Ärzte beschließen Kampfmaßnahmen

Geplante Operationen könnten durch Streiks verschoben werden.
Geplante Operationen könnten durch Streiks verschoben werden.(c) APA/HELMUT FOHRINGER
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Am Mittwoch segnete die Ärztekammer Streiks ab – so könnten etwa geplante Operationen verschoben werden, Notfälle sollen behandelt werden. Die Politik bewegt sich nicht.

Wien. Dass die Wiener Ärzte nun wirklich in Streit treten, wird immer konkreter. Am Mittwoch tagte die Kurie der Ärztekammer dazu und beschloss nun auch formal, dass es Maßnahmen bis hin zum Streik geben werde. Diese könnten etwa Warnstreiks, periphere Streiks bis hin zu kompletten Streiks sein – ein Fahrplan wird nun erarbeitet.

Zuletzt hatten sich in einer Umfrage unter 3500 Ärzten der elf Wiener Gemeindespitäler 92,78 Prozent der Befragten dafür ausgesprochen, in den Streik zu treten. Hintergrund ist das neue Ärztearbeitszeitgesetz, das nun umgesetzt werden soll. Die Mediziner stoßen sich daran, dass ab September wieder Nachtdienste „ersatzlos“ und „ohne die vereinbarte Zustimmung des Personals“ gestrichen werden. Auch dass die bisherigen 25-Stunden-Dienste in 12,5-Stunden-Dienste umgewandelt werden, wird kritisiert.

Politik bleibt standhaft

„Wir raten mit Nachdruck Stadträtin Sonja Wehsely und KAV-Generaldirektor Udo Janßen, ihre derzeitige Strategie der Ignoranz gegenüber der Anliegen der Ärzteschaft und der Patienten zu überdenken. Wir werden, wenn nötig, alle Eskalationsstufen des demokratischen Protests nutzen“, sagte Ärztekammerpräsident Thomas Szekeres am Mittwoch.

Zuletzt hatten sich die Fronten wieder verhärtet. Sozialstadträtin Sonja Wehsely kritisierte in einem „Kurier“-Interview erneut, dass sich die Ärzte nicht an die Vereinbarungen hielten und das neue Arbeitszeitgesetz umzusetzen sei. Die Empörung der Ärzte schrieb sie vor allem der Ärztekammer zu. „Sie macht sehr schlechte Stimmung unter den Ärzten. Sie will den politischen Krawall und den Eindruck vermitteln, dass von dem Pakt nur ein Teil umgesetzt werden muss – nämlich die Gehaltserhöhung.“ Sie könne das nur als Wahlkampfgetöse abtun, denn sachliche Argumente seien nicht zu finden.

Wehsely will also nicht von ihrer Position weichen – Schützenhilfe bekam sie am Mittwoch auch von Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ). Er forderte die Vertreter der Ärztekammer auf, sich an die mit der Stadt erzielte Vereinbarung zur Umsetzung des neuen Arbeitszeitgesetzes zu halten. Es gebe „eine völlig klare Abmachung“. „Wenn aufseiten einzelner Vertreter der Ärztekammer vergessen wurde, was hier abgemacht wurde, dann ist das tatsächlich nicht mein Problem“, sagte Häupl. Man solle endlich aufhören, die Menschen zu verunsichern.

Junge Ärzte wollen ins Ausland

Auch der KAV warnte erneut, dass die Maßnahmen auf Kosten der Patienten gehen würden. „Ein Ärztestreik wäre unverantwortlich“, wird Josef Karner, Leiter der Chirurgischen Abteilung am Sozialmedizinischen Zentrum Süd, in einer Aussendung zitiert.

Tatsächlich werden vor allem die Patienten die Streiks zu spüren bekommen – so könnten etwa geplante Operationstermine verschoben werden. Notfälle würden aber natürlich auch im Streikfall behandelt, versicherte Szekeres zuletzt.

Die seit Monaten anhaltenden Diskussionen um die Ärzte und deren geäußerter Unmut sind offenbar nicht gerade motivierend für junge Absolventen, in Österreich auch als Arzt zu arbeiten. Rund ein Drittel der Absolventen eines Medizinstudiums will im Ausland arbeiten. Das zeigt eine Umfrage im Auftrag des Wissenschaftsministeriums, mit der Österreich die EU von der Notwendigkeit der Quotenregelung für das Medizinstudium überzeugen will. Um mehr Ärzte im Land zu behalten, will man künftig Studienplätze vermehrt an österreichische Maturanten vergeben. (ath)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.08.2016)

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