Jihadisten-Pärchen: „Er ekelt sich vor den Leuten, die im Westen leben“

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Ein Tschetschenien-Flüchtling und seine 17-jährige Freundin wurden als Mitglieder der salafistischen al-Nusra-Front verurteilt. Indes wird auch der Terrorprozess gegen eine junge Schwedin vorbereitet – Start am 18. Februar.

Wien. Ein junges Pärchen – er ein 25-jähriger in Wien lebender Tschetschenien-Flüchtling, sie eine 17-Jährige Wienerin mit türkischen Wurzeln – standen am Montag wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung vor Gericht. Der 25-Jährige, G., soll bereits zwischen 2011 und 2013 in Pakistan für das Terrornetzwerk al-Qaida gekämpft haben. Er bestreitet dies. Letztlich wurden beiden verurteilt.

Das Duo war am 30. April des Vorjahres am Flughafen Schwechat festgenommen worden. Laut Anklage hatten die beiden vorgehabt, sich in Syrien der Terrormiliz al-Nusra-Front anzuschließen. Als treibende Kraft galt der junge Mann, unter dessen Einfluss die Jugendliche begonnen hatte, sich zu verschleiern. Die 22-jährige Schwester der nunmehrigen Angeklagten hatte den Fall ins Rollen gebracht. Sie hatte den Verfassungsschutz eingeschaltet.

Die Tochter als lebende Bombe?

Im Verhandlungssaal erinnerte nun Jugendrichterin Daniela Zwangsleitner an frühere Vernehmungen von G.: „Er sagte uns, er ekelt sich vor den Leuten, die im Westen leben. Zum Beispiel vor Frauen in Miniröcken.“
Der Vater der Mitangeklagten erklärte im Zeugenstand über den jungen Mann: „Ich hatte Angst, dass er sich in Syrien einer Terrororganisation anschließt.“ Um das Wohl seiner eigenen Tochter habe er auch gebangt, so der Vater als Zeuge. „Ich habe gehört, dass in Syrien 15-, 16-jährige Mädchen verkauft werden oder als lebende Bomben benutzt werden.“

G. selber – er sitzt seit seiner Festnahme in U-Haft – sagte der Richterin unter Tränen, die vergangenen Monate seien ihm eine Lehre gewesen. Vor einem Schuldspruch konnte ihn dies aber nicht bewahren: Er wurde zu 22 Monaten Haft verurteilt. Seine Freundin bekam 14 Monate – diese Strafe wurde auf Bewährung nachgesehen. Beide Urteile sind noch nicht rechtskräftig. Bei G. war das Gericht davon überzeugt, dass er vorgehabt habe, sich (gemeinsam mit der 17-Jährigen) der al-Nusra-Front anzuschließen. Die Terror-Kampfeinsätze in Pakistan ließen sich aber nicht nachweisen.

Schwedin lobte Paris-Terror

Ein weiterer Terrorprozess steht dem Straflandesgericht Wien ins Haus: Am 18. Februar beginnt im Großen Schwurgerichtssaal der Prozess gegen die 17-jährige A. Die Jugendliche mit somalischen Wurzeln ist in Schweden geboren, zuletzt wohnte sie in der Stadt Linköping. So wie das verurteilte Pärchen war auch die 17-Jährige kurz vor der Abreise aus Österreich aufgegriffen worden. Dies war am 5. Dezember am Wiener Westbahnhof der Fall – und zwar nach einem telefonischen Hinweis aus der Verwandtschaft der Jugendlichen.

Zuvor war die Schülerin per Bus von Schweden über Dänemark und Deutschland nach Wien gereist. A. wird von dem in Terror-Strafverfahren viel konsultierten Wiener Anwalt Wolfgang Blaschitz vertreten. Dieser stemmt sich nun gegen eine Terroranklage, die da unter anderem lautet: „Die Angeklagte hatte bei dieser Reise den Vorsatz, sich zur Terrorvereinigung IS – Islamic State zu begeben. Sie wusste, dass durch ihre Reisetätigkeit, der der Entschluss voranging, sich zum IS zu begeben und dort weitere Unterstützungshandlungen zu tätigen (etwa kämpferisch, logistisch oder durch psychische Unterstützung der Kämpfer), die Ziele der Terrorvereinigung unterstützt würden.“

Smartphone als Beweisstück

Auch fanden sich Chat-Einträge auf dem Mobiltelefon der Angeklagten. Darin meint diese etwa zu den Pariser Terroranschlägen vom November des Vorjahres mit 130 Todesopfern und zahlreichen zum Teil schwerst Verletzten: „Wenn du für diesen großen Sieg (...) keine Freude empfinden kannst, bist du in deinem Herzen scheinheilig.“ Zudem wurden auf dem Telefon der Angeklagten serienweise Fotos von Gräueltaten des IS, wie zum Beispiel Ermordungen, gefunden.

Die 17-Jährige wird in Wien vor Gericht gestellt, weil Schweden gar keine Auslieferungsbegehren gestellt hatte. Der Vorwurf der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung ist nach österreichischem Recht viel weiter gefasst als in Schweden. Im Klartext: Was der Jugendlichen in Österreich vorgeworfen wird, ist in Schweden nicht strafbar. Indessen hält Anwalt Blaschitz Kontakt mit der Jugendwohlfahrt in Linköping. Sein Ziel: Die Jugendliche möglichst rasch wieder in ihre Heimat zu bringen.

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Der 25-Jährige kämpfte laut Anklage zwischen 2011 und 2013 im afghanisch-pakistanischen Grenzgebiet und wollte im Vorjahr nach Syrien.

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