"Überwachung" der Ärzte auch in Pflegeheimen

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arzt(c) Clemens Fabry
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Nach der verpflichtenden Dokumentation ihrer Tätigkeit in zwei Wiener Spitälern durch ein digitales Gerät müssen im Jänner auch die Ärzte in Wiener Pflegewohnheimen ihre Arbeit „lückenlos“ dokumentieren – diesmal mittels Tabelle.

Nun ist es offiziell. Wie „Die Presse“ bereits vergangene Woche berichtete, wird die medizinische Versorgung in Pflegewohnheimen des Wiener Krankenanstaltenverbundes (KAV) stark reduziert. Statt zwei Nachtdiensträdern gibt es ab März nächsten Jahres nur noch einen Arzt, der in der Nacht für alle Patienten zuständig ist. Betroffen von diesen Plänen sind die Pflegewohnhäuser Rudolfsheim-Fünfhaus, Baumgarten, Liesing, Leopoldstadt sowie Simmering – jene größeren Häuser mit mehreren hundert Bewohnern also, die derzeit zwei Ärzte im Nachtdienst haben.

Zudem werden die Ärzte in Pflegeheimen in einem Schreiben von Susanne Drapalik, Direktorin der Teilunternehmung Pflegewohnhäuser des KAV (TU-PWH), angehalten, ihre Überstunden deutlich zu reduzieren. Zuletzt seien pro Einrichtung bis zu 400 Überstunden angefallen. Künftig sollen pro Mediziner höchstens acht Überstunden im Monat erlaubt sein. Darüber hinausgehende Stunden werden nur in Ausnahmefällen, etwa bei Langzeitkrankenständen, bewilligt werden. Scharfe Kritik kam von der Wiener Ärztekammer: Bei einer Reduktion der Nachtdiensträder sei die Wahrscheinlichkeit für Komplikationen deutlich höher. Die logische Folge seien mehr Überstellungen in Spitalsambulanzen – was wiederum den Trend zu mehr Akut- und weniger Pflegebetten verstärken würde.

"Lückenlose Dokumentation"

Wie „Die Presse“ jetzt erfuhr, müssen darüber hinaus im Jänner die Ärzte ab 13 Uhr ihre Tätigkeiten „lückenlos“, wie es in der Anweisung heißt, dokumentieren. Nicht mittels eines digitalen Gerätes, wie es die Ärzte im Krankenhaus Hietzing und im Wilhelminenspital ab Jänner machen müssen („Die Presse“ berichtete), sondern per Formular, auf dem sie Tätigkeiten wie „Gesamtvisite“, „Problemkontrolle“, „Blutabnahme“, „Aufnahme“, „Dokumentation“, „Arztbriefe“, „Organisatorisches“, „Rettung mit Notarzt“, „Krisenintervention“, „Abgängigkeitsanzeige“ etc. dokumentieren können. Als Grund gibt Drapalik in dem Schreiben an, dass es wichtig sei, "dass die TU-PWH für ihre Ärzte den Nachweis des Leistungsumfangs in quantifizierender wie auch qualifizierender Weise vorlegen kann“. Bis 18. Februar müssen die Tabellen abgegeben werden.

Anweisungen wie diese gehörten mit der Belegschaft und Personalvertretung besser abgestimmt, kritisiert Kammerpräsident Thomas Szekeres. Zudem findet er es merkwürdig, dass eine Evaluierung durchgeführt werde, obwohl eine Reduktion der Nachtdiensträder ab März schon feststehe. „Entweder man macht die Entscheidung von der Evaluierung abhängig, oder man verzichtet auf die Evaluierung.“

"Konsequenz steht schon im Vorhinein fest"

Kritik an der Vorgehensweise des KAV übt auch Gernot Rainer, Obmann der Ärztegewerkschaft Asklepios. „Das Vorgehen des KAV zeigt die gesamte Idee der ärztlichen Leistungserfassung seitens der Generaldirektion. Mit der Dienstanweisung zur Nachtdienstreduktion ab März steht die Konsequenz schon im Vorhinein fest“, sagt der Lungenfacharzt. „Die erhobenen Daten sollen als Rechtfertigungsgrundlage dienen. Hier findet keine ergebnisoffene Leistungsevaluierung statt. Eine solche hätte unter Einbindung der Mitarbeiter im Vorfeld geschehen müssen und nicht nachdem schon alles besiegelt ist.“ So plane der KAV die Nachtdienstradkürzungen in den Gemeindespitälern zu rechtfertigen. „Vorhaltekapazitäten an ärztlichem Personal zu stellen um Notfallsituationen bewältigen zu können, fehlen außerdem völlig im Kalkül. Oder sollen wir die Feuerwehr abschaffen, nur weil es nicht ständig brennt?“

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