitik als die spannendste Figur galt. Johannes Hahn, Christine Marek, Manfred Juraczka – die drei Wiener ÖVP-Chefs während der Ära Stenzel (die kurzzeitig geschäftsführende Gabriele Tamandl sei am Rande erwähnt, den aktuellen Gernot Blümel streift sie nur noch ein wenig) konnten nicht annähernd so viel Strahlkraft aufbringen wie sie. Auch thematisch bleiben vor allem Stenzels Forderungen und Ideen hängen. Mehr Ruhe in der City, weniger „Tingeltangel“, wie sie all die Events bezeichnete. Und all das mit teils skurrilem Aktionismus inszeniert – inklusive Anketten an einen Baum auf der Ringstraße.

Sieg mit großem Verlust

Trotz ihres teils ruppigen Stils galt sie, solange sie Teil der ÖVP war, als Grande Dame der Wiener City. Ein Image, das mit ihrem Wechsel zur FPÖ verloren ging. Nicht nur, weil sie nun noch stärker poltert, sondern auch, weil wohl große Teile der ihr wohlgesinnten bürgerlichen Klientel mit den Freiheitlichen nicht so viel anfangen können. Trotz eines Verlusts von mehr als zwölf Prozentpunkten für die ÖVP konnte Markus Figl den Bezirk noch knapp halten.

Ein wichtiger Sieg für die ÖVP. Umso größer die Freude von Wiens VP-Chef, Gernot Blümel, dass Bürgermeister Michael Häupl ihn gebeten hat, die Angelobung vorzunehmen. Er habe ja auch, erzählt er, bei der JVP in der Inneren Stadt seine politische Karriere gestartet. Und Blümel gehört so wie Figl dem Kreis um Integrationsminister Sebastian Kurz an. Stenzel hat sich ja zuvor per Aussendung Johann Gudenus für die Angelobung gewünscht, doch Häupl kam diesem Wunsch nicht nach.

In Blümels Rede geht es um den Begriff des Bürgers, um Rechte, Pflichten und eine Grundwertehaltung. Mit dem Modell eines Eiffelturms auf dem Rednerpult erinnert er an die jüngsten Anschläge in Paris. Und beschwört dabei, wie wichtig es ist, gewisse Grundprinzipien zu verteidigen. Ein Ball, den Figl in seiner Rede nicht direkt aufnimmt. „Wir dürfen nicht die Kulisse für Touristen werden“, sagt er, „keine Art Disneyland.“ Und mahnt, wie wichtig es ist, dass in einem lebendigen Stadtzentrum viele Menschen zu Hause sein und sich zu Hause fühlen müssen.

Den Stephansplatz werde man sanieren. Den Schwedenplatz neu gestalten. Die Citybusse ausbauen. Und den öffentlichen Raum gestalten: „Ich freue mich auch über freie Plätze.“ Von den Inhalten also nicht weit von dem entfernt, was Ursula Stenzel in ihrer Ära gefordert hat. Nur vielleicht etwas ruhiger und weniger aktionistisch inszeniert. Ein Stil, den er schon zuvor beschrieben hat. Das liege ihm besser als Stenzels Art.

Er sei, sagt er in seiner Rede, ein Familienmensch. Und wolle das bei all der Zeit, die sein neues Amt einfordere, auch bleiben. Selbstbewusst zeigt er sich, aber keineswegs schrill. Als Blümel dem Neo-Bezirksvorsteher am Podium gratuliert, bekommt Figl schließlich dennoch das, was zuvor nur Stenzel vergönnt war: Blitzlicht.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.12.2015)

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