Gemeinderatsdebatte: Wenn die Lichter in Wien ausgehen

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Wiens Schuldenstand hat sich im Vorjahr gegenüber dem Voranschlag verdoppelt. Die Opposition übt fundamentale Kritik an Rot-Grün.

Wien. Dunkel sieht sie aus, die Zukunft Wiens. Zumindest wenn man dem Wiener ÖVP-Chef Gernot Blümel Glauben schenkt. Der meinte gestern, Montag, bei der Debatte über den Rechnungsabschluss 2015: „Die Schulden dieser Stadt fressen unsere Zukunft auf. Wenn wir es zulassen, dass hier so weitergemacht wird, dann wird der Tag kommen, in dem in Wien die Lichter ausgehen.“

Mit dieser Politik mache sich Rot-Grün schuldig – „am Aufkommen der Populisten, am Niedergang unserer Stadt, gegenüber jenen, die hart arbeiten und Steuern zahlen, und schuldig gegenüber der nächsten Generation“. Der Rechnungsabschluss sei „die vernichtende Bankrotterklärung“ der rot-grünen Stadtregierung, meinte Blümel.

Ähnlich hart gingen FPÖ und Neos mit Finanzstadträtin Renate Brauner (SPÖ) ins Gericht. „Wenn man sich die Zahlen anschaut, kann man nur schockiert sein“, erklärte FPÖ-Vizebürgermeister Johann Gudenus. Es brauche jemanden mit Weitblick, Brauner hingegen habe in den letzten Jahren bewiesen, dass sie diesen nicht habe. Und er fügte eine Forderung hinzu: „Mindestsicherung für alle, damit muss Schluss sein.“ Die nicht enden wollende Aufnahme von Wirtschaftsflüchtlingen, das Ausdünnen des Mittelstands und immer neues Schuldenmachen werde Wien in den Ruin treiben. Mehr als zehn Jahre Rot-Grün seien für Wien nicht zumutbar, sagte Gudenus.

„Ihnen geht der Reis“

Neos-Klubobfrau Beate Meinl-Reisinger warf Brauner vor, über Jahre den Kopf in den Sand gesteckt zu haben. „Wir sind nicht in der Krise, und trotzdem schaffen Sie es nicht, den Haushalt zu konsolidieren.“ Nun würden in einer „Panikreaktion“ 800 Beamte der Stadtwerke in Frühpension geschickt. „Ihnen geht der Reis, weil die Schulden davongaloppieren“, so die Klubchefin. Positiv bewertete sie Schritte in Richtung mehr Transparenz, was Jahresabschluss und die Subventionsberichte angehe. Dies sei anzuerkennen, gehe aber nicht weit genug, so Meinl-Reisinger.

Der Rechnungsabschluss sieht für 2015 Einnahmen bzw. Ausgaben in Höhe von 13,081 Mrd. Euro vor. Die Schulden der Bundeshauptstadt sind weiter angewachsen – um 528 Mio. auf 5,422 Mrd. Euro. Und haben sich gegenüber dem Voranschlag verdoppelt.

Herausforderung Flüchtlinge

Finanzstadträtin Brauner verteidigte den Rechnungsabschluss. 2015 sei ein Jahr großer Herausforderungen gewesen. Sie nannte den Flüchtlingsstrom und das Wachstum der Stadt um 43.000Menschen. Als weitere Schwerpunkte führte sie unter anderem Schulrenovierungen und den Bau von Kindergärten an. Außerdem gelte es weiter, gegen die Krise „anzuhalten“. Brauner wies darauf hin, dass auch der Internationale Währungsfonds (IWF) seine Position zur „reinen Austerität“ relativiert habe. Wien halte die Verschuldung „in einem maßvollen Rahmen“, betonte Brauner. So liege Wien bei der Pro-Kopf-Verschuldung im unteren Drittel aller Länder und Gemeinden. Brauner: „Selbstverständlich wäre es mir lieber, wenn die Wirtschaft wieder wachsen würde. Solange das nicht so ist, stehe ich zu unserem Kurs des Sparens und Investierens.“

Darüber hinaus verteidigte die Finanzstadträtin die Mindestsicherung zur Bekämpfung von Armut. Der Ungleichheit zwischen Reich und Arm müsse „entschieden entgegengetreten“ werden. Rückendeckung erhielt sie vom grünen Klubchef, David Ellensohn: „Ja, es kostet Geld, Hunderttausenden zu helfen.“ Abgesehen davon, dass Hilfe selbstverständlich sein müsse, sei Unterstützung von Flüchtenden und deren Integration auf lange Sicht eine Investition. (red./APA)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.06.2016)

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