Wien will die Vergnügungssteuer abschaffen

Disco ONE Esslingen LEXY & K PAUL am Elektronischer Pfingstsonntag ESSLINGEN In der Nacht zum Pfin
Disco ONE Esslingen LEXY & K PAUL am Elektronischer Pfingstsonntag ESSLINGEN In der Nacht zum Pfinimago/7aktuell
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Wien soll das erste Bundesland sein, das die Lustbarkeitsabgabe streicht – und würde damit einer zentralen Forderung der Wirtschaft nachkommen. Mit dem Spielautomatenverbot sind die Einnahmen massiv gesunken.

Wien. Fast nichts im Leben ist gratis – auch das Vergnügen nicht. Und so wird in Österreich etwa für Vorführungen von Telepathie, für Dartanlagen oder bei Tanzveranstaltungen eine sogenannte Lustbarkeitsabgabe – auch als Vergnügungssteuer bekannt – eingehoben.

Wien könnte nun das erste Bundesland sein, das diese Vergnügungssteuer ersatzlos abschafft. Das verhandelt die rot-grüne Regierung gerade in den Ausschüssen. „Ich finde es völlig unsinnig, Vergnügen zu besteuern“, sagt dazu der grüne Wirtschaftssprecher, Peter Kraus, und spricht sich für eine Abschaffung derselbigen aus. „Es handelt sich nicht nur um eine finanzielle, sondern vor allem um eine bürokratische Erschwernis für kleine Wirtschaftstreibende“, sagt Kraus.

Als Beispiel nennt er die Tanzsteuer: Für alle Lokale, die mehr als 200 Menschen fassen, wird diese Steuer schlagend. Fast jedes Lokal in den Gürtelbögen ist etwa davon betroffen. In jenen Lokalen, die Eintritt verlangen, werden 15 Prozent vom Eintrittskartenpreis eingehoben – und zwar unabhängig davon, ob Gewinne oder Verluste gemacht wurden. Dazu müssen die Eintrittskarten dem Magistrat vorgelegt werden, diese werden dann amtlich gekennzeichnet.

Wer keinen Eintritt verlangt, wird nach Quadratmeterzahl mit einer Pauschale eingestuft. Tanzsteuer muss übrigens nicht nur zahlen, wer offiziell eine Veranstaltung ankündigt – es reicht tatsächlich, wenn Gäste zur Musik tanzen.

„Das ist gerade für die in Wien in den letzten Jahren entstehende Clubkultur mehr als lästig“, sagt Kraus.

Einnahmen gesunken

Im Büro der zuständigen Wirtschaftsstadträtin, Renate Brauner (SPÖ), gibt man sich noch bedeckt. Man wolle zuerst, wie im Koalitionsabkommen vereinbart, alle Gebühren, Steuern und Abgaben der Stadt im Paket prüfen und darum noch keine Einzelforderungen öffentlich diskutieren. Im Koalitionspapier wurde vereinbart, Steuern unternehmerfreundlicher gestalten zu wollen – eine erste Bilanz der Verhandlungen wird noch vor der Sommerpause erwartet.

Auch wenn man sich dazu also noch nicht offiziell äußern will: Aus Verhandlerkreisen ist zu hören, dass die SPÖ der Abschaffung durchaus etwas abgewinnen könne.

Ein Grund dafür ist wohl auch, dass mit dem Verbot des Kleinen Glücksspiels mit Ende 2014 der Löwenanteil der Vergnügungssteuer weggefallen ist. Während 2014 noch 52,2 Millionen Euro durch die Lustbarkeitsabgabe eingehoben wurden, waren es 2015 nur noch 7,9 Millionen Euro. Davon wurde der größte Brocken von 5,6 Millionen Euro mit Publikumstanz eingenommen. Der Videoverleih brachte 199.000 Euro, Filmvorführungen brachten 92.000 Euro und Peepshows 159.000 Euro. Für Ausstellungen wurden 307.000 Euro eingenommen, sportliche Wettkämpfe brachten 333.000 Euro, Spiel- und Musikautomaten 310.000 Euro.

„Der Verwaltungsaufwand für diese Summen kostet quasi mehr, als die Einnahmen bringen“, sagt Kraus. Das bestätigte zuletzt auch der Wiener Stadtrechnungshof. „Das ist für alle nur mehr mühsam“, sagt Kraus.

Forderung der Wirtschaft

Mit einer Abschaffung würde die Stadt vielen kleinen Event-Veranstaltern und der Wirtschaft wohl eine große Freude machen. Denn die Streichung der Abgabe wird von Vertretern der Wirtschaft seit Jahren immer wieder gefordert.

Erst Ende Mai brachte der Wirtschaftsbund im Wirtschaftparlament einen Antrag zur Abschaffung ein. Dieser wurde von allen Fraktionen angenommen. Die Wirtschaftskammer Wien sprach sich somit einstimmig für die ersatzlose Streichung aus.

Die Vergnügungssteuer ist keine Bundes-, sondern eine Länderabgabe. Sowohl Definition wie Festlegung des Steuersatzes liegen wiederum in der Entscheidungskompetenz der Gemeinden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.06.2016)

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