Ungültige Wahlkarten ausgeschickt

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In der Leopoldstadt wurden bis zu 1500 schadhafte Briefwahlkuverts versendet – ein Fall wurde auch für die Bundespräsidenschaftswahl bekannt. Droht die nächste Wiederholung?

Wien. Die Pannen bei Österreichs Wahlen scheinen kein Ende zu nehmen. Nachdem nun sowohl die Bundespräsidentschaftswahl wie auch die Bezirksvertretungswahlen der Leopoldstadt wegen Unregelmäßigkeiten wiederholt werden müssen, gibt es nun schon im Vorfeld wieder Probleme, die im schlimmsten Fall zur Wiederholung der Wahlwiederholung führen könnten.

Auch dieses Mal hakt es an der Briefwahl: Für die Wiederholung der Bezirksvertretungswahlen in der Leopoldstadt am 18. September wurden vergangenen Montag 1500 Wahlkarten verschickt. Für die Bundespräsidentschaftswahl am 2. Oktober wurden insgesamt 1,5 Millionen Karten gedruckt. Die ersten wurden am Mittwoch versendet – hauptsächlich ins Ausland. Wie viele insgesamt schon verschickt wurden kann nicht ermittelt werden, da Wahlkarten bei der Gemeinde einzeln beantragt werden. Zentral wird das nicht erfasst.

Die Kuverts, in denen die Stimmzettel zurückgeschickt werden, weisen nun eklatante Produktionsmängel auf. Wie „Die Presse“ online exklusiv berichtete, löst sich die Klebenaht am rechten Rand – und somit kann der Stimmzettel in der Post herausrutschen oder gar getauscht werden. Die Krux: Auf gar keinen Fall soll man dieses Überkuvert selbst etwa mit einem Klebestreifen wiederverkleben. Die Wahlbehörde darf dann die Stimmen nicht zählen, weil bei einem wiederverklebten Kuvert die Möglichkeit bestünde, dass der Stimmzettel vorher ausgetauscht wurde.

Schadensbegrenzung

Nachdem die Fehlproduktionen der Briefwahlkuverts für die Leopoldstadt bekannt wurden, tauchte auch ein Fall für die Bundespräsidentschaftswahl auf. Wenig verwunderlich: Die Wahlkarten kommen aus derselben Druckerei.
Wie viele Wahlkarten nun wirklich betroffen sind, kann derzeit noch nicht abgeschätzt werden. „Wir verschicken nun eine Information an alle Gemeinden, diese müssen die Wahlkarten noch einmal genau überprüfen“, sagt Alexander Marakovits, Sprecher des Innenministeriums. Wähler sollen ihre Wahlkaren genauestens überprüfen. „Wer eine defekte Wahlkarte findet, kann diese tauschen, sie darf nur noch nicht unterschrieben sein“, sagt Marakovits.

„Wir wissen nicht genau, wie viele es betrifft, bis jetzt haben sich erst einige wenige bei uns gemeldet“, sagt Christine Bachofner, Leiterin der zuständigen MA 62 zur „Presse“. Es hätten sich bisher rund ein Dutzend Personen gemeldet, die diesen Schaden bemerkt haben. Man gehe daher nicht davon aus, dass die ganze Tranche davon betroffen sei, sondern nur einige wenige. Aber auch „Die Presse“ erreichten einige Anrufe von Wählern mit schadhaften Kuverts.

Die Stadt bittet all jene Wähler, die ein nicht intaktes Kuvert erhalten haben, sich an das Magistratische Bezirksamt zu wenden, um dieses zu tauschen. Man würde ein neues Kuvert auch gern nach Hause oder an den Arbeitsplatz bringen, um Wählern Wege abzunehmen. „Wir haben nach dem ersten Anruf sofort Printcom, die zuständige Druckerei, angerufen“, sagt Bachofner. Jene Kuverts, die noch in Vorbereitung waren, wurden kontrolliert und nochmals gefalzt.
Der größte Teil der Wahlkarten für die Bundespräsidentenwahl sollte erst am Montag verschickt werden – auch hier werden die vorbereiteten Briefe aber nun noch einmal kontrolliert.

Wenige Stimmen entscheiden

Problematisch bleibt es dennoch: Denn ob Stadt und Staat es schaffen werden, alle schadhaften Kuverts vor der Wahl wieder einzusammeln und zu tauschen ist zweifelhaft. Wählern, die beispielsweise im Ausland sind, kann kein neues zugeschickt werden. Die Wahlkommission muss nun jedes einzelne abgegebene Kuvert prüfen, ob es nicht wiederverklebt wurde – werden Stimmen aus Versehen doch gezählt, ist das höchstproblematisch, weil eine Wahlmanipulation nicht ausgeschlossen werden kann.

Ein weiteres Problem: Stadt und Staat sind dazu verpflichtet, der Bevölkerung den Wahlgang zu ermöglichen. Sollte es aufgrund einer technischen Panne viele ungültige Stimmen geben – und diese wahlentscheidend sein –, könnte in weiterer Folge eine wahlwerbende Partei wieder die Wahl anfechten. Der Verfassungsgerichtshof wird sich dann ein zweites Mal damit auseinandersetzen müssen, ob die Wahlen noch einmal wiederholt werden müssen.

Bei beiden Wahlen war es das letzte Mal „arschknapp“ – um es in den Worten von Präsidentschaftskandidat Alexander Van der Bellen zu sagen. In der Leopoldstadt lagen die Grünen nur 21 Stimmen auf Platz zwei vor der FPÖ. Auch zwischen Van der Bellen und dem FPÖ-Präsidentschaftskandidaten Norbert Hofer war die Entscheidung knapp. Zwischen den beiden waren rund 31.000 Stimmen Unterschied. Eine Wahl kann aber auch dann angefochten werden, wenn es um Mandatsverschiebungen geht – im Bezirk entscheiden dies oft nur einige wenige Stimmen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.09.2016)

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