Nach der Nichtverlängerung des Vertrags von Asklepios-Obmann Gernot Rainer im Otto-Wagner-Spital spricht Arbeitsrechtsexperte Franz Marhold von einer unzulässigen Motivkündigung.
Wien. Lungenfacharzt Gernot Rainer hat nach Einschätzung des Arbeitsrechtsexperten Franz Marhold von der Wirtschaftsuniversität Wien sehr gute Chancen, vor Gericht Diskriminierung geltend zu machen. Denn die Tätigkeit in einer Gewerkschaft dürfe nicht als Grund für die Auflösung eines Dienstverhältnisses angeführt werden. Selbst dann, wenn keine Kündigung vorliege, sondern ein Dienstvertrag aus diesem Grund nicht verlängert werde.
„Die Presse“ hat am Dienstag exklusiv berichtet, dass der mit Ende April auslaufende Vertrag des Gründers und Obmanns der Ärztegewerkschaft Asklepios im Otto-Wagner-Spital nicht verlängert wird, was eine Reihe von Reaktionen zur Folge hatte. Denn die Begründung des Krankenanstaltenverbunds (KAV) lautet, er habe sowohl bei der „Identifikation mit den Gesamtinteressen der Stadt Wien“ als auch mit jenen der Dienststelle eine „ausdrücklich negative Beurteilung“.
Rainer hatte in der Vergangenheit als Gewerkschaftsobmann wiederholt Kritik an Personal- und Leistungsreduktionen durch den KAV geübt.
„Politisch motiviert“
Unterschrieben wurde die Mitarbeiterbeurteilung unter anderem von der ärztlichen Direktorin des Otto-Wagner-Spitals, Barbara Hörnlein, der Ehefrau von Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ). Für Unverständnis sorgte die Entscheidung des KAV vor allem deshalb, weil Rainer ein fachlich ausgezeichnetes Dienstzeugnis bescheinigt wurde und seine Abteilung erst vor zwei Monaten einen Antrag auf 13 zusätzliche ärztliche Dienstposten an den KAV stellte. Rainer hat bereits am Dienstag angekündigt, „diese politisch motivierte Kündigung“ juristisch anzufechten.
„Die Identifikation mit den Gesamtinteressen der Stadt beziehungsweise der Dienststelle ist eine Blankoformel, der KAV müsste definieren, was genau damit gemeint ist“, sagt Marhold. Da er das nicht getan habe, und angesichts der gesamten Umstände und Historie in dieser Causa „liegt der Schluss nahe, dass es sich in diesem Fall um eine unzulässige Motivkündigung handelt. Wegen einer Tätigkeit in einer Gewerkschaft – und Asklepios ist definitiv eine Gewerkschaft – darf niemand diskriminiert werden.“ Somit dürfte es Rainer seiner Meinung nach nicht schwer haben, diese Diskriminierung vor Gericht nachzuweisen. „Denn ein Dienstgeber darf sich zwar auf das Recht eines auslaufenden Vertrags berufen, aber diese Berufung darf nicht diskriminierend sein“, betont Marhold. So dürfe etwa ein Arbeitgeber das Dienstverhältnis mit einer Angestellten im Probemonat jederzeit ohne Angabe von Gründen beenden. „Aber sollte diese Mitarbeiterin schwanger werden, darf die Schwangerschaft nicht als Begründung angeführt werden, den Vertrag aufzulösen oder nicht zu verlängern.“
Wehsely: Kein Kommentar
Gesundheitsstadträtin Sonja Wehsely (SPÖ) war am Dienstag für eine Stellungnahme nicht erreichbar. Sie hat lediglich ausrichten lassen, dass die Entscheidung, ob befristete Dienstverträge im KAV verlängert werden oder nicht, eine Kommission treffe, der Vertreter der Dienstgeber- und Arbeitnehmerseite angehören. Ihr Büro nehme darauf keinen Einfluss und kommentiere diese auch nicht.
KAV-Generaldirektor Udo Janßen wollte die Causa auf Anfrage ebenfalls nicht kommentieren. In einer schriftlichen Stellungnahme hieß es, dass „als Entscheidungsgrundlage neben der fachlichen Qualifikation auch das Verhalten in Hinblick auf das Klima in der Abteilung und im Unternehmen insgesamt beurteilt wurde“. Und im Fall Rainer habe es „aus Sicht der Kommission Umstände gegeben, die der Fortsetzung des befristeten Dienstverhältnisses entgegen standen“.
Der Entscheidung des KAV „nichts beizutragen“ hat Susanne Jonak, Vorsitzende der Hauptgruppe II der für die KAV-Ärzte zuständigen Younion – Die Daseinsgewerkschaft, früher Gewerkschaft der Gemeindebediensteten (GdG). Das sei Sache der Kommission. Innerhalb des KAV gebe es jedes Jahr mehrere Hundert Dienstverträge, die nicht verlängert würden. Und jener von Rainer sei einer davon.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.02.2016)