Ursula Stenzel: Rechter Rand? „Viel Platz in der FPÖ“

Strache verschafft Stenzel einen Karrieresprung als FPÖ-Stadträtin.
Strache verschafft Stenzel einen Karrieresprung als FPÖ-Stadträtin. Gioia Zloczower / Die Presse
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Die verhinderte FPÖ-Präsidentschaftskandidatin steigt zur Stadträtin auf. In der FPÖ sieht sie Platz für Identitäre und AfD-Anhänger, die Burka sei „wie ein Parteiabzeichen“.

Die Presse: Ist Ihr Aufstieg zur FPÖ-Stadträtin die Entschädigung, weil Sie Norbert Hofer den Vortritt bei der Bundespräsidentenwahl lassen mussten?

Ursula Stenzel: Nein. Heinz-Christian Strache wollte nach der Wien-Wahl einen Stadtratsposten für mich. Bürgermeister Michael Häupl hat es aber vorgezogen, die Zahl der Stadträte gleich zu lassen und dem Herrn Blümel (ÖVP-Wien-Chef, Anm.) den Posten zu geben.


Eine Aktion gegen die FPÖ?

Eine gezielte Aktion gegen die FPÖ. Aber ich bin nicht nachtragend. Und ich war auch Herrn Hofer nicht böse. Wenn die FPÖ geglaubt hätte, dass ich mehr Chancen gehabt hätte . . .


. . . hätten Sie mehr Chancen als Hofer gehabt?

Das ist eine völlig hypothetische Frage. Ich glaube, Hofer hat Van der Bellen besiegt. Er hat einen tollen Job gemacht. Warten wir auf den Verfassungsgerichtshof.


Glauben Sie, die Stichwahl wird aufgehoben?

Ja, das ist alles unglaublich. Ich bin mit einem afrikanischen Taxifahrer hierhergefahren, der mich gefragt hat: „Glauben Sie, es wird wiederholt?“ Ich hab' ihm gesagt: „Das war bisher in Bananenrepubliken üblich, nicht in Österreich.“ Worauf er gesagt hat: „Wenn das bei uns in Afrika ist, aber in Österreich . . .“


Glauben Sie an Manipulation?

Das wäre durchaus denkbar.


Eine Manipulation, die das Wahlergebnis beeinflusst hat?

Wenn manipuliert wurde, kann man davon ausgehen.

Sie haben auf Facebook gepostet: „Höre Frühstück bei Stöckl mit Norbert Hofer auf Ö3. Frequenz ist kaum zu finden. Hoffe, dass keine Absicht dahinter steckt, Sendung mit Hofer zuzudecken. Das wäre wie im Kalten Krieg!“ – Das war nicht Ihr Ernst, oder?

In diesem Moment war das absolut ernst. Sie können nicht ausschließen, dass mit allen Mitteln gekämpft wird. Das ist keine Unterstellung, keine Hysterie, aber die Stimmung im Land, dass gerade bei Norbert Hofers Sendung . . .


Vermuten Sie eine gezielte, bewusste politische Störaktion?

Nein, aber ich habe die Erfahrung gemacht, dass oft mit allen Mitteln gegen die FPÖ gearbeitet wird. Es kann nicht sein, dass man die Sendung mit Hofer nicht hereinbekommt. Alle anderen Parteien haben nur einen Minimalkonsens. Und der ist, die FPÖ abzuwehren. Das ist für eine Demokratie falsch.


Sind Sie deshalb von der ÖVP zur FPÖ gewechselt?

Ich wollte das durchbrechen und Brücken schlagen. Warum gibt es keine sachliche Zusammenarbeit mit einer Partei, die so viele Stimmen hat, mit der viele SP-Funktionäre zusammenarbeiten wollen?


Unter Gernot Blümel ist die Wiener ÖVP nach rechts gerückt und angriffiger als die FPÖ. Haben Sie die ÖVP zu früh verlassen?

Ich habe gewechselt, weil die FPÖ das bessere politische Angebot hat, angesichts aller Probleme. Sei es die Migration, die Anreize für illegale Migration wie die Mindestsicherung und so weiter. Ich habe Frontex besucht. Sie ist zu einer Schlepper-Helfer-Organisation degradiert.


Auch die FPÖ kann nichts gegen die Migrantenströme machen.

Die FPÖ erkennt die Probleme, die anderen nicht. Außenminister Sebastian Kurz ist ein Jahr zu spät.


Norbert Hofer will mit den Identitären nichts zu tun haben, Strache schon. Wo stehen Sie – nach den Ausschreitungen bei der Demo vor wenigen Tagen?

Ich bin dagegen, politische Konflikte auf der Straße auszutragen. Das wird von Extremisten missbraucht, sowohl von der linken als auch der rechten Seite.


Gehören die Identitären für Sie zur extremen rechten Seite?

Nein, ich würde mit Etiketten vorsichtig sein. Es ist am rechten Rand ein Spektrum, die FPÖ hat sich von diesen Sachen distanziert. Aber ich sage: Sehr viele von denen könnten durchaus einen Platz in einer freiheitlichen Partei haben – da spreche ich nicht von Rechtsextremen. Auch die AfD, auch die Identitären. Ich stelle sie nicht in das Eck mit neonazistischen Attentätern, die auch aus Amerika kommen.


Sie sagen trotzdem, die FPÖ sei in die Mitte gerückt. Woran machen Sie das fest?

An der Wählerzahl und der politischen Ausrichtung durch Strache, Gudenus und jene, die die Partei nun tragen: Null Toleranz für Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus, ein ehrliches Bemühen um Israel und die Kultusgemeinde.


Sie haben einen Facebook-Beitrag geteilt, dass in Bayern ein Burkaverbot gefordert wird.

Warum nicht? Ich war in diesen Ländern. Ich weiß, dass die Frauen froh waren, auch in Afghanistan, als sie nach dem Sturz der Taliban die Burka loswurden. Warum muss ich sie hier ständig wie ein Parteiabzeichen demonstrativ vor mir hertragen? Das hat mit Religion wenig zu tun.


Als bekannteste Bezirksvorsteherin Österreichs erklärten Sie, sie wären der Stachel im roten Fleisch. Nun haben Sie einen prestigeträchtigen Proporzjob, aber weniger Macht als früher.

Ich werde die neue Aufgabe so wahrnehmen, als wäre ich amtsführend – mit Schwerpunkten beim kulturellen Erbe der Stadt und der Kulturpolitik: Wo wird Geld verschleudert? Wo werden rote Vorfeldorganisationen bedient? Ich werde das Amt ausreizen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24. Juni 2016)

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