Stadt wird "Alt-Wien"-Kindergärten nicht übernehmen

Türschild eines Alt-Wien-Kindergartens
Türschild eines Alt-Wien-Kindergartens(c) APA/HELMUT FOHRINGER
  • Drucken

Stadträtin Frauenberger hofft auf eine Einigung mit den "Alt Wien"-Kindergärten, man habe ein gutes Angebot gemacht. Alle Immobilien, in denen die Kindergärten untergebracht sind, seien im Besitz des Vereinschefs.

Die Stadt wird die 33 von der Schließung bedrohten Standorte der "Alt-Wien"-Kindergärten nicht übernehmen. Das sagte Bildungsstadträtin Sandra Frauenberger (SPÖ) am Mittwoch im Ö1-Mittagsjournal. Sie habe die Sache prüfen lassen, eine Übernahme sei allerdings nicht möglich, da sich beinahe alle Immobilien im Besitz von Vereinschef Richard Wenzel befänden, argumentierte sie.

Die Ressortchefin zeigte Verständnis für die besorgten Eltern, bekräftigte aber, dass 6,6 Millionen Euro an Fördermitteln zweckwidrig verwendet worden seien: "Das können wir nicht durchgehen lassen." Der bereits ausverhandelte und von Wenzel dann doch zurückgewiesene Vergleich liege nach wie vor am Tisch. "Ich appelliere an Herrn Wenzel, auf dieses gute Angebot einzugehen", hoffte Frauenberger doch noch auf eine Lösung.

Verkauf einer Immobilie

Diesem Angebot zufolge solle der Kindergartenbetreiber eine seiner Immobilien veräußern, was laut der Stadträtin 4,5 Millionen Euro einbringen müsste. Der Rest des offenen Betrages werde gestundet. Sollte die Einigung nicht zustande kommen, werden die betroffenen Kindergärten, die knapp 2.300 Kindern einen Betreuungsplatz bieten, aller Voraussicht nach am Freitag ihren letzten Öffnungstag haben. Man sei aber auch in diesem Fall bemüht, Plätze für die Betroffenen zu finden, sagt Frauenberger.

Die Stadt wird im Zusammenhang mit Causa die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft einschalten. Das sagte Daniela Cochlar, Leiterin der MA 10 (Kindergärten), am Mittwoch der Austria Presseagentur. Cochlar will zum Inhalt der Anzeige nichts sagen. Dem Vernehmen nach werden dem Vereinschef Richard Wenzel im Sinne der Paragrafen 146 und 153b nach Strafgesetzbuch Betrug und Förderungsmissbrauch zur Last gelegt. Insgesamt 33 Standorte mit knapp 2.300 Kindern stehen vor dem Aus. Sollte es nicht in letzter Minute zu einer Lösung kommen, würden die Kindergärten ab nächsten Montag geschlossen bleiben, hatte Wenzel angekündigt.

Betreiber kann 6,6 Mio. Euro nicht zurückzahlen

Bekanntlich beschuldigt die MA 10 Wenzel, in den vergangenen Jahren Fördermittel für Kindergartenplätze nicht zweckgerecht investiert zu haben. Die MA 10 hat im Wesentlichen drei Bedingungen gestellt, damit wieder Fördergelder fließen. Neben der Rückerstattung von rund 6,6 Mio. Euro will das Rathaus einen neuen Vereinsvorstand und die noch ausständige Jahresabrechnung für 2015. Der Vereinsobmann hatte erst am gestrigen Dienstag erneut klar gemacht, dass er das Geld nicht habe. Der Vorstand sei aber inzwischen ausgetauscht.

Dem Förderstopp der Stadt waren mehrmonatige Verhandlungen vorausgegangen, ein fertiger Kompromiss, der u.a. die Besicherung einer Immobilie Wenzels und eine Ratenrückzahlung vorgesehen hätte, lag laut MA 10 unterschriftsreif auf dem Tisch, wurde vom Verein allerdings dann doch abgelehnt. Cochlar versicherte heute, dass man für diese Einigung nach wie vor offen sei.

Eltern demonstrieren

Betroffene Eltern wollen sich nun zum Protest gegen das drohende Aus der "Alt-Wien"-Kindergärten formieren: Via Facebook rufen sie zu einer Versammlung am Donnerstagnachmittag auf. Um 16.00 Uhr wollen sich die Teilnehmer am Friedrich-Schmidt-Platz vor dem Rathaus treffen.

Nach Briefen an Politik und Medien sowie einer Unterschriftenliste, gehen die Eltern nun auf die Straße. Mobilisiert wird vor allem via Mail und Facebook, wo sich die Betroffenen in diversen Gruppen austauschen und ihrem Ärger bzw. auch ihrer Verzweiflung Luft machen. Außerdem posten dort immer auch wieder Betreuungseinrichtungen, dass sie noch freie Plätze zur Verfügung hätten.

Erwirtschaftete Mittel "zur freien Verfügung"?

Zum Verständnis: In der "Alt-Wien"-Causa geht es vorrangig um Fördermittel für den laufenden Betrieb - also nicht um Anstoßfinanzierungen, die sich Einrichtungen für die Schaffung neuer Plätze abholen können. Diese Beträge werden pro betreutem Kind abgerechnet. Zusätzlich gibt es - je nach Gruppengröße - einen Verwaltungszuschuss. Das städtische Geld muss von den Trägerorganisationen gewissermaßen zweckgebunden eingesetzt werden. "Darunter fallen Kosten für das Personal, Spielmaterialien oder andere kindergartentypische Ausgaben", erklärte Cochlar.

Sollte gemeinnützigen Betreibern - als solcher wird Wenzels Verein "Alt-Wien - MUKU - Arbeitsgemeinschaft für multikulturelle Kindergartenpädagogik" geführt - Geld übrig bleiben, gebe es zwei Möglichkeiten der Vorgangsweise. Entweder wird der Überschuss an die Stadt zurückgezahlt oder das noch vorhandene Geld innerhalb von zwei Jahren reinvestiert - und zwar im Sinne von elementaren Bildungs- und Betreuungsplätzen, so Cochlar. Dabei gehe es etwa um die Qualitätsverbesserung: "Man kann beispielsweise Sessel austauschen, neue Spielsachen kaufen, mehr Personal zwecks besseren Betreuungsschlüssels einstellen oder das Platzangebot erweitern - am selben oder an einem neuen Standort", führte die MA 10-Chefin aus.

"Bei Herrn Wenzel scheint der Eindruck entstanden zu sein, dass man die erwirtschafteten Mittel zur freien Verfügung hat", verwies Cochlar auf den Umstand, dass der Vereinschef das Geld angeblich in eine Ballettschule, ein Ferienheim in einem anderen Bundesland oder in den Bau eines Hauses, in dem neben einem Kindergarten auch Wohnungen untergebracht sind, gesteckt hat.

Unterstützung und Hotline für Eltern

Cochlar bemühte sich einmal mehr um Beruhigung der Eltern. Es gebe breite Unterstützung von großen Anbietern, um im Falle einer Schließung der "Alt-Wien"-Standorte Kinder aufzunehmen. Für betroffene Eltern, Obsorgeberechtigte und Kindergartenmitarbeiter steht weiterhin die Informations-Hotline (01/277-55-55) zur Verfügung.

Was das "Alt-Wien"-Personal anbelangt, lädt die Gewerkschaft der Privatangestellten (GPA-djp) am Donnerstag ab 18.30 Uhr zu einer Infoveranstaltung. "Wir werden die Mitarbeiter informieren, wie es im Fall der Fälle weitergeht und welche rechtlichen Möglichkeiten es gibt", sagte Erika Schmidt von der GPA-djp. Vertreter der Arbeiterkammer und des Wiener Arbeiternehmerförderungsfonds (waff) sind ebenfalls eingeladen.

>> Das Interview mit Stadträtin Frauenberger auf Ö1

(APA)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.