Unerwünschter „Blick fürs Wesentliche“

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Der Umgang des KAV mit Kritik ist beunruhigend.

Man kann in diesem Fall über vieles staunen, am meisten aber wohl über die Ehrlichkeit: Statt, wie sonst in Unternehmen bisweilen üblich, nach möglichen Verfehlungen des unliebsamen Mitarbeiters zu graben, um sich seiner unter Angabe fadenscheiniger Gründe zu entledigen, entschied sich der KAV in der Causa des Asklepios-Chefs Gernot Rainer für die unverblümte Variante: Es mangle ihm an Identifikation mit den „Gesamtinteressen der Stadt Wien“ und jenen seiner Dienststelle.

Nun könnte man die Sache einfach als ein Sittenbild eines Unternehmens im Einflussbereich Wiens (und der SPÖ) lesen: Kritik ist nicht erwünscht, wer aufmuckt, muss gehen. Dass man sich im roten Wien ausgerechnet mit der Gründung einer Gewerkschaft ins Out schießt, entbehrt nicht der Ironie. Dabei ist Rainer nicht einmal als Hardliner bekannt, der Einsparungen und Überstunden um jeden Preis verhindern will. Der KAV selbst attestiert dem Arzt überdurchschnittliche Belastbarkeit, ein „ausgeprägtes analytisches Denkvermögen“ und einen „sicheren Blick für das Wesentliche“.

Spätestens hier sollten angesichts des Umgangs des KAV mit Kritik die Alarmglocken läuten. Schließlich geht es hier nicht ums Image, sondern um Medizin – und damit um das Wohl kranker Menschen.

teresa.schaur@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.02.2016)

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