Flüchtlingsheim Atzgersdorf: Ängste zerstreuen

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Themenbild(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Im März wird ein neues Quartier für 750 Flüchtlinge eröffnet. Im Bezirk herrscht Unbehagen. Bei einer Info-Versammlung sollen die Sorgen der Bürger ausgeräumt werden.

Wien. Auf der einen Seite Gewerbebetriebe, auf der anderen Gemeindebauten, errichtet Anfang der 1960er-Jahre. Und dazwischen liegt das ehemalige Bürogebäude der Firma Compaq, um das derzeit in Wien Liesing die Wogen hochgehen. Denn hier, in der Ziedlergasse im Bezirksteil Atzgersdorf, werden ab März Flüchtlinge untergebracht – 750, so der derzeitige Plan, möglicherweise auch mehr, denn bis zu 1400 Plätze sind möglich.

Im Inneren des Gebäudes sind derzeit die Handwerker tätig: In den Großraumbüros werden Rigips-Wände aufgestellt, die Sanitäranlagen werden renoviert, die Heizung wird wieder aktiviert. Doch die künftige Flüchtlingsunterkunft sorgt für Unbehagen bei so manchen Bewohnern im Bezirk. Vor allem die Freiheitlichen machen gegen das geplante Heim mobil. Liesings FP-Chef, Roman Schmid, glaubt, dass die Polizei die Sicherheit nicht gewähren könne. Auch sei die Infrastruktur – Verkehr, Schulmöglichkeiten, Freizeiteinrichtungen – rund um das Gebäude nicht für eine so große Zahl an Heimbewohnern ausgelegt, meint Schmid.

Und grundsätzlich wundert er sich, warum die Stadt trotz gegenteiliger Beteuerungen weiter solche Großquartiere errichtet. Außerdem: Warum in Liesing? Es gebe ohnehin bereits Wohneinheiten für Flüchtlinge im Bezirk; diese seien aber kleiner und überschaubarer. Daher ein Nein zu dem Projekt in Atzgersdorf.

Petition gegen das Quartier

Mittlerweile hat sich eine Bürgerinitiative gebildet, die Unterschriften sammelt und von der FPÖ unterstützt wird. 5000 Unterschriften gibt es bereits. Auch radikale Flüchtlingsgegner haben sich schon „verewigt“: „Asylrecht abschaffen“ bzw. „Linke + Regierung an den Galgen!!!“ wurde vor einigen Nächten groß an die Hauswände gesprayt. Das war „ein Vandalenakt“, ärgert sich Schmid.

Bezirksvorsteher Gerald Bischof (SPÖ) sieht das polarisierende Thema als „große Herausforderung“ und betont zugleich, dass er „eine politisch konstruktive Lösung“ anstrebe. Zu diesem Zweck sucht er den Dialog mit der Bevölkerung. Vor drei Wochen gab es eine Bezirkssondersitzung zu dem Thema. Der Flüchtlingskoordinator der Stadt, Peter Hacker, stellte sich den Fragen der Bezirksräte.

Und schließlich hat Bischof auch eine große Bürgerversammlung einberufen, die heute, Freitagabend, in Liesing stattfinden wird. Der Andrang zu der Veranstaltung, zu der eine Anmeldung nötig ist, ist groß, ein zweiter Termin ist bereits in Vorbereitung. Dabei werden die wichtigsten Vertreter in dieser Causa auf dem Podium sitzen und Fragen beantworten: Bezirk, Polizei, Fonds Soziales Wien, Johanniter und Samariterbund, denen die Betreuung im künftigen Heim obliegen wird. „Wir müssen richtige Rahmenbedingungen für ein friedliches Nebeneinander definieren“, sagt Bischof.

Im Vorfeld wird daher versucht, Ängste der Bevölkerung zu zerstreuen. So wird etwa definiert, dass es sich nur um eine vorübergehende Unterkunft handelt, die mit Frühling 2017 befristet ist. Eine 24-Stunden-Betreuung soll sichergestellt sein, ein Portier soll installiert werden. Die MA 33 wird evaluieren, ob die Beleuchtungssituation in dem Grätzel am Schnittpunkt von Industrie- und Wohngebiet ausreichend ist. Dem Vernehmen nach gibt es Einigkeit mit dem Stadtschulrat, dass es direkt im Gebäude Räumlichkeiten für schulpflichtige Kinder geben wird, ebenso Räume für Kleinkinderbetreuung. Auf der Homepage des Bezirks soll es ab kommender Woche einen Button geben, wo Bürger ihr Anliegen präzisieren können bzw. wo sie informiert werden, was geplant wurde.

Liesings ÖVP-Chef Paleta betont, dass der Bezirk kein Mitspracherecht habe, ob das Heim gebaut wird oder nicht. „Aber was wir machen können, ist, die Auswirkungen möglichst gering zu halten.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.02.2016)

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