Verwaltung: Wien will zehn Prozent einsparen

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Rathaus(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Bevölkerungswachstum, Arbeitslosigkeit: Die Ausgaben der Stadt steigen. Bis Ende Mai müssen die Magistratsabteilungen darlegen, wie und wo sie sparen wollen.

Wien. Wie reich oder – eher – wie arm ist Wien? In den nächsten Wochen weiß man es wieder etwas genauer: Am 27. Juni wird der Rechnungsabschluss für 2015 im Gemeinderat diskutiert. Schon der Voranschlag für das Stadtbudget sah neue Schulden in der Höhe von 742 Mio. Euro vor. Doch es werden wohl noch ein paar dazugekommen sein.

Zugegeben, die Ausgangslage war nicht einfach: Die Arbeitslosigkeit ist hoch, die Wirtschaft wächst wenig, die Stadt dafür stark (im Vorjahr um 43.000 Menschen). Und sollten die umliegenden Bundesländer den Zugang zur Mindestsicherung verschärfen, bedeutet das für Wien weiteren Zuzug – vor allem von Flüchtlingen. Der Fonds Soziales Wien, der die Betreuung der Flüchtlinge koordiniert, musste sein Budget für 2015 und 2016 bereits um 133,7 Millionen Euro aufstocken lassen.

700 Vorschläge

Auch für das laufende Jahr 2016 ist keine finanzielle Trendwende in Sicht, die Lage spitzt sich eher weiter zu. Es stehen teure Großprojekte (Spital Wien Nord) und Umgestaltungen (Schwedenplatz etc.) an. Dazu kommt, dass für 2016 eigentlich ein strukturelles Nulldefizit vorgesehen ist, also ein um Konjunkturschwankungen und Einmaleffekte bereinigtes Defizit. In anderen Worten: Wien muss sparen, und zwar dringend.

Bereits vor einigen Wochen – „Die Presse“ berichtete – hat Finanzstadträtin Renate Brauner (SPÖ) deshalb die Wiener Struktur- und Aufgabenreform (kurz: WiSta) angekündigt. Alle Magistratsabteilungen wurden aufgefordert, sich zu überlegen, wo sie wie sparen können. Bis Ende Mai, also bis nächste Woche, müssen die Ideen auf dem Tisch liegen. Inzwischen sind auch ein paar Details zum Sparplan bekannt – vor allem das Ziel: nämlich immerhin minus zehn Prozent. Wobei man die zehn Prozent als „einen Daumen-mal-Pi-Wert“ verstehen müsse und nicht als eine fixe Vorgabe, so eine Sprecherin der Magistratsdirektion. Immerhin seien die Abteilungen und deren Finanzsituation dafür viel zu unterschiedlich. Fix eingeplante Kosten (Pensionen, Landeslehrergehälter etc.) werden übrigens aus der Rechnung gänzlich ausgeklammert.

Bis dato sind bei der Magistratsdirektion etwa 700 Vorschläge eingelangt. Diese werden in den nächsten Wochen gesichtet und gesiebt. Ende Juni sollen die politischen Verantwortlichen dann die Auslese bewerten. Und im Hinblick auf das Budget 2016 werden sie ein Auge darauf haben, dass darunter Ideen sind, die schnell greifen.

Billigere Stadtstraße

Wobei einzelne Maßnahmen schon fix scheinen. Christoph Chorherr, Planungssprecher der Grünen, kann bereits ein Projekt nennen, wo man im Stadtplanungsressort sparen kann und will: So soll die Stadtstraße im 22. Bezirk günstiger und „stadtverträglicher“ gestaltet werden. Freilich, so sein Nachsatz, hätte man dies auch ohne die Aufforderung aus der Magistratsdirektion getan. Prinzipiell findet Chorherr den Sparappell aber richtig: „Gerade eine rot-grüne Regierung, die staatliches Handeln wichtig findet, ist gut beraten, immer wieder zu überprüfen, ob Kosteneffizienz gegeben ist. Und da gibt es ohne Zweifel in allen Bereichen in Wien deutliche Verbesserungsmöglichkeiten.“ Doch das sieht man nicht in allen Abteilungen so. Offenbar klopfen einige Abteilungsleiter vorsichtig bei der Gewerkschaft an, um zu sehen, was diese zu Personalreduktionen sagen würden – bei gleichzeitiger Betonung, dass man das Sparziel sonst kaum erreichen kann. Wobei dies vonseiten der Magistratsdirektion so nicht vorgesehen ist. Im Gegenteil. Kündigungen seien wie die Privatisierung von Daseinsvorsorge explizit tabu. Das gilt allerdings nicht für die Nichtnachbesetzung von Posten.

Nach „Presse“-Informationen könnte es auch zu einer De-facto-Streichung von Überstunden in nahezu allen Magistratsabteilungen kommen. So ein Vorgehen ist bereits aus dem Krankenanstaltenverbund bekannt: Überstunden müssen dort zwingend genehmigt werden, gleichzeitig wurde dazu aufgefordert, nach Möglichkeit genau das zu unterlassen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.05.2016)

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