"Hatzerl" auf der Höhenstraße

Motorradrennen auf der Hoehenstrasze, Wien XIX
Motorradrennen auf der Hoehenstrasze, Wien XIXHarry Weber/ÖNB-Bildarchiv/picturedesk.com
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Die Wiener Höhenstraße ist seit je bei Autofahrern beliebt, Ausflugsziel für Familien, nächtlicher Treff für Junge – und müsste dringend saniert werden. Eine Spurensuche.

Auf der Wiener Höhenstraße wurde in den vergangenen Wochen ein Krimi gedreht: Nicholas Ofczarek und Raimund Wallisch spielen darin falsche Polizisten, die auf der Panoramastraße ihr Unwesen treiben. Die Dreharbeiten wurden diese Woche abgeschlossen, ausgestrahlt wird der TV-Krimi „Höhenstraße“ zum Jahreswechsel.

Im Zuge dieser Filmdrehs wurde auch immer wieder über den Charakter der Höhenstraße diskutiert. Ist sie eine Ausflugsstraße, Autopiste, Lokalmeile? Regisseur David Schalko erinnert sich bei der Pressekonferenz über den Krimi, dass sich hier früher „viel Jugendleben“ abgespielt habe. Und Schalko weiter: „Das ist eine Straße, zu der jeder eine Assoziation hat: vom kiffend Fahren bis zu Sex im Auto.“

Eine Darstellung, die Döblings VP-Bezirkschef Adi Tiller so nicht gelten lassen will. Die Höhenstraße sei eine Panoramastraße mit wunderbarem Blick auf Wien und guten Ausflugslokalen. Und ja, hin und wieder würden wohl Autofahrer etwas auf das Gas steigen. Das war übrigens dort schon in den 1950er-Jahren so: Da gab es bereits zahlreiche Auto- und Motorradrennen.

Frost hebelt Pflastersteine aus

Doch heute stoßen die beliebten „Hatzerln“ auf andere, reale Probleme, nämlich den schlechten Zustand der Straße. Besonders in den Kurven, so erzählt Tiller, legten sich Pflastersteine quer. In strengen Wintern rinnt Wasser in die Ritzen, gefriert und hebelt Steine aus. Eine Sanierung wird seit Jahren angepeilt, scheitert aber am Bundesdenkmalamt (BDA). Denn dieses will die Höhenstraße auf einer Länge von elf Kilometern unter Schutz stellen und damit das kleinteilige Granitsteinpflaster, das in der Zwischenkriegszeit weitgehend in Handarbeit verlegt wurde, erhalten.

Der Stadt, konkret der MA 28, sind die dafür kolportierten Sanierungskosten von 30 Mio. Euro zu hoch, zu asphaltieren wäre billiger. Daher hat sie den Fall vor das Bundesverwaltungsgericht gebracht, doch eine Entscheidung lässt auf sich warten. Bezirkschef Tiller kann sich darüber ziemlich ärgern, vor allem über das BDA: „Was das kostet! 30 Millionen Euro – und das nur, damit die in der Säulenstiege eine Freude haben. (Die BDA-Adresse lautet 1010 Wien, Hofburg, Säulenstiege, Anm.).“

Für einen Kompromiss spricht sich Gerhard Heilingbrunner, Chef des Restaurants Oktagon am Himmel und Präsident des Kuratorium Wald, aus. In Teilbereichen solle die Pflasterung beibehalten werden. Aber eine Sanierung sei dringend nötig, denn die Straße sei desolat, das Bankett bröckle. Keine Metropole habe eine vergleichbare Prachtstraße mit einem solchen Panorama. Aber in Wien verfalle sie, obwohl sie immer mehr zu einem Ausflugsgebiet für Familien werde, sagt Heilingbrunner.

Er appelliert deshalb an die Stadt, einen „Masterplan Höhenstraße“ mit neuen Ideen zu konzipieren. Etwa: deutliche Verbesserung der Anbindung an den öffentlichen Verkehr. Die Busverbindungen seien derzeit nämlich sehr schlecht. Außerdem kann er sich mehr Fahrradwege mit Erlebnisstationen oder E-Bike-Strecken vorstellen.

Ein anderes Höhenstraßen-Kapitel ist die Gastronomie. Abgesehen von dem Hotel am Kahlenberg gibt es entlang der Höhenstraße fast durchgehend Ausflugslokale, die stark vom Wetter abhängig sind – und deren Konzept sich über die Jahre nur minimal geändert hat: Urig, gemütlich soll es sein, mit wenigen Neuerungen.

Gastro-Klassiker mit Problemen

Manche kämpfen um ihre Zukunft. Etwa das Fischerhaus, über Jahre ein Prominententreff, das heute noch ein gutes Gastro-Angebot hat. Ja, es gebe ein Insolvenzverfahren, sagt Betreiber Stephan Blaschko. Aber das sei gegen ihn persönlich wegen kleinerer offener Beträge angestrengt worden. Das Lokal sei davon nicht betroffen, „und es ist auch weiterhin offen.“

Auch bei einem anderen Gastro-Klassiker an der Höhenstraße mit schönem Blick auf die Stadt, dem Cobenzl Caférestaurant, sind derzeit Juristen aktiv. Vor dreieinhalb Jahren hat die Stadt Wien den Pachtvertrag Olaf Auers, des Altpächters, gekündigt. Aber dieser wehrt sich: 18 Klagen von Magistratsabteilungen seien gegen ihn eingestellt worden, sagt er. Die letzte Räumungsklage im Jänner hat jedoch die Stadt gewonnen, aber dagegen hat Auer berufen. „Das Lokal ist weiter offen, jeden Tag“, sagt der Cobenzl-Chef.

Aber warum der Streit? Er habe vor 35 Jahren viel Geld in eine abgebrannte Ruine investiert, sagt Auer. Staatsgäste seien hier gewesen, Bürgermeister Häupl habe da geheiratet – und es gebe einen unbefristeten Pachtvertrag. Dass es ein Ausflugslokal im Stil früherer Jahre ist, dürfe doch nicht stören.

Offenbar doch. Denn die Begründung der Stadt lautet: Das Lokal sei in den Achtzigerjahren stecken geblieben, eine Modernisierung sei mit dem derzeitigen Pächter nicht möglich. Wie ein „zeitgemäßer Gastronomiebetrieb“ an der Höhenstraße aussehen soll, kann freilich niemand so genau sagen.

Fakten

14,99Kilometer ist die Höhenstraße im Westen Wiens lang – und ist damit die längste Straße in der Hauptstadt. Sie beginnt nahe der Marswiese und führt über den Cobenzl und den Kahlenberg zum Leopoldsberg.

1935Am 16. Oktober 1935
wurde der erste Abschnitt – vom Cobenzl zum Leopoldsberg – eröffnet. 1939 fand das erste Autorennen statt. 1940 wurde ein Teilstück nach Klosterneuburg errichtet.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.05.2016)

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