Wohnbau: Rechtschaos um Besitz am Küniglberg

Die Sozialbau erhielt in den 1960ern das Baurecht am Küniglberg.
Die Sozialbau erhielt in den 1960ern das Baurecht am Küniglberg.(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Die Sozialbau baute Häuser, die von den Bewohnern abbezahlt wurden. Eigentümer sollen sie aber nicht sein. Es wurde prozessiert, und ein Sozialbau-Prokurist wurde neuer Nachbar.

Wien. Am Küniglberg wird oft gestritten – sei es bei TV-Diskussionen (wie erst Donnerstagabend) oder wegen der ORF-Wahl. Aber auch unweit des Rundfunkgebäudes tobt in Hietzing ein Streit in einer Siedlung zwischen Pacassistraße und Küniglberggasse. Der Grund gehört der Stadt, das Baurecht wurde in den 1960ern bis 2040 an die Sozialbau vergeben. Das ist grundbücherlich verbrieft. Auf dem Grundstück wurden zehn Doppelhaushälften errichtet – und wem diese wiederum gehören, genau darum drehen sich die Meinungsverschiedenheiten.

Die Errichtung der Häuser wurde laut Angaben von Bewohnern selbst in mehreren größeren Summen bezahlt – auch die Wohnbauförderung ist längst getilgt. Von Anfang an sei die Rede davon gewesen, dass die Häuser mit dem Baurecht nach Schuldentilgung auf die Bewohner übergehen würden. Sie beziehen sich in ihrer Argumentation auf den in den 60er-Jahren abgeschlossenen Ursprungsvertrag. Dort findet sich folgende Formulierung: „Es ist vorgesehen, das Eigentum jeder einzelnen Baurechtseinlage je zu einer ideellen Hälfte auf die Inhaber der beiden darauf errichteten Einfamilienhäuser zu übertragen.“

Weiters seien die Häuser immer wie Eigentum behandelt worden, zumindest wenn es um Erhaltungspflichten ging: So wurden etwa Dachsanierungen selbst bezahlt oder ein neuer Kanal auf eigene Kosten gegraben. Die große Überraschung, dass die Sozialbau, an der die SPÖ Anteile hält, das offensichtlich anders sieht, kam spätestens dann, als die ersten ursprünglichen Bewohner älter wurden und verstarben. Die Nachfahren wurden nicht als Erben anerkannt und konnten auch nicht ohne Weiteres in die Verträge eintreten.

Streitereien vor Gericht

Darauf startete eine Reihe von Klagen um Wohnrecht und Eigentumsverhältnisse – die teilweise gewonnen, teilweise verloren und trotz ähnlichen Sachverhalts unterschiedlich entschieden wurden. Die Bewohner denken über neue Klagen nach. Ein Haus fiel nach dem Tod einer Frau an die Sozialbau zurück, die dieses daraufhin neu vermietete. Der neue Mieter heißt Martin Keineder und ist heute Prokurist der Sozialbau. Warum ausgerechnet Keineder das idyllische Einfamilienhaus am Küniglberg bekam, ob die lange Vormerkliste der Sozialbau berücksichtigt wurde, als das Haus frei wurde – und ob er das vom Gesetz verlangte dringende Wohnbedürfnis nachgewiesen hat, sind Fragen, die offenbleiben müssen. Die mehrfachen Anfragen der „Presse“ an die Sozialbau mit der Bitte um ein Gespräch blieben unbeantwortet. Abgesehen von der Frage, warum ausgerechnet der jetzige Prokurist der Sozialbau nun dort wohnt, zeigt der Fall am Küniglberg aber vor allem eines: wie rechtlich schwierig und komplex die Vergabe von Baurecht und die Errichtung von sogenannten Superädifikaten sein kann.

Das ist vor allem auch deswegen interessant, weil die Grünen Gründe der Stadt künftig nicht mehr verkaufen, sondern nur noch Baurechte vergeben wollen. „Es gibt mit allen diesen Dingen immer wieder Probleme, weil das grundbücherliche Eigentumsrecht nicht so klar geregelt ist“, sagt Nikolaus Vasak, Jurist für Immobilienrecht, der Reformbedarf sieht. Auch Treuhänder hätten darum immer wieder ihre liebe Not. Weiters sei ein gewisses Spannungsverhältnis einfach programmiert, wenn Grundbesitzer, Baurechtsinhaber und dann womöglich noch eine dritte Partei auf ein und demselben Grundstück involviert sind. Dazu kann ein Baurecht auf höchstens 100 Jahre vergeben werden. „Aber auch die sind irgendwann vorbei, und spätestens dann fangen meist die Meinungsverschiedenheiten an“, sagt Vasak.

Was die Pläne der Grünen betrifft, ist die SPÖ auch nicht ihrer Meinung: „Wir wollen weiterhin einzelne Grundstücke verkaufen, weil wir ja andere ankaufen wollen und dafür Geld brauchen“, heißt es aus dem Büro von Wohnbaustadtrat Michael Ludwig. Für Verkäufe ist die Zustimmung des Koalitionspartners im Gemeinderat nötig.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.04.2016)

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