Akademikerball: Neun Festnahmen, 14 leicht verletzte Polizisten

APA/HERBERT P. OCZERET
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Zum vierten Mal in Folge fand der von der FPÖ veranstaltete Ball in der Wiener Hofburg statt – erneut begleitet von Protestaktionen. Pegida-Frontfrau Tatjana Festerling war unter den Ballgästen.

Wien. Mehrere Tausend Teilnehmer haben am Freitag an der Demonstration gegen den „Akademikerball“ in der Wiener Hofburg teilgenommen. Der Polizei zufolge gingen rund 5000 Personen gegen den von der FPÖ organisierten ehemaligen WKR-Ball auf die Straße, die Organisatoren sprachen von mindestens 8000 Teilnehmern. Gröbere Zwischenfälle blieben bis kurz vor Mitternacht aus, der größte Protestzug war kurz vor 20.30 Uhr beendet.

Neun vorläufige Festnahmen

Es kam zu insgesamt neun vorläufigen Festnahmen, gab die Polizei am Samstag auf APA-Anfrage bekannt. Sechs Festnahmen davon erfolgten nach der Strafprozessordnung - etwa wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt oder aufgrund schwerer Sachbeschädigung; drei nach Verwaltungsübertretungen beispielsweise wegen Lärmerregung oder aggressiven Verhaltens gegen Beamte. Alle Festgenommenen wurden nach der Einvernahme auf freiem Fuß angezeigt. 14 Polizisten wurden bei den Protesten leicht verletzt.

Am Samstag wurde weiters bekannt, dass sich unter den Ballgästen auch Tatjana Festerling von der Pegida befand. Festerling hatte zuletzt bei einer Legida-Kundgebung in Leipzig Stimmung gegen muslimische Flüchtlinge gemacht und sie mit Blick auf die Vorkommnisse in der Silvesternacht in Köln pauschal als "Sex-Terroristen" verunglimpft. Gegenüber dem "Standard" erklärte die Dresdner Pegida-Aktivistin, sie sei "zum Vernetzen" in die Hofburg gekommen.

Demo begann um 17 Uhr beim Schottentor

Gegen 17 Uhr hatten sich die Teilnehmer der von der „Offensive gegen Rechts“ ausgerichteten Demonstration vor der Universität beim Schottentor gesammelt. Kurz nach 18 Uhr startete Protestzug seine Route durch die Innenstadt. Einige Polizisten wurden mit Eiern und Bierdosen beworfen, vereinzelt wurden auch Knallkörper gezündet. Zu Beginn der Veranstaltung brannten die Demonstranten zudem ein Feuerwerk ab.

Polizei-"Kessel"

Besonderen Bezug nahmen die Kundgebungs-Teilnehmer auf die Flüchtlingskrise, auf Transparenten war etwa zu lesen „Geflüchtete willkommen! FPÖ vertreiben. Flüchtlinge bleiben“ oder „FPÖ raus, Flüchtlinge rein“. Auch mit Sprechchören machten die Demonstranten auf ihre Anliegen aufmerksam: „Say it loud and say it clear, refugees are welcome here“, schallte es vor der Universität auf der Ringstraße. Die Organisatoren der Demo forderten in ihren Anfangsreden ein Ende des Akademikerballs in der Wiener Hofburg: „Burschenschafter raus aus der Hofburg“, lautete ein Slogan. Später wurde auch das Lied „Schrei nach Liebe“ von den Ärzten angestimmt. Unter besonderer Beobachtung der Exekutive stand eine Gruppe rund 70 vermummten Demo-Teilnehmern. Laut Polizei kam es aber lediglich zu zwei Personenkontrollen und einer Festnahme „wegen aggressiven Verhaltens“. Es sei zu zwei Sachbeschädigungen gekommen, hieß es. Details dazu waren nicht bekannt.

Am Rande der Demonstration wurden auch vereinzelt Sitzblockaden abgehalten.

Im Laufe des Abends hat es dann noch zwei weitere Festnahmen gegeben. Dabei kam es in der Herrengasse auch zur Bildung eines Polizei-"Kessels", bei der zahlreiche Personen längere Zeit festgehalten wurden. Laut Exekutive wurden zuvor in der Nähe Polizisten von zwei Personen attackiert. Die Verdächtigen flohen dann zu einer angemeldeten Kundgebung des Verbandes Sozialistischer StudentInnen (VSStÖ) in der Herrengasse. Aufgrund dessen kam es dann zur Einkreisung der dort anwesenden Personen durch die Polizei, gut 100 Kundgebungsteilnehmer wurden etwa eine Stunde festgehalten. Später wurde der Kessel wieder aufgelöst. Zwei Personen wurden wegen des Verdachts des Widerstandes gegen die Staatsgewalt und der Körperverletzung angezeigt.

Zu Kritik unter den Demonstranten hatte bereits zuvor eine von der Polizei mittels Tretgitter errichtete, rund vier Meter breite Engstelle im Bereich des Stadtparks geführt. Diese Maßnahme verzögere die Demonstration, sagte eine Vertreterin der „Offensive gegen Rechts“. Die Demonstranten wurden dort von der Polizei mit Kameras gefilmt. Gegen 20.30 Uhr erreichte der Protestzug sein Ziel beim Museumsquartier bei der Mariahilfer Straße und wurde offiziell beendet. Danach zogen Demonstranten noch weiter durch die Innenstadt.

"Teil des Weltkulturerbes“

Am Heldenplatz fanden sich unterdessen rund 400 Teilnehmer zur Protestkundgebung der Plattform „Jetzt Zeichen Setzen!“ ein. Ab 19 Uhr wurde dort mit Reden und Musik gegen den Ball demonstriert. Bis zu 2800 Polizisten waren im Einsatz, um Ballbesucher und Demonstranten zu trennen. Bereits ab 16 Uhr war die Umgebung rund um die Hofburg abgesperrt worden, der Verkehr wurde umgeleitet. Beim Ball trafen die ersten Gäste ab 17 Uhr ein, eröffnet wurde er um 21 Uhr. Besucht wurde das Event auch heuer wieder von hochrangigen Vertretern der Freiheitlichen Partei, darunter Parteichef Heinz-Christian Strache, FPÖ-Bundespräsidentschaftskandidat Norbert Hofer, Wiens Vizebürgermeister Johann Gudenus, dem früheren dritten Nationalratspräsidenten Martin Graf sowie Barbara Rosenkranz, bei den Wahlen 2010 FPÖ-Bundespräsidentschaftskandidatin. Strache sagte bei seinem Eintreffen, er habe „kein Verständnis dafür, wenn rot-grüne Organisationen gegen politisch Andersdenkende so vorgehen und eine Tanzveranstaltung versuchen zu verhindern“. In seiner Eröffnungsrede legte er nach: „Die Gegner des Balls stehen auf der Verliererseite. Sie sind undemokratisch. Wir müssen um unsere Bürgerrechte kämpfen. Dieser Ball ist Teil des Weltkulturerbes.“

2012 hatte die Hofburg nach massiven Protesten gegen den Ball – der Kritikern als Vernetzungstreffen der europaweiten rechten Szene gilt – entschieden, die Veranstaltung unter der Schirmherrschaft des Wiener Korporationsring (WKR) nicht mehr zuzulassen. Daraufhin wurde der Ball in „Wiener Akademikerball“ umbenannt und wird seitdem nicht mehr vom WKR, sondern von der Wiener FPÖ ausgerichtet.

"Die Presse"-Livebericht zum Nachlesen:

(ath, cim, red, apa)

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