Nordbahnhof-Areal: Bedrohte Kröte verhindert Baustart

Die Wechselkröte hat sich den Rudolf-Bednar-Park am Nordbahnhofgelände als Lebensraum auserkoren.
Die Wechselkröte hat sich den Rudolf-Bednar-Park am Nordbahnhofgelände als Lebensraum auserkoren.(c) Schauhuber / picturedesk.com
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Am Nordbahnhof sollen insgesamt 10.000 Wohnungen entstehen – für einen Teil davon sind die Detailplanungen fast abgeschlossen. Nun verhindert die bedrohte Wechselkröte, dass der Bau beginnen kann.

Wien. Für den ehemaligen Nordbahnhof im zweiten Wiener Gemeindebezirk gibt es große Pläne: Bis 2025 sollen hier insgesamt bis zu 10.000 Wohnungen und 20.000 Arbeitsplätze entstehen. Das erste Viertel rund um den Rudolf-Bednar-Park ist bereits fertig, jetzt sollte eine zweite Tranche mit 600 Wohnungen folgen.

In näherer Zukunft scheint es aber nichts mit der Bebauung zu werden. Schuld daran ist Bufo viridis – auch als Wechselkröte bekannt. Das Tier steht auf der Roten Liste und hat sich den Rudolf-Bednar-Park am Nordbahnhofgelände als Lebensraum auserkoren. Das rund neun Zentimeter große Tier hat sich nun auch in den künftigen Baufeldern ausgebreitet– die sandigen und erdigen Grundstücke entsprechen seinem Geschmack.

Kröte besetzt Grundstück

„Die MA 22 will jetzt eine Studie zu den Tieren und dass bei Bedarf ein neuer Lebensraum gefunden wird“, sagt Leopoldstadt-Bezirksvorsteher Karlheinz Hora (SPÖ). Vorher könne nicht gebaut werden – er hätte allerdings lieber gestern als morgen begonnen, Wohnraum zu errichten. Jeden Tag würden Bürger bei ihm um leistbare Wohnungen ansuchen – die er nicht bieten kann. Wien wuchs 2014 um knapp 33.000 Personen. Die Statistiken für 2015 liegen noch nicht vor, Experten gehen aber auch aufgrund der Flüchtlingskrise von einem neuen Rekord aus. Hora hofft, dass sich die Kröten-Problematik nicht zu einer ähnlichen Affäre wie jene rund um die bedrohten Ziesel beim Heeresspital in Floridsdorf auswächst. Dort sollen 950 Wohneinheiten realisiert werden – Tierschützer und Bürgerinitiativen verhindern das Projekt seit Jahren. Im zuständigen Ressort der Stadträtin Ulli Sima (SPÖ) weist man darauf hin, dass man die Projektwerber zeitgerecht hingewiesen hätte, dass jegliche Maßnahme am Nordbahnhof einer naturschutzbehördlichen Bewilligung bedürfen. Man sei aber in Gesprächen. Während also der Lebensraum der Kröten am Nordbahnhof erst geplant werden muss, sind die Pläne für den neuen Lebensraum der Menschen bereits weit fortgeschritten. Zwei Drittel des Geländes verkaufte die ÖBB an ein Konsortium von Wiener Städtische, Raiffeisen Evolution und Österreichisches Volkswohnungswerk (das der Erste Bank gehört).

Die ÖBB wurden zuletzt dafür kritisiert, weil der Verkauf ohne Ausschreibung erfolgt ist. Die neuen Besitzer würden nun ihrerseits Bauaufträge an gemeinnützige Wohnbauträger vergeben, „die da dranhängen“, wie Hora das formuliert. So hält etwa die Wiener Städtische über Umwege Anteile an der Sozialbau AG. Weiters ist sie etwa Aktionär bei Porr oder Signa – die ebenfalls am Nordbahnhof aktuell den Bank Austria Campus errichtet, der 2017 fertig sein soll.

Neue Schule, neue Straßenbahn

Entlang der Bruno-Marek-Allee soll ab nächstem Jahr – im Idealfall – neben 600 Wohnungen ein weiterer Bildungscampus mit 48 Klassen für Null- bis 14-Jährige errichtet werden. Insgesamt 1600 Kinder sollen hier nach Vollausbau zur Schule gehen. Das Zentrum des neuen Viertels soll ein Platz mit einer frei stehenden Kirche bilden, die die rumänisch-orthodoxe Kirche im klassischen Stil bauen will. Es soll hier auch ökumenische Räume für alle christlichen Glaubensrichtungen sowie in der Nähe einen Gebetsraum für Muslime geben.

Auch was die Führung der Straßenbahnen betrifft, gibt es jetzt eine Einigung zwischen dem zweiten und 20. Bezirk, mit der nun auch das Ressort von Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou (Grüne) zufrieden ist. Die Linie O soll über Praterstern und Leystraße bis zum Friedrich-Engels-Platz verlängert werden. Die Linie 33 bekommt eine neue Führung vom Wallensteinplatz ins Nordwestbahnviertel – und die neue Linie 36 soll von der Börse über den Wallensteinplatz auf der ehemaligen 33er-Linie bis zum Friedrich-Engels-Platz fahren. Die neuen Stadtentwicklungsgebiete Nord- und Nordwestbahnhof sollen so an die verschiedenen S- und U-Bahnen in den Bezirken angebunden werden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.01.2016)

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